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Schallenberg: "Haben 1938 erlebt, wie es ist, alleingelassen zu werden"

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Die Zeichen im Ukraine-Konflikt stehen auf Sturm, sagt Alexander Schallenberg (ÖVP). In Bezug auf die Ukraine zieht Schallenberg einen Vergleich zur NS-Zeit. Die Opposition kritisieren den Minister scharf für diese Aussage.

"Wir haben doch 1938 am eigenen Leib erlebt, wie es ist, wenn man allein gelassen wird", sagte er während eines Gesprächs zur Ukraine-Krise in der ZIB 2 am Sonntag. Schallenberg sprach nun von einem Missverständnis - er habe damit keineswegs die These gemeint, Österreich sei beim Anschluss Opfer der Nationalsozialisten gewesen.

Nicht in Ordnung ist die Aussage jedenfalls für SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. "Schallenbergs Vergleich der Situation in der Ukraine mit Österreich 1938 ist ein inakzeptabler Geschichtsrevisionismus, eine Verharmlosung des Schuschnigg-Regimes und ein Rückfall in den falschen Mythos von Österreich als erstem Opfer Hitlers", stellte er in einer Aussendung fest. Die ÖVP zeige immer wieder ein bedenkliches Geschichtsbild, so Leichtfried, der unter anderem auf das Dollfuß-Museum in Texingtal - wo Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Bürgermeister war - Bezug nahm.

Die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur Sabine Schatz verurteilte das Statement und forderte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in einer Aussendung auf, Stellung dagegen zu beziehen. Auch in den sozialen Netzwerken kam die Aussage nicht gut an. Auf Twitter warf NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter Schallenberg Geschichtsrevisionismus vor, der Grüne Wiener Gemeinderat Martin Margulies nahm auf die Neuausschreibung des Botschafterpostens in Berlin Bezug und meinte, auch der Job des Außenministers müsse neu ausgeschrieben werden. Der Wiener FPÖ-Gemeinderat Leo Kohlbauer twitterte, Schallenberg dürfe "keine Minute länger Außenminister eines neutralen Landes sein."

Auch Niederösterreichs zweite Landeshauptfrau-Stellvertreter und SPÖ-Landesparteiobmann Franz Schnabl kritisiert Schallenbergs Aussage via Twitter. "Dass Schallenberg den Opfermythos aufleben lässt ist inakzeptabel", heißt es dazu im seinem Posting.

Schallenberg erklärt sich

"Was ich gemeint habe, ist natürlich überhaupt nicht der Opfermythos Österreichs", sagte Schallenberg am Montag in Brüssel vor Journalisten. "Was ich gemeint habe, sind die massiven Anstrengungen, die es gab, Ende 37 und in den ersten drei Monaten 1938. Ich denke etwa von der Präsidentschaftskanzlei oder damals von Hornbostel, Generalsekretär des Außenministeriums, um eine internationale Reaktion, internationale Solidarität zu erreichen - und wir wissen alle, letzten Endes war es nur Mexiko als einziges Land, das schriftlich im Völkerbund damals gegen den Anschluss Österreichs protestiert hat."

Die Ukraine sei jedenfalls nicht allein und könne "mit unserer Solidarität rechnen", so Schallenberg weiter. "Aber gerade wir Österreicher müssen doch mit unserer Geschichte ein gewisses Verständnis haben, wie es sich anfühlt, wenn ein Land einem potenziellen Aggressor gegenüber steht und in Wirklichkeit nur noch das Völkerrecht auf seiner Seite hat."

ribbon Zusammenfassung
  • "Wir haben 1938 erlebt, wie es ist, alleingelassen zu werden", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in der "ZiB2" auf die Lage der Ukraine im Konflikt mit Russland bezogen.
  • Für diesen Satz erntet er u.a. Kritik von den NEOS. Schallenberg betreibe "Geschichtsrevisionen", meint dazu die NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter auf Twitter.
  • Für Schallenberg gehe es hier um eine "rote Linie", das Völkerrecht.
  • Er ergänzte, dass die Sicherheit der Ukraine auch die unsere sei. Lemberg oder die ukrainische Grenze sei näher zu Wien als Vorarlberg. "Das ist nicht irgendwo weit weg von uns", sondern das sei in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, so Schallenberg.
  • Derzeit würden die "Zeichen auf Sturm" stehen
  • Auch wenn sich das "Fenster der Diplomatie zusehends schließt", müsse weiterhin alles unternommen werden, um eine kriegerische Auseinandersetzung zu vermeiden.

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