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Guterres pessimistisch: "Haben keine Maßnahmen für globale Krisen"

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UNO-Generalsekretär António Guterres sieht die aktuellen Krisen auf der Welt als ernste Gefahr für die Zukunft der Menschheit. "Unsere Welt ist in großen Schwierigkeiten", sagte Guterres am Dienstag zum Auftakt der 77. Generaldebatte der UNO-Vollversammlung in New York.

Guterres äußerte sich im Vorfeld des Generaldebatte pessimistisch, was die weltweiten Krisen betrifft. "Im Moment wird alles noch schlimmer, und ich fürchte, das wird noch eine Weile lang so weitergehen", sagte Guterres "Zeit Online". Seit der Gründung der Vereinten Nationen 1945 habe es immer wieder dramatische Momente gegeben, zum Beispiel die Kuba-Krise. "Aber diese Vielzahl globaler Herausforderungen, zu deren Bewältigung wir keine effektiven Mechanismen haben - ehrlich gesagt kann ich mich an keine vergleichbare Situation erinnern", sagte Guterres.

Welt ist in großer Gefahr

Die Welt führe einen "selbstmörderischen Krieg gegen die Natur", so Guterres bei der 77. Generaldebatte der UNO-Vollversammlung in New York. Der UNO-Generalsekretär mahnte: "Diese Krisen bedrohen die Zukunft der Menschheit und das Schicksal unseres Planeten." Auch die Ideale, für die die Vereinten Nationen stünden, seien in Gefahr.

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"Wir haben die Pflicht zu handeln. Und doch sind wir in einer kolossalen globalen Dysfunktion festgefahren", beklagte der UNO-Chef. "Die internationale Gemeinschaft ist nicht bereit oder willens, die großen dramatischen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen." Fortschritte bei diesen Themen würden "von geopolitischen Spannungen in Geiselhaft genommen", beklagte er. "Unsere Welt ist in großer Gefahr - und gelähmt."

Eindringlich rief Guterres die Weltgemeinschaft auf, die immensen Probleme gemeinsam anzugehen. "Wir brauchen eine Koalition der Welt." Es gebe Hoffnungsschimmer, betonte er zugleich. Das jüngste Getreideabkommen mit Blick auf die Ukraine-Krise etwa habe gezeigt, was internationale Zusammenarbeit leisten könne, wenn die Welt und Konfliktparteien zusammenkämen.

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Russland wolle zu "Beilegung schwerer regionaler Krisen beitragen"

Russland wird bei der Generaldebatte durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten, der am Montag bereits zu Gesprächen mit seiner französischen Kollegin Catherine Colonna zusammengetroffen war. Dabei forderte Colonna einen Sicherheitskorridor rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja, das seit März von russischen Truppen besetzt ist.

Der russische Staatschef Wladimir Putin wird dagegen nicht in New York sein und bei der Generaldebatte sprechen. Stattdessen betonte er bei einem Empfang für Botschafter in Moskau am Dienstag, Russland werde an seinem "souveränen Weg" festhalten. Als ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats werde sein Land sich "noch stärker" für eine "einigende internationale Agenda" einsetzen und zur "Beilegung schwerer regionaler Krisen beitragen". Das werde Russland auch bei der Generaldebatte klarmachen, betonte Putin.

Großes Thema: Globale Hungerkrise

Angesichts der durch den Ukraine-Krieg vernichteten Getreidelager oder blockierten Getreidelieferungen für arme Staaten ist auch die globale Hungerkrise eines der großen Themen bei der Generaldebatte.Die deutsche Außenministerin Baerbock sagte den betroffenen Staaten Unterstützung zu: "Die Brutalität des russischen Angriffskriegs und seine Bedrohung für die Friedensordnung Europas verstellen unseren Blick nicht davor, dass seine dramatischen Auswirkungen in vielen Weltregionen wie durch ein Brennglas wirken", erklärte sie.

Hilfsorganisationen rufen zu "dringenden" Maßnahmen auf

Mehr als 200 Hilfsorganisationen aus aller Welt riefen die zur UNO-Generaldebatte versammelten Staats- und Regierungschefs zu dringenden Maßnahmen gegen die sich zuspitzende globale Hungerkrise auf. Alle vier Sekunden verhungere irgendwo auf der Welt ein Mensch, betonten sie. Weltweit sind demnach 50 Millionen Menschen in 45 Ländern vom Hungertod bedroht.

Die Teilnehmer der Generaldebatte werden laut Baerbock auch über eine Aufarbeitung und Verfolgung der "grauenvollen Verbrechen, die im Namen Russlands in der Ukraine begangen werden", beraten. Zudem werde es um die Situation an den ukrainischen Atomkraftwerken gehen.

UN-Generalversammlung in New York City

Beratung über iranisches Atomprogramm 

Ebenfalls ein wichtiges Thema wird das iranische Atomprogramm sein. Der iranische Staatschef Ebrahim Raisi reist erstmals zur UNO-Generaldebatte, für Dienstag geplant ist ein Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Bei dem Gespräch dürfte es um die Bemühungen zur Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens gehen, mit dem verhindert werden soll, dass Teheran Atomwaffen entwickelt. Kurz vor seiner Abreise nach New York forderte Raisi in einem Interview von den USA "Garantien" dafür, dass das Land nicht erneut vom Atomabkommen abrücken wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Mit Reden von UNO-Generalsekretär António Guterres und dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro beginnt am Dienstag in New York die Generaldebatte der UNO-Vollversammlung.
  • Nach zwei Jahren der Einschränkungen durch Corona-Maßnahmen müssen die Spitzenpolitiker aus aller Welt wieder selbst anreisen, wenn sie bei der Generaldebatte sprechen wollen.
  • Einzige Ausnahme ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sein Land wegen des russischen Angriffskrieges nicht verlassen kann und per Video zugeschaltet wird.
  • Der Ukraine-Krieg werde bei der Generaldebatte "sehr weit oben auf der Agenda stehen", das sei "unvermeidlich", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor Journalisten in New York.