Rohrer zu Nehammer: "Wie viel NÖ will er dem Land noch zumuten?"

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Von Test-Ballons und Ablenkungsmanövern ist die Rede, wenn Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) das Gendern in der Verwaltung verbieten möchte. Ein politischer "Pipifax", wie Journalistin Anneliese Rohrer bei "Wild Umstritten" urteilt.

ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer will eine Art Gender-Verbot in der Verwaltung, wie die Tageszeitung "Heute" am Dienstag berichtete. Nehammer spricht sich demnach für das Ausschreiben beider Geschlechterformulierungen aus und will ein Aus für Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkt. Auch in Bildungseinrichtungen soll diese Linie nach Vorstellung des ÖVP-Chefs implementiert werden. 

Journalistin Anneliese Rohrer stellte bei "Wild Umstritten" die Frage: "Wie viel Niederösterreich will er dem Land noch zumuten?" 

"Er macht das, was die Mikl-Leitner für die Verwaltung vorgemacht hat", sagte Rohrer im Hinblick auf das Gender-Verbot, das Schwarz-Blau in Niederösterreich im Sommer eingeführt hatte. Nehammer habe aber bei all den Ankündigungen vergessen, "dass er auf der Uni überhaupt nichts zu sagen hat. Null. Das wurde ihm heute auch schon ausgerichtet", so Rohrer. Für sie ist es eine "durchsichtige, billige Gschicht", um einen "billigen Punkt zu machen". 

Gendern ein "Minenfeld"

Die Debatte rund ums Gendern sei für Kommunikationsberater Daniel Kapp ein "Minenfeld" – die Gefahr, "gecancelt" zu werden, groß. Gendern in immer neuen Formen "überfordert einen Teil der Bevölkerung", meinte er. Hier nehme Nehammer jetzt Stellung. Es sei aber freilich keines der "wesentlichen Themen, das Österreich in die Zukunft bringt". 

Für Andrea Brunner, die Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien und vormalige Bundesgeschäftsführerin der SPÖ-Frauen, steht fest, dass "Sprache das Bewusstsein wirklich sehr stark beeinflusst". So finde sie es auch "total wichtig, dass sich queere Menschen wiederfinden in unserer Sprache". Doch mit dieser Gender-Debatte sei so niemandem geholfen. 

Einkommensschere, Gewaltschutz, Femizide, Kinderbetreuung – Themen rund um die Gleichberechtigung von Mann und Frau gebe es genügend. "Warum diskutieren wir jetzt über das Thema Gendern, so ein bisschen hingeschmissen?", fragte Brunner in die Runde. Für sie könnte es auch ein Versuch sein, der FPÖ mögliche Wähler:innen streitig zu machen. 

Politischer "Pipifax"

"Politisch ist das ein Pipifax", meinte Roher, vielleicht aber "ein Schuss gegen die Grünen". Fast schon mit einem Schmunzeln reagierten die Grünen am Dienstag auf den Gender-Vorstoß. "Eigentlich muss man sich ja fragen, warum manche vor Doppelpunkten und Sternderl Angst haben", so Grünen-Umweltministerin Leonore Gewessler am Dienstag im Zuge einer Pressekonferenz.

"Das Argument der ÖVP ist einigermaßen absurd, weil sie gleichzeitig für Frauen, Frauenpolitik und Gleichberechtigung gar nichts machen", sagte auch Lena Schilling, die frischgebackene Grünen-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, bei "Heiß Umfehdet". "Dann übers Gendern zu reden, abzulenken und zu sagen: 'Das hilft aber auch nicht' - ist relativ billig", so die 23-Jährige.

ribbon Zusammenfassung
  • Von Test-Ballons und Ablenkungsmanövern ist die Rede, aber Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) möchte das Gendern in der Verwaltung verbieten.
  • Die Debatte rund ums Gendern sei für PR-Berater Daniel Kapp ein "Minenfeld" - die Gefahr, "gecancelt" zu werden, groß. 
  • Das Verbot sei aber ein politischer "Pipifax", wie Journalistin Anneliese Rohrer bei "Wild Umstritten" urteilt.