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Belgien schränkt Familiennachzug drastisch ein

Heute, 11:41 · Lesedauer 4 min

Nicht nur die neue österreichische, auch die neue belgische Regierung will den Familiennachzug drastisch einschränken. Laut dem Regierungsabkommen der sogenannten Arizona-Regierung unter dem flämisch-nationalistischen Premierminister Bart De Wever sollen Wartezeiten von ein bis zwei Jahren für weitere Familienmitglieder eingeführt werden und höhere Mindesteinkommen als Voraussetzung gelten. Beide Ehepartner müssen mindestens 21 Jahre alt sein, um Kinderehen zu verhindern.

"Belgien ist nicht mehr das Land der großzügigen und bedingungslosen Aufnahmen", stellte die neue Ministerin für Asyl und Migration, Anneleen Van Bossuyt, gleich in ihrem ersten Interview nach der Amtsübernahme mit der französischsprachigen Presse in der Zeitung "Le Soir" klar. Auf die Frage, welche Migrationspolitik sie in der nächsten Legislaturperiode verfolgen werde, antwortete sie "die strengste, die jemals in diesem Land angewandt wurde". Bossuyt gehört der nationalistisch-rechtskonservativen Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA) von De Wever an, die sich ein starkes Flandern innerhalb Belgiens auf die Fahnen geschrieben hat.

"Die Familienzusammenführung ist einer der Hauptkanäle der Migration nach Belgien, weist jedoch zahlreiche Lücken bei Verfahren und Überwachung auf. Wir optimieren daher das Verfahren, um die Integration zu maximieren und das Armutsrisiko zu minimieren", heißt es im Regierungsabkommen. In Zukunft muss bei einer "Haushaltsgründung" der bereits im Land lebende Mensch mindestens zwei Jahre rechtmäßigen Aufenthalt nachweisen, bevor seine Familienangehörigen eventuell nachkommen dürfen. Bei der weiteren Zusammenführung einer bereits bestehenden Familie gilt eine Wartezeit von einem Jahr.

Auch die Einkommens-Untergrenze, die für den Familiennachzug erforderlich ist, wird angehoben und an die Anzahl der betroffenen Personen angepasst. Das neue Gesetz legt ausdrücklich fest, welche Einkünfte hier angerechnet werden und welche nicht. Zulagen und Entschädigungen (etwa die Eingliederungsbeihilfe) sind ausgeschlossen. Das Arbeitslosengeld wird nur berücksichtigt, wenn die Person, zu der die Familie dazustößt, beweist, dass er sich aktiv um Arbeit bemüht, oder dass er oder sie für den Unterhalt der Familie aufkommen kann. Ansonsten wird der Antrag abgelehnt: "Jede Person, die in unser Land auswandert, darf unserem Sozialhilfesystem nicht zur Last fallen", heißt es im Abkommen.

Die Zusammenführung und oder Gründung einer Familie wird künftig erst mit einem Partner oder einer Partnerin ab 21 Jahren erlaubt sein, um Zwangsheiraten und Kinderehen zu verhindern. Vor der Gründung eines Haushalts muss der Antragstellende einen Integrationstest und einen Sprachtest absolviert haben. Belgien schränkt auch das Recht auf Familiennachzug für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte ein, und führt ebenso wie Österreich eine Wartezeit für sie ein: In Belgien beträgt sie zwei Jahre und beginnt ab der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Die Gründung eines neuen Haushalts ist einer Person mit subsidiärem Status nicht möglich. Subsidiär Schutzberechtigte sind Personen, deren Asylantrag zwar mangels Verfolgung abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Gesundheit im Herkunftsland als gefährdet gilt.

Zahlen bei Familiennachzug erreichten Rekord

Die belgische Regierung, die seit Anfang Februar im Amt ist, reagiert mit diesen Maßnahmen auf die steigenden Zahlen des Familiennachzugs: Laut Daten der belgischen Einwanderungsbehörde erhielten im Jahr 2024 mit 20.724 Personen so viele wie nie zuvor ein Visum im Rahmen einer Familienzusammenführung, verglichen mit 18.738 im Jahr 2023 und 15.901 im Jahr davor. Auch die Zahl der Asylwerbenden generell steigt: Im Jahr 2024 haben 33.146 Personen Asyl beantragt. Dies ist die zweithöchste Zahl seit 2015, als in Belgien 39.064 Asylsuchende registriert wurden.

In der belgischen Bevölkerung ist die Akzeptanz für die Maßnahmen generell hoch. Kritik kommt von Organisationen wie dem Föderalen Zentrum für Migration Myria: "Solange die Menschen von ihren Familien getrennt sind, ist es viel schwieriger, sich zu integrieren. Sie sorgen sich vor allem um ihre Frauen, Kinder oder Eltern, die zurückgeblieben sind, oft in einer gefährlichen Situation", sagte die dort für den Familiennachzug zuständige Expertin Astrid Declercq gegenüber "Schengen.News".

(Von Franziska Annerl/APA).

Zusammenfassung
  • Die belgische Regierung plant drastische Einschränkungen beim Familiennachzug, darunter Wartezeiten von ein bis zwei Jahren und höhere Mindesteinkommen als Voraussetzungen.
  • Im Jahr 2024 erhielten 20.724 Personen ein Visum für Familienzusammenführung, während 33.146 Personen Asyl beantragten.
  • Die Maßnahmen stoßen auf Kritik von Organisationen wie dem Föderalen Zentrum für Migration Myria, die betonen, dass Trennung von Familien die Integration erschwert.