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Austro-Dschihadisten im Ukraine-Krieg? "So einfach ist das alles nicht"

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Im Krieg in der Ukraine werben beide Seiten um Kämpfer aus dem Ausland. Oft handelt es sich dabei um reine Propaganda - einige wenige könnten sich davon aber angesprochen fühlen. Der österreichische Verfassungsschutz beobachtet "die Szene", wie PULS 24 mitgeteilt wurde.

"Tausende Tschetschenen sind in den letzten Jahren unter dem Deckmantel des Asyls nach Wien gekommen. Dieselben Tschetschenen ziehen nun von Wien aus in den Krieg gegen die Ukraine", schreibt Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp auf Facebook. Er bezieht sich dabei auf einen Artikel der "Kronen Zeitung", die allerdings von zwei Austro-Tschetschenen berichtet, die sich angeblich gegen die Russen - also auf ukrainische Seite - stellen wollen. 

Informationen darüber, welche Milizen und Söldner im Krieg in der Ukraine derzeit auf welcher Seite kämpfen, sind schwer zu verifizieren. Klar ist, dass beide Seiten um ausländische Kämpfer werben bzw. der jeweils anderen Seite unterstellen, zusammen mit Dschihadisten, Neonazis oder anderen zwielichtigen Gruppen zu kämpfen. 

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Das österreichische Innenministerium jedenfalls teilt auf PULS 24 Anfrage mit, dass derzeit keine konkreten Erkenntnisse vorliegen würden, "dass Personen bereits auf der einen oder anderen Seite an Kämpfen teilnehmen". Es sei aber bekannt, dass "innerhalb gewisser Communities darüber diskutiert wird, sich ukrainischen oder russischen Truppen anzuschließen". Der Verfassungsschutz würde "die Szene" "sehr genau" beobachten. 

"Hass gegen Tschetschenen"

Husein Iskhanov kämpfte selbst in den beiden Tschetschenien-Kriegen gegen Russland. Nun lebt er in Wien, betreibt einen tschetschenischen Kulturverein und ist Kritiker von Wladimir Putin und dem tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow. Hinter den Aussagen von Dominik Nepp vermutet er "eine Lüge" und "Hass gegen Tschetschenen", wie er zu PULS 24 sagt. In der Ukraine würden spätestens seit 2014 tschetschenische Milizen mitmischen - sie würden sich aber gegen Russland stellen. 

In der Ukraine schon länger tätig sind etwa das "Dzhokhar Dudayev Bataillon" und das "Sheikh Mansour Battalion", die zum Großteil aus tschetschenischen Kämpfern bestehen und sich gegen die prorussischen Separatisten stellen. Inwiefern diese in den aktuellen Kampfhandlungen beteiligt sind, lässt sich derzeit nur schwer nachvollziehen. 

Dschihadisten in der Ukraine?

Der "Kurier" berichtete darüber, dass vor allem in der österreichischen Dschihadisten-Szene dazu aufgerufen werde, sich den Kämpfen in der Ukraine anzuschließen. Dabei soll es sich ebenfalls vor allem um Tschetschenen handeln, die Anhänger des "Kaukasus Emirats" seien und sich deshalb gegen Russland stellen wollen. Andere aus der Dschihadisten-Szene würden Kampfbeteiligung aber ablehnen, weil es ein Konflikt zwischen nicht mehrheitlich muslimischen Ländern sei.

Verfassungsschutz beobachtet Dschihadisten

Ishkhanov sieht allerdings keinen religiösen Kampf sondern einen Kampf gegen Russland und Kadyrow - schließlich handle es sich bei den Kämpfern um Anhänger der "Tschetschenischen Republik Itschkerien", die Tschetschenien nicht als Teil der Russischen Föderation sehen möchten. Iskhanov weiß, dass sich 2015 mehrere Austro-Tschetschenen diesen Milizen angeschlossen haben - es handle sich um maximal 20 Personen, sagt er. Dass sich auch derzeit welche auf den Weg machen, sei ihm nicht bekannt. Er würde es aber nicht ausschließen.

Tschetschenen sind gespalten

Politologe und Extremismusforscher Thomas Schmidinger kann ebenfalls nicht ausschließen, dass sich "Einzelpersonen" auf den Weg in die Ukraine machen würden. Darunter könnten auch einzelne Dschihadisten sein, ihm seien aber keine Fälle bekannt. Er betont, dass Dschihadisten immer noch "eher nach Syrien" gehen würden - wo sich auch Teile der gespaltenen tschetschenischen Unabhängigkeitsbewegung dem IS angeschlossen hätten. Andere Teile der Unabhängigkeitsbewegung würde aber säkular sein.

"So einfach ist das eben alles nicht", sagt Schmidinger zu PULS 24: Die offiziellen Truppen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow seien Putin treu. Daher würden sich manche Exil-Tschetschenen, die vor Kadyrow geflüchtet sind, gegen ihn und Russland stellen. "Das gemeinsame Moment" sei also "eher nicht die Religion" sondern das Vorgehen gegen Russland. 

Fakt ist aber jedenfalls, dass die Teilnahme von österreichischen Staatsbürgern an Kampfhandlungen in anderen Ländern zum Verlust der Staatsbürgerschaft und bei schutzberechtigten Personen zur Aberkennung des Asylstatus führen kann, teilt das Innenministerium mit.

ribbon Zusammenfassung
  • Im Krieg in der Ukraine werben beide Seiten um Kämpfer aus dem Ausland. Oft handelt es sich dabei um reine Propaganda - einige wenige könnten sich davon aber angesprochen fühlen. Der österreichische Verfassungsschutz beobachtet "die Szene", wie PULS 24 mitgeteilt wurde.

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