Corona-Rückzahlungen? Rechtlich umstritten, praktisch schwierig

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Die neue schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich will Corona-Strafen, die sich im Nachhinein als verfassungswidrig entpuppt haben, zurückzahlen. Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält das für "rechtlich nicht zulässig", für seinen Kollegen Peter Bußjäger ist die Umsetzung völlig offen.

Die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich will Strafgelder für Übertretungen gegen frühere Corona-Gesetze rückerstatten. Das soll Verwaltungsstrafen für Verstöße gegen jene Bestimmungen betreffen, die später vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben worden sind.

Verfassungsjurist Heinz Mayer meint trotz dieser Einschränkung, dass dies rechtlich nicht zulässig ist. "Wer bestraft wird, kann sich dagegen wehren. Die Person kann bis zum Verfassungsgerichtshof gehen. Wenn sie dort gewinnt, wird die Strafe rückerstattet. Wer sich nicht wehrt, bei dem bleibt die Strafe rechtskräftig", sagt Mayer im Gespräch mit PULS 24. Wenn der VfGH ein Gesetz aufhebt, wirke das "immer nur pro futuro, also für die Zukunft", erklärt Mayer. "Rechtskräftig abgeschlossene Verfahren bleiben abgeschlossen."

Bußjäger: Rückerstattungen vorstellbar

Eine etwas andere Position vertritt der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger. Es bestehe zwar noch einige "Unklarheit, auf welcher Rechtsgrundlage die Rückzahlung von Strafen passieren kann". In der Frage der Rückzahlung von rechtskräftig verhängten Strafen gebe es aber eine Bestimmung im Verwaltungsstrafgesetz, "dass solche Strafen dann zurückbezahlt werden können, wenn sie unter offenkundigem Verstoß gegen das Gesetz verhängt wurden", sagt Bußjäger bei PULS 24.

"Ob diese Bestimmung in dieser konkreten Konstellation in Niederösterreich zur Anwendung gelangen kann, darüber herrscht Unklarheit. Das schaut in der Tat schwierig aus. Der Wortlaut der Bestimmung spricht aber eigentlich sogar dafür", fügt Bußjäger an. Er meint konkret den Paragrafen 52a des Verwaltungsstrafgesetzes.

Skepsis auch in ÖVP

Selbst Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich über die Pläne ihrer Parteifreunde in Niederösterreich, Strafen für Corona-Verstöße bald rückzuerstatten, skeptisch. "Für mich geht sich das weder als Juristin noch als Verfassungsministerin aus", sagte die Ministerin zur "Krone".

In der Praxis schwierig

Das Land Niederösterreich will ja einen mit 30 Millionen Euro dotierten Fonds einrichten, dessen Gelder an "Corona-Opfer" - wohlgemerkt Betroffene von Corona-Schutzmaßnahmen, nicht Virus-Erkrankte - ausgeschüttet werden sollen.

Für den Verfassungsjuristen Bußjäger ist vor allem die praktische Abwicklung, wenn Niederösterreich zur Rückzahlung von Strafen schreitet, offen. "Das wird dann eine besonders spannende Sache", sagt er. "Reicht es praktisch aus, dass jemand mit einem Strafbescheid zu diesem Fonds geht? Wird dann geprüft, auf welcher Rechtsgrundlage die Strafe verhängt worden ist? Wird dann geprüft, ob diese Rechtsgrundlage nachher vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden ist? Oder kann die betreffende Person zur Bezirkshauptmannschaft gehen? Müssen dort die Daten ausgehoben werden? Das sind Fragen, die man klären muss und über die man derzeit nur spekulieren kann."

ribbon Zusammenfassung
  • Die neue schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich will Corona-Strafen, die sich im Nachhinein als verfassungswidrig entpuppt haben, zurückzahlen.
  • Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält das für "rechtlich nicht zulässig", für seinen Kollegen Peter Bußjäger ist die Umsetzung völlig offen.

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