Designierter Wiener Erzbischof ruft zu neuem Miteinander auf
Jeder könne etwas zu diesem neuen Miteinander beitragen: "Es kommt auf uns alle an" - sei es in der Familie, am Arbeitsplatz, im Verein oder im Ehrenamt. "Das neue Jahr soll ein Jahr des Miteinanders werden", sagte Grünwidl laut Kathpress in seiner Silvesteransprache.
Angesichts jüngster Umfragen, denen zufolge nur jeder Fünfte in Österreich glaube, dass 2026 ein gutes Jahr werde, seien Botschaften der Hoffnung wichtig. Der Advent und Weihnachten, mit denen das Kirchenjahr beginnt, seien solche Botschaften der Hoffnung, die dem Leben ein "positives Vorzeichen" geben könnten. "Ich wünsche uns allen, dass es gelingt, das neue Jahr als ein Jahr der Güte, der Menschenfreundlichkeit und der Hoffnung zu gestalten", so Grünwidl.
Zuversicht schenke ihm auch der Blick in die Geschichte. So traurig etwa der Brand des Stephansdomes vor 80 Jahren gewesen sei, so sehr zeuge der "gemeinsame Kraftakt" aller Österreicherinnen und Österreicher zum Wiederaufbau davon, was alles möglich ist, wenn man gemeinsam anpacke. "Für mich ist der wiederaufgebaute Stephansdom ein Stein gewordenes Hoffnungszeichen für das Miteinander und auch für den Glauben der Menschen in Österreich." Dieser wiederaufgebaute Dom zeige, "was möglich ist, wenn viele sich von einer gemeinsamen Vision leiten lassen und dazu auch einen Beitrag leisten wollen."
Grünwidl ist überzeugt, dass 2026 allen Unkenrufen zum Trotz ein gutes Jahr werde, "wenn wir nicht als Unheilspropheten und Schwarzseher unterwegs sind, sondern als Menschen Menschenfreundlichkeit, Güte und Hoffnung ausstrahlen; wenn wir nicht Beobachter oder Zuschauer bleiben, sondern Beteiligte werden und uns einbringen - jeder und jede am je eigenen Platz und nach den Möglichkeiten."
Bischöfe rufen zu Hoffnung und Gemeinsinn auf
Generell riefen österreichische Bischöfe in ihren Predigten laut Kathpress zu von christlicher Hoffnung getragener Zuversicht, Gemeinsinn und gesellschaftlichem Engagement auf. Sie gingen aber auch auf die zahlreichen Herausforderungen in Kirche, Politik und Gesellschaft ein.
So forderte Erzbischof Franz Lackner bei der traditionellen Jahresschlussandacht im Salzburger Dom erneut zum Gebet für Frieden in der Ukraine auf. "Der Krieg ist der Vater der Armut. Es muss uns zuinnerst treffen, wenn so nah bei uns Menschen stets mit der Angst zu Bett gehen, dass ihnen Bomben nicht nur den Schlaf rauben, sondern auch das Leben", mahnte er. Zuvor beklagte Lackner in seiner Silvesterpredigt unter anderem die "Fragmentierung der Gesellschaft, in der Gemeinsames immer weniger eine Rolle spielt". Überall zeichne sich ein Hang zum Individualismus ab, bei Vereinen und Gemeinschaften, der Politik, aber auch im religiösen Bereich. So werde der weiterhin vorhandene Bezug zu etwas Transzendentem heute in stark individualisierter Form über Ersatzpraktiken befriedigt.
Glettler: "Nähe macht uns menschlich"
"Worin besteht das Glück und was zählt in einer bedrängten und von toxischer Gereiztheit getränkten Zeit?" Diese Frage beantwortete auch der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler zum Jahresschluss im Innsbrucker Dom unter anderem mit dem Hinweis auf die nötige Empathie und Solidarität unter den Menschen. "Nähe macht uns menschlich", sagte Glettler und rief dazu auf, "mit Überzeugung und Herzblut für ein größeres Wir zu kämpfen".
Die Menschen bräuchten einander, um die Spannung von Besorgnis und Zuversicht im Leben auszuhalten und zu bestehen, so der Bischof, und: "Abgesehen davon bleibt ein entscheidender Schlüssel in jeder anspruchsvollen Lebensphilosophie die Dankbarkeit. Sie lässt uns trotz allem die konstruktiven und liebevollen Momente des Lebens wahrnehmen, die - Gott sei Dank - immer noch viel zahlreicher sind als alle zerstörerischen Gewaltakte zusammen."
