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Bargeld in Verfassung? Erste ÖVP-Landeshauptleute dagegen

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Die ersten ÖVP-Landeshauptleute erteilen den Plänen ihres eigenen Parteichefs eine Absage: Nachdem sich der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler gegen den Vorstoß von Kanzler Karl Nehammer ausgesprochen hatte, hat sich nun auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle dazu skeptisch geäußert. Mikl-Leitner stellt sich aufseiten Nehammers (alle ÖVP).

Kanzler Nehammer hatte im PULS 24 Interview argumentiert, man wolle der Bevölkerung "eine klare Versorgungssicherheit geben, dass auf der einen Seite genug Möglichkeiten gegeben sind, Bargeld zu beziehen, auf der anderen Seite aber auch ausgeben zu können". Für den September kündigte er deshalb wieder einmal einen Gipfel an, diesmal einen Bargeld- bzw. Banken-Gipfel.

Nach dem steirischen ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler zeigt sich nun auch dessen Tiroler Amts- und Parteikollege Anton Mattle skeptisch. Das Zahlen in bar, mit Karte oder mit Handy sei für ihn selbstverständlich und "gesellschaftlicher Konsens". "Das muss nicht in den Verfassungsrang gehoben werden", sagte Mattle zur "Tiroler Tageszeitung".

Mikl-Leitner auf Seiten Nehammers

Im Gegensatz zu Drexler und Mattle gab es aus Niederösterreich Unterstützung für Nehammer. "Ob begründet oder nicht: Es gibt bei den Menschen die Sorge, dass das Bargeld abgeschafft werden könnte. Der Kanzler will den Menschen diese Sorge nehmen. Das ist nachvollziehbar", reagierte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf den Vorstoß.

Unterdessen schickte die Bundes-ÖVP mit Florian Tursky ein weiteres Regierungsmitglied aus, um den Vorschlag öffentlich zu unterstützen: "Auch wenn das vielleicht überrascht, als Digitalisierungsstaatssekretär bin ich ein Verfechter des Bargelds", hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme. "Innovationen dürfen Bewährtes nicht beschränken oder verbieten", so Tursky weiter. Freilich will niemand das Bargeld verbieten.

Diskussion "falsch geführt"

"Die Diskussion um den digitalen Euro wird von der EZB völlig falsch geführt", beklagte der Staatssekretär. Aus seiner Sicht müsse man drei Punkte beachten: Das Herausarbeiten des "Mehrwerts eines digitalen Euro", dass dieser "nur als Ergänzung zu allen bisherigen Zahlungsmitteln" eingeführt werde, und den Schutz der "Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger".

Der EU-Gesetzesentwurf zum digitalen Euro, von dem Tursky spricht, beinhaltet allerdings bereits ausdrücklich eine gesetzliche Verankerung des Bargelds - also sogar eine deutlichere gesetzliche Verankerung, als es derzeit in Österreich der Fall ist. Die ÖVP greift hier offenbar eine Stimmungsmache von FPÖ-Chef Herbert Kickl auf, die schon bei diesem inhaltlich falsch war.

Auch Brunner springt in die Bresche

Ähnlich äußerte sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Pressekonferenz. Es gebe in der europäischen Diskussion noch viele offene Fragen und Unsicherheiten, wie man mit dem digitalen Euro umgehen werde. Eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bargelds in Widerspiegelung des bestehenden EU-Rechts bezeichnete er als sinnvoll, "weil es die Wichtigkeit dieses Themas vor den Vorhang holt". Auch auf die "Unabhängigkeit jedes Einzelnen" berief er sich, und "prinzipiell geht es um die Wahlfreiheit".

Zustimmung kam am Dienstag auch von Christiane Teschl-Hofmeister, Landesobfrau des Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (NÖAAB): "Bargeld ist nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern auch ein Symbol der Freiheit und Selbstbestimmung." Wohlwollend hatte sich zuletzt auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gezeigt - obwohl sie als Juristin und ehemalige EU-Ministerin die EU-Rechtslage kennen sollte.

ÖVP-Vorstoß auf EU-Ebene längst gesetzlich festgelegt

Der Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, sah am Wochenende wenig Sinn hinter dem Vorstoß der ÖVP. Denn für die den Euro betreffende Währungspolitik und das ihn regelnde Währungsrecht sei ausschließlich die EU zuständig - diese wiederum garantiere bereits seit dem Jahr 1999 das Bargeld als "gesetzliches Zahlungsmittel". Eine nationale Regelung könne - sofern sie europarechtlich zulässig wäre - inhaltlich wenig Neues zum Schutz des Euro-Bargeldes beitragen, meinte der Jurist.

ribbon Zusammenfassung
  • Die ersten ÖVP-Landeshauptleute erteilen den Plänen ihres eigenen Parteichefs und Kanzlers Karl Nehammer, das Recht auf Bargeld in die Verfassung zu schreiben, eine Absage.
  • Nachdem sich der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler gegen den Vorstoß ausgesprochen hatte, hat sich nun auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (alle ÖVP) dazu skeptisch geäußert.
  • Die Möglichkeit der Barzahlung sei "gesellschaftler Konsens", so Mattle. "Das muss nicht in den Verfassungsrang gehoben werden."
  • Auch der Digitalisierungsstaatssekretär der ÖVP springt dem Kanzler unterdessen zur Seite. "Innovationen dürfen Bewährtes nicht beschränken oder verbieten", so Tursky.
  • Freilich will niemand das Bargeld verbieten. Im Gesetzesentwurf zum digitalen Euro ist die Möglichkeit der Barzahlung ausdrücklich gesetzlich geschützt.
  • Die EU garantiere bereits seit dem Jahr 1999 das Bargeld als "gesetzliches Zahlungsmittel", betont auch der Vertreter der EU-Kommission.