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Doskozil kritisiert Stocker in EMRK-Diskussion

05. Juni 2025 · Lesedauer 3 min

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat in der Diskussion über die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) scharfe Kritik an Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) geübt, da dieser die Spruchpraxis des EGMR hinterfragen wolle. Grundsätzlich könne man über alles diskutieren, so Doskozil am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz. Die EMRK enthalte aber ganz wesentliche Grundpfeiler.

Der Landeshauptmann hatte bereits am gestrigen Mittwoch zur EMRK gemeint, es seien alle Initiativen zu begrüßen, "die ernsthaft gemeint sind und zu konkreten Lösungen führen". Zu Stocker aber, der Änderungen in der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Migrationsbereich gefordert hatte, erklärte Doskozil am Donnerstag: "Was soll das, was ist das für eine Aussage?" Er zog einen Vergleich mit dem Verfassungsgerichtshof (VfGH): "Das ist, wie wenn ich sage, ich bin nicht einverstanden mit den Richtern am VfGH, wie sie die Verfassung auslegen. (...) So einen Blödsinn habe ich überhaupt noch nicht gehört."

"Ich kann mir doch nicht als Politiker aussuchen, wie unabhängige Richter Gesetze auslegen", zeigte er sich empört. Sich seitens der Politik zu wünschen, wie Richter das Urteil auszusprechen haben, dies sei nicht angebracht: "Das ist ja in Wirklichkeit noch ärger wie in Ungarn derzeit, wenn man von Rechtsstaatlichkeit spricht. Das ist ja ein vollkommenes Durchbrechen der Gewaltentrennung." Er zeigte sich verärgert, dass darauf niemand reagiere.

In der EMRK gehe es etwa um die persönliche Freiheit, die Pressefreiheit oder die Meinungsfreiheit. Man könne über eine Weiterentwicklung immer sprechen und Grundrechte sowie eine Verfassung hinterfragen, hierbei handle es sich aber um sehr sensible Themen, betonte Doskozil.

ÖVP bei Abschiebungen in der Pflicht

Bei den Abschiebungen nahm er die ÖVP in die Pflicht, die hierfür die vergangenen 20 Jahre zuständig war. Die Abschiebequote befinde sich im "einstelligen Bereich": "Die ÖVP schafft es nicht einmal, den Status Quo zu erledigen. Das ist ja beschämend." Doskozil kritisierte, dass die Volkspartei mit der aktuellen Diskussion lediglich von anderen Problemen ablenke.

Das Defizitverfahren der EU wiederum überrascht den Landeshauptmann nicht, zumal das zuvor ÖVP-geführte Finanzministerium nicht gewusst habe, wie hoch das Defizit überhaupt sei: "Das ist ein Ausfluss dessen, dass man das Budget nicht gescheit begleitet hat." Die letzte Bundesregierung habe nach dem Motto "Koste es, was es wolle" gelebt.

Die neue Bundesregierung mit dem roten Vizekanzler Andreas Babler wollte Doskozil nicht weiter beurteilen, verwies aber einmal mehr auf dringende Themen wie die Gesundheitsversorgung und die Pflege: "In Wirklichkeit ist bis dato nicht viel gekommen." Bei der Landeshauptleutekonferenz am morgigen Freitag werde mit den Spitzen der Bundesregierung über Kompetenzfragen diskutiert, aber: "Weder der Bund noch die Länder werden Kompetenzen hergeben. Bis zu einem gewissen Grad sind das Scheingefechte, die hier geführt werden."

Zusammenfassung
  • Doskozil wirft der ÖVP vor, bei Abschiebungen seit 20 Jahren zu versagen, da die Abschiebequote im 'einstelligen Bereich' liege, und sieht in der aktuellen Diskussion einen Versuch, von anderen Problemen abzulenken.
  • Das EU-Defizitverfahren ist für Doskozil eine Folge des schlechten Budgetmanagements im zuvor ÖVP-geführten Finanzministerium, während er bei der neuen Bundesregierung bislang kaum Fortschritte bei zentralen Themen wie Gesundheit und Pflege sieht.