Marketz: Hoffnung verwirklicht sich in Taten
Die Diözese Gurk feierte beim Jahresschlussgottesdienst mit Bischof Josef Marketz im Klagenfurter Dom zu Silvester gleichzeitig den Abschluss des Heiligen Jahres 2025. Die von Kriegen, Unsicherheiten, persönlichen Sorgen, Müdigkeit und Polarisierungen geprägten vergangenen zwölf Monate seien für viele Menschen keine leichten gewesen, sagte Marketz in der Predigt. In eine herausfordernde Situation hinein habe Papst Franziskus ein Heiliges Jahr unter dem Motto "Pilger der Hoffnung" ausgerufen.
"Dieses Jahr der Hoffnung wollte uns nicht sagen: 'Alles wird gut', sondern vielmehr: 'Gott ist da, auch wenn nicht alles gut ist'", betonte der Kärntner Bischof. Christlich verstandene Hoffnung sei nämlich "keine Verdrängung der Realität, sondern die Weigerung, die Realität ohne Gott zu betrachten". Hoffnung bleibe auch nicht abstrakt. "Sie will Gestalt annehmen in Taten, Begegnungen, Solidarität", sagte Marketz.
Elbs: Christliche Hoffnung ist nicht blind für das Leid
Hoffnung als die "vielleicht wichtigste Haltung, die wir heute pflegen können", betonte auch der Vorarlberger Bischof Benno Elbs zum Jahreswechsel. In einer Zeit, in der das Vertrauen in die Demokratie bröckle, Radikalisierung und Polarisierung das Feld bestimmten, Opfer von Kriegen als Kriegstreiber diffamiert und auch bisher als stabil und unerschütterlich geltende politische Allianzen und Bündnisse plötzlich brüchig würden, treffe das Heilig-Jahr-Motto "Pilger der Hoffnung" den "Nerv unserer Zeit", sagte Elbs beim Jahresdankgottesdienst im Feldkircher Dom.
Christinnen und Christen seien in einer solchen Situation als "Hoffnungsboten" gefragt, die nach dem Vorbild Jesu "Worte der Hoffnung weitersagen, Orte der Hoffnung schaffen und mit Taten der Hoffnung anderen Menschen Freude und Zukunft schenken". Christliche Hoffnung sei nicht blind für das Leid in der Welt, hob der Feldkircher Diözesanbischof hervor. "Aber sie vertraut darauf, dass jedes gute Wort, jede helfende Geste und jede aufrichtige Begegnung ein Stück Veränderung bewirken kann."
Krautwaschl: "Vieles aus den Fugen geraten"
Im Zusammenleben der Gesellschaft sei in den vergangenen Jahren "vieles aus den Fugen geraten", betonte Bischof Wilhelm Krautwaschl im Grazer Dom. Menschen würden auseinander und in die Vereinzelung getrieben, und "eher Macht verteidigt, statt das Gemeinsame zu suchen bzw. sich am gemeinsamen Ziel zu orientieren", mahnte der Bischof am Silvestertag zu mehr Einsatz für ein gutes Miteinander.
Ausdrücklich rief Krautwaschl, der auch österreichischer "Medienbischof" ist, unter anderem zum Bemühen um eine "entwaffnende Sprache" auf. Bildungseinrichtungen, Medienhäuser und digitale Plattformen seien hierbei "genauso gefordert, wie jede und jeder einzelne von uns", sagte der steirische Bischof. Die wahre Stärke nicht nur der Christen bestehe nicht in "verbaler Dominanz", sondern in einer "Verletzlichkeit des Zuhörens" und dem Mut zum Ansprechen der Wahrheit.
Zusammenfassung
- Grünwidl verwies auf Umfragen, laut denen nur jeder Fünfte in Österreich glaubt, dass 2026 ein gutes Jahr wird, und hob die Bedeutung von Hoffnung und positiver Gestaltungskraft hervor.
- Als Symbol für gemeinsame Kraft und Hoffnung nannte Grünwidl den Wiederaufbau des Stephansdoms nach dem Brand vor 80 Jahren, der durch das Zusammenwirken vieler möglich wurde.
- Österreichische Bischöfe wie Franz Lackner, Hermann Glettler, Josef Marketz, Benno Elbs und Wilhelm Krautwaschl betonten in ihren Predigten die Wichtigkeit von Hoffnung, Gemeinsinn, Solidarität und gesellschaftlichem Engagement.
- Bischof Marketz unterstrich, dass christliche Hoffnung keine Verdrängung der Realität ist, sondern sich in Taten, Begegnungen und Solidarität verwirklichen muss.
