APA/APA (AFP)/BARTOSZ SIEDLIK

Druck auf slowakischen Premier wächst

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In der Slowakei wächst der Druck auf Ministerpräsident Igor Matovic, der am gestrigen Sonntagabend überraschend seinen Rücktritt angeboten hat. Vizepremier Richard Sulik von der rechtsliberalen Partei "Freiheit und Solidarität" (SaS) hat am Montag seinen Rücktritt eingereicht und damit die wichtigste Forderung des Premiers erfüllt. Mit seinen weiteren Forderungen brachte Matovic indes auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova gegen sich auf.

"Ich hatte eigentlich keine neuen Bedingungen erwartet", sagte die liberale Politikerin am Montag mit Blick auf den rechtsgerichteten Regierungschef. Dieser hatte nicht nur die Demission von Sulik verlangt, sondern auch einen SaS-Ministerposten für sich reklamiert und angekündigt, dass er weiter der Regierung angehören wolle. Zudem hatte er den Rücktritt von Spitzenvertretern der kleinsten Regierungspartei Za ludi (Für die Menschen) verlangt, die ebenfalls die Demission des Premiers gefordert hatte.

Sulik wertete die Bedingungen des Premiers als Ausdruck von "persönlicher Rache". Der Vizepremier hatte die seit Monaten schwelende Regierungskrise zum Eskalieren gebracht, als er in der Vorwoche ultimativ den Rücktritt des Premiers verlangte. Diesem wird die eigenmächtige Bestellung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V vorgeworfen. Sulik verknüpfte seine Forderung mit dem Angebot, selbst zurückzutreten. Nach der Ankündigung von Matovic sagte Sulik am Sonntagabend, sein Angebot stehe weiter. Es sei aber "logischerweise gegenstandslos", wenn Matovic selbst in der Regierung bleiben wolle.

Mit seinem Rücktritt erfülle er die Forderung von Matovic "zur Gänze", sagte Sulik am Montag. "Ich erwarte, dass er dasselbe tut und jetzt als Premier zurücktritt. Das stößt die Tür auf zu einer Regierungsumbildung, die wir so dringend brauchen", betonte der SaS-Chef. "Matovic ist nicht fähig, eine Regierung zuführen", bekräftigte er.

Die liberale "Za ludi" zeigte sich indes ebenfalls ablehnend zu den Rücktrittsbedingungen von Matovic. Man stehe zum Vizepräsidenten des Parlaments, Juraj Seliga, und Justizministerin Maria Kolikova. Deren Rücktritte hatte Matovic am Sonntagabend ebenfalls verlangt. Kolikova hatte sich in der Vorwoche aus der Deckung gewagt, indem sie sagte, dass sie einer von Matovic geführten Regierung nicht mehr angehören wolle. Hinter dem Premier stand bisher die rechtspopulistische Partei Sme rodina (Wir sind Familie) von Parlamentspräsident Boris Kollar.

Die Vier-Parteien-Koalition regiert erst seit gut einem Jahr, nachdem die der Europäischen Volkspartei (EVP) angehörende Protestpartei Olano (Gewöhnliche Menschen und einfache Bürger) einen Überraschungssieg bei der Parlamentswahl erzielt hatte. Nach einem Jahr chaotischer Regierungsführung ist die Partei von Matovic in den Umfragen zurückgefallen, bei Neuwahlen würde demnach die neu gegründete Linkspartei Hlas (Stimme) von Ex-Premier Peter Pellegrini einen klaren Sieg davontragen. Beobachter sehen die Umfragewerte als Grund, warum die Koalitionsparteien den Gang in Neuwahlen scheuen. Wenig überraschend drängte Ex-Premier Pellegrini am Montag auf Neuwahlen. Er rief Matovic auf, im Parlament ein Gesetz zur vorzeitigen Beendigung der Legislaturperiode einzubringen.

ribbon Zusammenfassung
  • In der Slowakei wächst der Druck auf Ministerpräsident Igor Matovic, der am gestrigen Sonntagabend überraschend seinen Rücktritt angeboten hat.
  • Vizepremier Richard Sulik von der rechtsliberalen Partei "Freiheit und Solidarität" (SaS) hat am Montag seinen Rücktritt eingereicht und damit die wichtigste Forderung des Premiers erfüllt.
  • Mit seinen weiteren Forderungen brachte Matovic indes auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova gegen sich auf.

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