Premier Albanese bei Gedenken am Bondi Beach ausgebuht
Es werde geprüft, ob Polizei und Geheimdienste über die nötigen Befugnisse, Strukturen und Vereinbarungen zum Informationsaustausch verfügten, "um die Sicherheit der Australier zu gewährleisten". "Die vom IS inspirierte Gräueltat vom vergangenen Sonntag zeigt die sich rasch verändernde Sicherheitslage in unserem Land", sagte der Premier weiter. "Unsere Sicherheitsbehörden müssen in der Lage sein, optimal zu reagieren."
Australien Regierungschef war seitens Vertretern der jüdischen Gemeinde sowie der Opposition vorgeworfen worden, im Zuge eines zunehmenden Antisemitismus im Land nicht genug für den Schutz von Juden getan zu haben. Am Sonntag kündigte er als Reaktion auf den Anschlag an, die Arbeit der Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden überprüfen zu lassen.
Am Freitag hatte Albanese bereits eine Aktion zum Rückkauf von Waffen angekündigt. Australien werde Waffenbesitzer dafür bezahlen, dass sie "überschüssige, verbotene und illegale Schusswaffen" abgeben, sagte der Regierungschef. Der Premier kündigte zudem an, die Gesetze zu verschärfen, die es einem der mutmaßlichen Täter erlaubt hatten, sechs Hochleistungsgewehre zu besitzen. "Es gibt keinen Grund, warum jemand, der in einem Vorort von Sydney lebt, so viele Waffen braucht", betonte der Regierungschef. Schusswaffenangriffe sind in Australien relativ selten. Automatische und halbautomatische Waffen sind dort verboten, seit ein Bewaffneter 1996 in Port Arthur auf der Insel Tasmanien 35 Menschen erschossen hatte.
In Australien gab es landesweit Mahnwachen für die Opfer des Anschlags, wie der einheimische Sender ABC berichtete. Die gesamte Bevölkerung war für 18:47 Uhr (08:47 MEZ) - dem Zeitpunkt, als die ersten Schüsse am Bondi Beach gefallen waren - aufgerufen, eine Kerze für die Opfer anzuzünden und für eine Gedenkminute innezuhalten. Sonntag war der letzte Tag des jüdischen Lichterfests Chanukka.
Die Flaggen in Australien wehten auf halbmast. In unzähligen Privathäusern wurden landesweit Kerzen in den Fenstern entzündet, um unter dem Motto "Licht statt Dunkelheit" Unterstützung für die jüdischen Mitbürger zu bekunden. Auf einem Banner an einem Wasserflugzeug, das den Bondi Beach überflog, war eine Solidaritätsbekundung für "unsere jüdische Gemeinde" zu lesen. Bei der Feier in Sydney waren neben Reden auch jüdische Gesänge zu hören.
Forderung nach Untersuchungskommission
David Ossip, ein führender Repräsentant der jüdischen Gemeinde in New South Wales, äußerte in einer Rede die Unterstützung für Pläne der Regierung, eine Expertenkommission zur Untersuchung des Attentats einzusetzen. Eine solche Kommission sei nötig, "um dahinterzukommen, wie sich diese Katastrophe zugetragen hat". Australiens Regierungschef hatte nach dem Anschlag Versäumnisse im Kampf gegen Antisemitismus eingeräumt.
"Wir sind hier zusammen. Wendet euch an Fremde und umarmt sie", sagte Roslyn Fishall, ein Mitglied der jüdischen Gemeinde von Sydney bei dem Gedenken am Bondi Beach. "Lasst uns gemeinsam Frieden schließen", fügte sie hinzu. "Es ist immer noch sehr schwer zu verstehen, was passiert ist", sagte ihrerseits die ebenfalls bei der Gedenkfeier anwesende Leona Pemberton. "Ich denke, irgendwann müssen die Tränen einfach fließen."
