FPÖ-Mitglieder mit FackelnScreenshot / Youtube / FPÖ TV

"Deutliche Eskalation": FPÖ-Jugend markiert Journalisten als Feinde

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Die Freiheitliche Jugend durfte auf dem YouTube-Kanal der Bundespartei ein Video veröffentlichen, das in Rhetorik und Bildsprache an die rechtsextremen Identitären erinnert. Journalisten wie Armin Wolf und Florian Klenk werden als Feindbilder angeprangert. Eine "bedenkliche Situation", sagt Expertin Ingrid Brodnig.

Vermeintliche "Linke" würden die Themen vorgeben, beklagt eine Männerstimme im Off. Gleichzeitig werden Schwarz-Weiß-Fotos von den Journalisten Armin Wolf und Florian Klenk eingeblendet, auch Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl und Rechtsextremismusfroscher Andreas Peham (DÖW) werden gezeigt und als Feindbilder angeprangert.

Man müsse ab jetzt selbst "aktiv werden", die Themen setzen und den Diskurs bestimmen, heißt es im Video der Freiheitlichen Jugend. Veröffentlicht wurde es auf dem YouTube-Kanal "FPÖ TV" der FPÖ-Bundespartei, auch auf deren Website ist der Clip zu finden. 

In dem Video inszeniert sich die rechte Parteijugend als Gegenpol zur einer vermeintlichen linken Elite. Man posiert martialisch vor der Wiener Hofburg, zeigt sich bei rechten Aufmärschen und Fackelzügen, beim Wandern und im Gespräch mit FPÖ-Chef Herbert Kickl sowie FPÖ-NÖ-Chef Udo Landbauer.

Die Freiheitlichen zeichnen ein düsteres Untergangsszenario, gegen das nur sie sich auflehnen würden und bezeichnen sich - wohl in Anlehnung an die Klimaaktivist:innen der "Letzten Generation" - als "letzte Chance". Die Klimakrise wird natürlich nicht erwähnt.

Sprache der Rechtsextremen

Die Parteijugend setzt auf andere Themen und verwendet Angst-Begriffe, die für die Neue Rechte - dazu zählen auch die rechtsextremen Identitären - typisch sind. So ist etwa die Rede von einer angeblichen "Massenmigration", von einem etwaigen "Bevölkerungsaustausch", vom "Gender-Wahn" und vom "Regenbogenterror". Die FPÖ-Jugend fürchtet einen angeblichen "Kulturverlust", vermeintliche "Sprachverbote" und Kriminalität.

Sprache erinnert an die rechtsextreme Identitäre Bewegung

Unterlegt werden die Warnungen unter anderem mit Bildern von Messern, von Flüchtenden und von brennenden Autos - wo genau, ist nicht zu erkennen. Auch der Brand der Pariser Kathedrale Notre Dame ist zu sehen. Was der damit zu tun hat, wird nicht erklärt.

Als Gegenbild dienen Aufnahmen von Menschen in Tracht, von Kirchen und Kreuzrittern, als Vorbilder werden Idole der Neuen Rechten gezeigt - darunter auch Antisemiten und Personen mit Nähe zum Nationalsozialismus. Selbst ein Buch des früheren portugiesischen Diktators António de Oliveira Salazar kommt vor.

"Neue Intensität"

Dass personelle und inhaltliche Überschneidungen zwischen der FPÖ-Jugend und den Identitären bestehen, ist längst bekannt. Gemeinsame Auftritte bei Demos sind keine Seltenheit mehr. Auch rhetorisch bediente man sich immer wieder der gleichen Muster.

Doch nun sei mit dem Video eine "neue Intensität" erreicht worden, sagt Journalistin und Publizistin Ingrid Brodnig, die sich mit Verschwörungsmythen und digitaler Debattenkultur auseinandersetzt, im Gespräch mit PULS 24. 

Die FPÖ-Jugend setzte in dem Video auf eine "dichte Abfolge" von Begrifflichkeiten der Neuen Rechten, wie sie auch die Identitären verwenden, sagt Brodnig. Man setze dabei auf altbekannte Muster der Neuen Rechten - spricht etwa nicht von 'Rasse", sondern von 'Kultur' oder 'Identität'.

Man bediene sich auch der gleichen Verschwörungsmythen. Die Identitären etwa verbreiteten schon seit geraumer Zeit die Erzählungen von einem angeblichen "Bevölkerungsaustausch" und von einer angeblichen linken Elite, die Menschen umpolen würde, um sie gegen ihre eigenen Interesse zu richten. Diese Narrative finden sich nun auch im Video der FPÖ-Jugend wieder. Laut Brodnig bestehe die Gefahr, dass die Begrifflichkeiten der Rechtextremen so normalisiert werden. 

Vor allem die bildliche Darstellung von Journalisten wie Armin Wolf und Florian Klenk sowie der Expert:innen Natascha Strobl und Andreas Peham bezeichnet Brodnig als "bedenkliche Situation für den gesamten Journalismus". Kritischer Journalismus werde als Feindbild inszeniert. Insgesamt sei das Video als "gezielte Provokation" und "deutliche Eskalation" zu werten, so die Journalistin. Es gehe Extremisten und Populisten häufig um das Spielen mit Codes - aber auch um Aufmerksamkeit. 

Heftige Kritik

In den sozialen Medien stieß das Video auf heftige Kritik. Natascha Strobl etwa verweist auf den Umstand, dass die umfragenstärkste Partei "eine Handvoll Wissenschaftler_innen und Journalist_innen als Feinde benennt". 

Auch Armin Wolf merkt an, dass das Video "nicht mehr vom Propagandamaterial der Identitären oder irgendeiner anderen rechtsextremen Randgruppe unterscheidbar ist, weder inhaltlich noch in der Aufmachung". 

Florian Klenk spricht von einem Video "im Neonazistil". 

Die Grünen kritisieren in einer Aussendung, dass die FPÖ Jugend mit Steuergeld "Hass und Hetze" produzieren würde und fordern von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sich von ihrem Stellvertreter Udo Landbauer zu distanzieren. "Ich fordere Mikl-Leitner daher auf, ihrem Koalitionspartner Grenzen zu setzen und klarzumachen, dass etwa ein Video wie dieses alle Linien des demokratischen Konsenses überschreitet", so die Jugendsprecherin der Grünen, Barbara Neßler.

Auch der Wiener SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorszky kritisiert auf Twitter abermals die ÖVP für ihre Koalitionen mit der FPÖ und betont: "Jede Koalition mit den Freiheitlichen macht diesen Stil salonfähiger". 

ribbon Zusammenfassung
  • Die Freiheitliche Jugend durfte auf dem YouTube-Kanal der Bundespartei ein Video veröffentlichen, das in Rhetorik und Bildsprache an die rechtsextremen Identitären erinnert.
  • Journalisten wie Armin Wolf und Florian Klenk werden als Feindbilder angeprangert. Eine "bedenkliche Situation", sagt Expertin Ingrid Brodnig.