Demonstranten in Serbien attackieren SNS-Zentrale in Belgrad
Die seit November anhaltenden und bisher weitgehend friedlich verlaufenen Anti-Regierungs-Proteste in Serbien waren im Laufe der vergangenen Woche zunehmend gewalttätig geworden. Proteste gab es unter anderem in Belgrad, Novi Sad und Valjevo. Zahlreiche Menschen wurden festgenommen und es gab Verletzte. Nach einem weitgehend ruhigen Sonntagabend gingen am Montag erneut Tausende Menschen auf die Straße.
Es kam mehrfach zu Zusammenstößen zwischen den gegen Korruption und die Regierung protestierenden Demonstranten und Anhängern der Regierung von Vučić. Am Montagabend wurden Steine, Flaschen, Rauchbomben und Blendgranaten auf die Parteizentrale geworfen. Die Bereitschaftspolizei ging im Folge gewaltsam gegen die "Blokaderi" (wie in Serbien die Studenten genannt werden, die Proteste und Straßenblockaden organisieren) vor.
Vučić bekräftigte am Abend seine entschiedene Verurteilung der Gewalt und warf den Protestierenden vor, "keinen Plan, keine Idee, kein Programm" zu haben. "Sie können nichts anderes als zerstören und in Brand stecken", erklärte der Präsident und berief eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates ein.
SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder schrieb hingegen dem serbischen Präsidenten in einer Aussendung "beispiellose Gewalteskalationen aus staatlicher Hand" vor. "Die Angriffe auf Oppositionelle und Demonstrierende sind schockierend und scharf zu verurteilen. Bereits in der Vergangenheit setzte sein Regime auf unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. Doch unter dem Druck der anhaltenden Proteste, treibt Vučić die Eskalationsspirale auf die Spitze."
Serbiens Präsident diffamiere die Demonstrierenden pauschal als Kriminelle und drohe der eigenen Bevölkerung, so der SPÖ-EU-Politiker weiter. "Diese Einschüchterungen aus Angst vor dem eigenen Machtverlust dürfen aber nicht die Worte eines demokratischen Staatsoberhaupts mit Ambitionen auf einen EU-Beitritt sein."
Die Regierung wehre sich mit Gewalt gegen einen von der Bevölkerung gewünschten Machtwechsel. Auch seitens der EU-Kommission müsse die "falsche Zurückhaltung" durchbrochen werden, forderte Schieder: "Insbesondere die Parteifreunde Vučićs, die Europäische Volkspartei, müssen sich endlich den blinden Fleck aus ihrem Blickfeld wischen."
Seit Monaten Proteste
In Serbien gibt es seit Monaten regelmäßig heftige Proteste gegen die Regierung und die im Land herrschende Korruption. Auslöser war der Einsturz des Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November 2024, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Der Hauptbahnhof war erst im Juli 2024 nach dreijährigen Renovierungsarbeiten wieder voll in Betrieb gegangen.
Bei den durch das Unglück ausgelösten Protesten ging es zunächst um die Ursachen des Einsturzes, später richteten sich die vor allem von Studierenden getragenen Kundgebungen gegen die Regierung und die weit verbreitete Korruption im Land.
An der bisher größten Demonstration beteiligten sich Mitte März rund 300.000 Menschen. Zuletzt wurden regierungskritische Demonstranten immer wieder von teils vermummten Regierungsanhängern attackiert.
Zusammenfassung
- Am Montagabend griffen regierungskritische Demonstranten erneut die Zentrale der Fortschrittspartei (SNS) von Präsident Aleksandar Vučić in Belgrad an, woraufhin die Bereitschaftspolizei gewaltsam gegen die Protestierenden vorging.
- Die seit November 2024 andauernden Proteste gegen die Regierung und Korruption wurden zuletzt zunehmend gewalttätig, mit zahlreichen Festnahmen, Verletzten und einer Teilnehmerzahl von bis zu 300.000 Menschen bei der größten Kundgebung im März.