Corona-Impfung: Die bürgermeisterliche "Vordrängler"-Liste wird länger

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Über alle Partei- und Landesgrenzen hinaus werden immer mehr Fälle von geimpften Volksvertretern bekannt. Was sie eint: Sie wären eigentlich alle nicht an der Reihe gewesen.

Acht Bürgermeister, ein ehemaliger Bürgermeister, ein erster Vizebürgermeister, ein zweiter Bürgermeister und eine Stadträtin. Die Liste der Volksvertreter (Stand: 19.01.2020), die es mit der Impfreihenfolge nicht so ernst nehmen, wird ständig erweitert. Im Laufe des Mittwochs berichtete die "Kronen Zeitung" bereits von zwei weiteren Fällen - damit sind es bereits zehn Bürgermeister. Der Bürgermeister von Bad Goisern (SPÖ) und der Bürgermeister von Stubenberg (ÖVP) wurde ebenfalls bereits geimpft. Egal ob Vorarlberg oder Oberösterreich, egal ob ÖVP, SPÖ oder FPÖ, quer durch Österreich und aus etlichen Parteien finden sich Namen.

Die Erklärungen ähneln sich stets. Katharina Wöss-Krall (ÖVP, 44), Bürgermeisterin in Rankweil, rechtfertigt sich in einem Bericht der "Vorarlberger Nachrichten" online und vol.at damit, dass sie eine übrig gebliebene Impfdosis erhalten habe. Ähnlich lautet auch die Geschichte des Feldkircher Stadtchefs Wolfgang Matt, der sich Dienstagabend in der "ZiB 2" neuerlich rechtfertigte. "Ich bin der letzte gewesen, der das Haus betreten hat." Er sei "auf Abruf in einer Ecke gestanden" und habe gewartet, ob Impfstoff übrig bleibt.

Heim-Ärztin Susanne Furlan hatte hingegen eine andere Sicht der Dinge. Nach der Impfung aller Bewohner des Seniorenheims seien noch 14 Dosen vorrätig gewesen, sagte sie im Rundfunk. Es seien noch viele Leute aus Hochrisikogruppen draußen gestanden und hätten geimpft werden wollen. Sie selbst habe Matt die Impfung verweigert.

In Eberschwang ließ sich nicht nur der Bürgermeister (SPÖ), sondern auch sein 1. (SPÖ) und 2. Vize (FPÖ) impfen. Die Erklärung dort: Vorbildwirkung für Menschen, die an der Impfung zweifeln. Was fast alle sagen ist, man habe ständig Kontakt zur Risikogruppe.

Aus dem Sozialministerium heißt es auf PULS 24 Anfrage, dass "übrig gebliebene Impfdosen an Ersatzpersonen verimpft werden sollen – aber klar der Prioritätenreihung entsprechend." Oberste Priorität sei, dass es zu keinem Verfalls von Impfstoffen komme "und im Bedarfsfall unter Einhaltung der Prioritätenreihung Ersatzpersonen geimpft werden".

Verantwortlich für ein geordnetes Vorgehen seien die "Impfbeauftragten der Gesundheitseinrichtung sowie der Impfkoordinator im jeweiligen Bundesland. "Die Impfbeauftragten der einzelnen Gesundheitseinrichtungen haben die Aufgabe, den Impfstoffbedarf entsprechend der Priorisierung im Vorfeld genau zu erheben und anhand dessen die notwendige Impfstoffmenge zu ordern", heißt es aus dem Sozialministerium. "Sollten sich in der Einrichtung keine andere priorisierte Person für eine Impfung finden, dann kann in weiterer Folge auch im näheren Umfeld gesucht werden."

Politik

Empört zeigt sich dazu nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Spitzenpolitik. "Wenn sich jemand vordrängt, ist das moralisch enttäuschend", betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der "Kronen Zeitung". Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) forderte die Länder auf, durchzugreifen. "Ich finde das erstens empörend und vor allem auch nicht hinnehmbar", sagte er. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig fand im PULS 24 Interview deutliche Worte.

Konsequenzen

An einen Rücktritt denkt offenbar bisher keiner der Volksvertreter. Das Land Vorarlberg hat indes Maßnahmen zu einer "fairen Impfstoffverteilung" angekündigt, mit der man solche Aktionen unterbinden wolle. In Oberösterreich forderte Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) eine gründliche Überarbeitung der "Abläufe und Prozesse".

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  • Über alle Partei- und Landesgrenzen hinaus werden immer mehr Fälle von geimpften Volksvertretern bekannt. Was sie eint: Sie wären eigentlich alle nicht an der Reihe gewesen.

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