APA/APA/AFP/ARIF ALI

Bis zu 120 Festnahmen nach Lynchmord in Pakistan

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In Pakistan hat die Polizei nach einem Lynchmord an einem Fabrikmanager aus Sri Lanka wegen angeblicher Blasphemie bis zu 120 Menschen festgenommen. Unter den Festgenommenen sei auch einer der Hauptverdächtigen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Eine wütende Menschenmenge hatte den Mann am Freitag in Sialkot in der Provinz Punjab südöstlich der Hauptstadt Islamabad zu Tode geprügelt und seine Leiche in Brand gesteckt.

Nach Angaben der Polizei war die tödliche Selbstjustiz durch Blasphemie-Gerüchte ausgelöst worden. "In der Fabrik verbreitete sich das Gerücht, der Manager habe ein religiöses Poster abgerissen und in den Mistkübel geworfen", sagte der Polizeibeamte Zulfiqar Ali.

Blasphemie ist in Pakistan ein äußerst heikles Thema. Der geringste Verdacht auf eine Beleidigung des Islam kann Proteste auslösen und zu Lynchjustiz führen. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wird der Vorwurf auch häufig als Vorwand benutzt, um persönliche Fehden auszutragen.

Nach Angaben des Sonderbeauftragten der pakistanischen Regierung für religiöse Harmonie, Tahir Ashrafi, ermittelt die Polizei auch in dem Fall in Sialkot in diese Richtung. Arbeiter hätten sich darüber beschwert, dass der Fabrikmanager "sehr streng" gewesen sei, sagte Ashrafi der Nachrichtenagentur AFP. Einige Fabrikarbeiter könnten also "eine religiöse Karte gespielt haben", um sich an dem Manager zu rächen.

In zahlreichen Videos in Online-Netzwerken war zu sehen, wie zahlreiche Menschen auf den Mann einschlugen und dabei Parolen gegen Blasphemie riefen. Einige Beteiligte machten sogar Selfies vor der brennenden Leiche des Managers.

Ein Sprecher der Provinzregierung von Punjab sagte am Samstag vor Journalisten, insgesamt seien 800 bis 900 Menschen an dem Lynchmord beteiligt gewesen. Einige von ihnen waren demnach mit Stöcken bewaffnet. Sri Lankas Regierung äußerte sich am Samstag schockiert über den "brutalen und tödlichen Angriff" und forderte die pakistanischen Behörden auf, alle Beteiligten zur Rechenschaft zu ziehen. In Pakistan haben fast alle politischen Parteien und religiösen Gruppen den Vorfall verurteilt. Premierminister Imran Khan sprach von einem "Tag der Schande für Pakistan".

In Pakistan kommt es wegen Blasphemie-Vorwürfen immer wieder zu Ausschreitungen und gewaltsamen Übergriffen. Erst am vergangenen Sonntag hatten tausende Menschen eine Polizeistation in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa angezündet. Die Angreifer hatten von den Beamten verlangt, ihnen einen Mann auszuhändigen, der einen Koran verbrannt haben soll.

Im April 2017 hatte ein wütender Mob den Studenten Mashal Khan wegen falscher Blasphemie-Anschuldigungen gelyncht. 2014 war ein christliches Ehepaar in Punjab getötet und dann in einem Ofen verbrannt worden, nachdem es fälschlicherweise der Schändung des Korans beschuldigt worden war.

ribbon Zusammenfassung
  • In Pakistan hat die Polizei nach einem Lynchmord an einem Fabrikmanager aus Sri Lanka wegen angeblicher Blasphemie bis zu 120 Menschen festgenommen.
  • Unter den Festgenommenen sei auch einer der Hauptverdächtigen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag.
  • Eine wütende Menschenmenge hatte den Mann am Freitag in Sialkot in der Provinz Punjab südöstlich der Hauptstadt Islamabad zu Tode geprügelt und seine Leiche in Brand gesteckt.

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