APA/HELMUT FOHRINGER

"Digital Services Act" in der EU: Strengere Regeln für Google und Amazon

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Die EU-Institutionen haben sich auf strengere Regeln für Internetkonzerne wie Google und Amazon geeinigt. Wie EU-Kommission und Parlament mitteilten, verständigten sich ihre Unterhändler in der Nacht zum Samstag mit den Mitgliedstaaten auf den sogenannten Digital Services Act (DSA).

Mit dem Gesetz über digitale Dienste müssen Onlineplattformen künftig verstärkt gegen Hass- und Falschnachrichten und andere illegale Inhalte vorgehen.

Von der Leyen: Historische Einigung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach nach 16-stündiger Verhandlungsrunde von einer historischen Einigung. "Unsere neuen Regeln werden die Online-Nutzer schützen, die freie Meinungsäußerung gewährleisten und den Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen." Dies sei ein starkes Signal für die Menschen, Unternehmen und Länder weltweit.

Plattformen sollen unter anderem dazu verpflichtet werden, die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungsalgorithmen offenzulegen. Diese entscheiden auf vielen Plattformen darüber, welche Nachrichten, Videos oder Produkte den Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden. An den meist geheimen Empfehlungsalgorithmen gibt es immer wieder Kritik.

Stärkere Kontrolle bei personalisierter Werbung

Darüber hinaus soll es mit dem DSA Einschränkungen für personalisierte Werbung geben, etwa bei Minderjährigen und bei besonders sensiblen Daten wie politischen Einstellungen.

EU-Kartellamtschefin Margrethe Vestager freute sich über die Einigung. "Damit wird sichergestellt, dass das, was offline illegal ist, auch online als illegal angesehen und behandelt wird - nicht als Slogan, sondern als Realität", schrieb sie auf Twitter. Der DSA ist die zweite Säule der Strategie der EU-Kartellamtschefin, die Macht amerikanischer Technologie-Riesen einzuschränken.

Höhere Strafen, Verbote möglich

Nach dem Gesetz müssen die Technologie-Unternehmen nun die Inhalte auf ihren Plattformen strikter überwachen und eine Gebühr an die Regulierungsbehörden zahlen. Bei Verstößen gegen die Vorschriften können die Unternehmen mit Geldstrafen von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Umsatzes bestraft werden. Bei wiederholten Verstößen kann ihnen die Geschäftstätigkeit in der EU untersagt werden.

Unter anderem soll der DSA sicherstellen, dass illegale Inhalte wie Hassrede schneller aus dem Netz entfernt, schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt und auf Online-Marktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden. Grundlegendes Prinzip ist: Was offline illegal ist, soll es auch online sein. Anbieter digitaler Dienste sollen von Rechtssicherheit und einheitlichen Regeln in der EU profitieren. Große Plattformen mit mindestens 45 Millionen Nutzern müssen deutlich mehr Regeln befolgen als kleinere.

Die Einigung vom Samstag muss noch einmal vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Dies gilt als Formsache. Der DSA könnte dann kommendes Jahr in Kraft treten.

Freude bei ÖVP

ÖVP-Europaabgeordnete Barbara Thaler freute sich in der Nacht zum Samstag über den "Frühjahrsputz im Internet". "Der Handel im Internet wird fairer und sauberer", sagte die Binnenmarktsprecherin in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Das neue Gesetz nütze Firmen wie Kunden. "Illegale Inhalte sollen keinen Platz mehr haben." Der DSA sei ein Meilenstein für den digitalen Binnenmarkt in Europa.

Kritik: Deal "enttäuschend"

Der deutsche Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer zeigte sich von dem Ergebnis jedoch enttäuscht. "Die Bezeichnung "Digitales Grundgesetz" verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht, denn der enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz", sagte Breyer. Martin Schirdewan von den deutschen Linken betonte hingegen: "Durch weitreichende Transparenzverpflichtungen öffnet der DSA die Blackbox der Algorithmen der Online-Plattformen." Die Deutsche Alexandra Geese von den Grünen sagte: "Europa geht damit auch in die Offensive gegen die Übermacht der Big Tech Unternehmen."

Der DSA ist Teil eines großen Digital-Pakets, das die EU-Kommission im Dezember 2020 vorgeschlagen hat. Der zweite Teil ist das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA), bei dem es bereits Ende März eine Einigung gab. Der DMA soll vor allem die Marktmacht von Tech-Giganten wie Google und Facebook mit strengeren Regeln beschränken.

Mit dem Hass-im-Netz-Gesetz wurde Ende 2020 in Österreich ein Regelung beschlossen, das Hasskriminalität im Netz bekämpft. Österreich nehme Google, Facebook und Co. mit dem Paket bereits in die Pflicht, sagte Justizministerin Alma Zadić dazu während der Verhandlungen auf EU-Ebene im Februar.

ribbon Zusammenfassung
  • Die EU-Institutionen haben sich auf strengere Regeln für Internetkonzerne wie Google und Amazon geeinigt.
  • Mit dem Gesetz über digitale Dienste müssen Onlineplattformen künftig verstärkt gegen Hass- und Falschnachrichten und andere illegale Inhalte vorgehen.
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach nach 16-stündiger Verhandlungsrunde von einer historischen Einigung.
  • Plattformen sollen unter anderem dazu verpflichtet werden, die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungsalgorithmen offenzulegen.
  • Darüber hinaus soll es mit dem DSA Einschränkungen für personalisierte Werbung geben, etwa bei Minderjährigen und bei besonders sensiblen Daten wie politischen Einstellungen.
  • Bei Verstößen gegen die Vorschriften können die Unternehmen mit Geldstrafen von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Umsatzes bestraft werden. Bei wiederholten Verstößen kann ihnen die Geschäftstätigkeit in der EU untersagt werden.

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