Israels Präsident fordert entschlossenes Durchgreifen
In Israel rief Staatspräsident Yitzhak Herzog zu einem weltweiten Kampf gegen Antisemitismus auf. "Der weltweite Anstieg des Judenhasses ist ein globaler Notstand", sagte Herzog bei einer Gedenkveranstaltung in Jerusalem für die 15 Todesopfer in Australien. Herzog forderte, alle müssten sich am Kampf gegen Antisemitismus beteiligen. "Dies ist ein dringender Aufruf zum Handeln, um die nächste Katastrophe zu verhindern", sagte der Präsident. In jedem Land erfordere dies "sehr entschlossene und harte Maßnahmen sowie starke Führung".
Während der Veranstaltung gab es eine Live-Schaltung zu der Gedenkversammlung in Sydney. "Ich möchte den Juden Australiens sagen: Das Volk Israel steht an eurer Seite", sagte Herzog. Er hoffe, dass er die jüdische Gemeinde in Australien bald besuchen könne.
"Gefühl von Verlassenheit, Schock und Entsetzen"
"Trotz der tausenden Kilometer, die uns trennen, fühlen wir euren Schmerz, sehen euren Mut unter Beschuss und teilen euer Gefühl von Verlassenheit, Schock und Entsetzen." Vor seiner Rede hielten die Anwesenden eine Schweigeminute für die Opfer ein. Anschließend zündete Herzog eine Gedenkkerze an. "Wir werden nicht zulassen, dass der Hass uns bricht", sagte Herzog. "Wir werden nicht zulassen, dass der Terror unser Licht, unsere Einheit, unser Zusammengehörigkeitsgefühl, unsere gegenseitige Verantwortung und unsere Ewigkeit schmälert. Gemeinsam werden wir diese Dunkelheit besiegen."
Am Sonntag vergangener Woche hatten zwei Angreifer - Vater und Sohn - am Bondi Beach auf Teilnehmer einer Feier zum jüdischen Lichterfest Chanukka geschossen und 15 Menschen getötet. Dutzende Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Das jüngste Opfer war ein zehnjähriges Mädchen. Der Älteste war der 87 Jahre alte Holocaust-Überlebende Alex Kleytman. Nach Angaben der lokalen Gesundheitsbehörden lagen bis Abend (Ortszeit) noch immer 13 Personen, die bei dem Anschlag verletzt wurden, im Krankenhaus.
Nach dem Angriff wurde ein 50-jähriger Attentäter von der Polizei erschossen, dem 24 Jahre alten zweiten mutmaßlichen Schützen wird 15-facher Mord vorgeworfen. Er wurde zudem wegen Terrorismus und Dutzender weiterer schwerer Verbrechen angeklagt. Die australischen Behörden hatten die Tat am Bondi Beach als antisemitischen Angriff eingestuft.
Zusammenfassung
- Tausende Menschen gedachten am Bondi Beach in Sydney den 15 Todesopfern des Terroranschlags auf ein jüdisches Fest, der vor einer Woche stattfand.
- Premierminister Anthony Albanese wurde bei der Gedenkveranstaltung ausgebuht und kündigte eine Untersuchung der Sicherheitsbehörden sowie eine Verschärfung der Waffengesetze an.
- Landesweit wurden Mahnwachen abgehalten, Kerzen entzündet und eine Schweigeminute um 18:47 Uhr abgehalten, dem Zeitpunkt des Anschlags.
- Der Anschlag wurde von einem Vater (50) und seinem Sohn (24) verübt, wobei das jüngste Opfer ein zehnjähriges Mädchen und das älteste ein 87-jähriger Holocaust-Überlebender war.
- Israels Präsident Yitzhak Herzog forderte in einer Live-Schaltung zur Gedenkveranstaltung in Sydney einen weltweiten Kampf gegen Antisemitismus und bekundete Solidarität mit der jüdischen Gemeinde Australiens.
