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Bericht: Enge Verbindungen von Weleda zu SS in Nazi-Zeit

Heute, 09:03 · Lesedauer 3 min

Die Schweizer Naturkosmetikfirma Weleda hatte laut einem Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" in der NS-Zeit enge Verbindungen zur SS. Dies galt demnach insbesondere für Kooperationen im Konzentrationslager Dachau bei München. Laut dem Bericht lieferte Weleda unter anderem eine Creme, die dort mutmaßlich für Menschenversuche eingesetzt wurde. Die SS (Schutzstaffel) betrieb die KZ und war federführend an Planung und Durchführung des Holocaust beteiligt.

Laut "Spiegel" bezog das Unternehmen in der Zeit des Nationalsozialismus Heilkräuter aus einer landwirtschaftlichen Anlage, die von der SS in Dachau nach "biologisch-dynamischen" Methoden betrieben worden sei. KZ-Häftlinge seien dort als Zwangsarbeiter eingesetzt worden. Das Magazin berief sich auf eine noch unveröffentlichte Studie der Historikerin Anne Sudrow im Auftrag der Gedenkstätte Dachau.

Sudrow zeige darin, dass es während des Nationalsozialismus generell enge Verbindungen zwischen der esoterischen Anthroposophie-Szene in Deutschland, der biologisch-dynamischen Demeter-Landwirtschaft sowie der SS gegeben habe. Sowohl Anthroposophie als auch die biologisch-dynamische Landwirtschaft gehen auf den den Weleda-Mitbegründer, den Österreicher Rudolf Steiner zurück, der zur Zeit der Nazi-Herrschaft bereits verstorben war. In Dachau habe die SS-eigene Deutsche Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung (DVA) eine "Plantage" betrieben, die der Erforschung und Anwendung biologisch-dynamischer Landwirtschaftsmethoden gedient habe, so "Der Spiegel" unter Berufung auf Sudrow.

Weleda bestellte laut dem Bericht während der NS-Zeit Produkte direkt bei der DVA. Umgekehrt habe das Unternehmen eine Frostschutzcreme geliefert, die der SS-Arzt Sigmund Rascher in Dachau mutmaßlich für Menschenversuche verwendet habe. Rascher, selbst Waldorfschüler und Anthroposoph, habe in dem KZ Experimente an Häftlingen vorgenommen, um die Wirkung von Unterkühlung und Frostschutzmitteln zu untersuchen. Dabei seien zahlreiche Menschen gestorben.

Sudrow belegt laut "Spiegel" in ihrer Analyse, dass es auch personell enge Verbindungen zwischen Weleda und der SS in Dachau gegeben habe. So hätten ehemalige Weleda-Mitarbeiter eine zentrale Rolle für die dort eingerichtete "Plantage" gespielt. Der frühere Leiter des Heilpflanzengartens von Weleda, Frank Lippert, habe seit 1941 für die SS gearbeitet und bei Forschungsarbeiten auch von der Zwangsarbeit der Häftlinge profitiert. Dabei habe er weiterhin mit Weleda in Kontakt gestanden.

Weleda erwähnt laut "Spiegel" in seiner Firmengeschichte die dem Bericht zufolge an die SS gelieferte Creme. Dort heiße es jedoch, dass unklar sei, ob Rascher diese für Menschenversuche eingesetzt habe oder ob das überhaupt seine Absicht gewesen sei. Die Tätigkeit des Gärtners Lippert im KZ Dachau sei "in keinerlei Verbindung zu seiner früheren Tätigkeit bei Weleda" gestanden, heiße es dort zudem.

Eines der ersten Nazi-Lager

Von 1933 bis 1945 waren in Dachau bei München mehr als 200.000 Menschen aus ganz Europa eingesperrt, darunter Kommunisten, Sozialdemokraten, Priester, Juden, Roma und Sinti sowie Homosexuelle. Als Soldaten der 7. US-Armee das Lager am 29. April 1945 befreiten, waren dort noch rund 32.000 Menschen inhaftiert. Neben entkräfteten und ausgezehrten Häftlingen fanden die Soldaten auch viele Tote.

Zusammenfassung
  • Weleda hatte laut einer Studie enge Verbindungen zur SS und lieferte während der NS-Zeit eine Creme, die mutmaßlich für Menschenversuche im KZ Dachau verwendet wurde.
  • Das Unternehmen bezog Heilkräuter aus einer von der SS betriebenen Anlage in Dachau, in der Häftlinge als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, und bestellte Produkte direkt bei der SS-eigenen Versuchsanstalt.
  • Im KZ Dachau waren zwischen 1933 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert, bei der Befreiung durch US-Truppen am 29. April 1945 befanden sich dort noch rund 32.000 Menschen.