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Boris Pistorius - Das ist Deutschlands neuer Verteidigungsminister

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Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) landet nach einigem Hin und Her mit seiner Entscheidung für den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) als Nachfolger für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht einen Überraschungscoup.

Für den mit Abstand schwierigsten Job in seinem Kabinett holt sich Olaf Scholz einen Landespolitiker nach Berlin. Der 62-jährige Jurist Pistorius besitze "die Kraft und Ruhe", die für die große Aufgabe nötig sei, die nun auf ihn zukomme, sagte Scholz am Dienstag bei der Begründung seiner Entscheidung.

Niedersachsens bisheriger Innenminister ist 62. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager. Im Kreis der Innenminister von Bund und Ländern hat sich Pistorius in den vergangenen Jahren einen Ruf als kenntnisreicher Fachpolitiker erworben.

Freude am Streit, nie respektlos

Auch wenn er stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und bei Koalitionsverhandlungen beteiligt. Bei den Innenministerkonferenzen machte es dem als pragmatisch geltenden Pistorius immer sichtlich Freude, sich mit Konservativen wie dem früheren Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf offener Bühne zu streiten, schlagfertig, mit spitzen Bemerkungen, aber nie respektlos.

Verteidigungsminister-Posten als Karrierekiller

Innenminister sind wie Verteidigungsminister Sicherheitspolitiker. Deswegen ist das Terrain, auf das sich Pistorius begibt, nicht ganz neu für ihn. Als langjähriger Innenminister eines Landes mit zahlreichen Truppen-Standorten verfügt er auch über gute Kontakte zur Bundeswehr, hat regelmäßig Standorte besucht und an Gelöbnissen teilgenommen. Was ihm fehlt, ist die internationale Erfahrung, die für den neuen Job nicht ganz unwichtig ist. Was ihm aber als Verteidigungsministers helfen könnte, ist sein Alter. Mit 62 Jahren kann ein Politiker schließlich ganz entspannt das Chefbüro im Bendlerblock beziehen, das gemeinhin als Schleudersitz und damit auch als potenzieller Karrierekiller gilt.

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Hoffnungskandidat für Soldaten

Mit Pistorius gibt es wieder einen Oberbefehlshaber der Bundeswehr, der gedient hat. Er leistete 1980 und 1981 seinen Wehrdienst bei der damaligen Heeresflugabwehr in der Steuben-Kaserne in Achim bei Bremen, und gilt als bodenständiger, etwas knorriger, sehr direkter Typ. Einer, der anpackt. Ein bisschen erinnert er an Peter Struck, der bis heute in der Truppe als Prototyp des idealen Verteidigungsministers verehrt wird. Bei seinem ersten Auftritt als künftiger Oberbefehlshaber machte Pistorius am Dienstag klar, dass ihm die Beteiligung der Soldaten an den anstehenden Veränderungen besonders am Herzen liege. Und er gibt ein Versprechen ab: "Die Truppe kann sich darauf verlassen, dass ich mich, wann immer es nötig ist, vor sie stellen werde." Mit solchen Ansagen hat er beste Chancen, bei den Soldaten gut anzukommen.

Nicht erschüttern ließ sich Pistorius durch den Misserfolg 2019 bei seiner Kandidatur für den SPD-Vorsitz, wo er im Tandem mit der sächsischen Sozialministerin Petra Köpping antrat. Das Duo schied schon vor der Stichwahl mit 14,61 Prozent aus. Am Ende machten Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans das Rennen.

Innenminister-Gerüchte

Pistorius sind immer wieder Ambitionen für ein politisches Amt auf Bundesebene nachgesagt worden. Es gab beispielsweise Gerüchte, er könnte deutscher Innenminister werden, falls Nancy Faeser bei der Landtagswahl in Hessen als Spitzenkandidatin für die SPD antreten und bei der Wahl im Herbst dann Erfolg haben sollte.

Pistorius absolvierte eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Nach seinem Wehrdienst studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius ist bereits seit 2013 Innenminister in Niedersachsen, vor wenigen Monaten begann seine dritte Amtszeit. Zuvor war er von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister in Osnabrück. Pistorius ist verwitwet und hat zwei Töchter.

ribbon Zusammenfassung
  • Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) landet nach einigem Hin und Her mit seiner Entscheidung für den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) als Nachfolger für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht einen Überraschungscoup.
  • Mit Pistorius gibt es wieder einen Oberbefehlshaber der Bundeswehr, der gedient hat.
  • Er gilt als bodenständiger, etwas knorriger, sehr direkter Typ. Einer, der anpackt.

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