AfD vor Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im Aufwind
Der CDU-Vorsitzende Merz sagte, die nationale Politik werde "nur einen begrenzten Einfluss haben auf die Wahlergebnisse" in Nordrhein-Westfalen. Dennoch absolvierte er mehrere Wahlkampfauftritte in seinem Heimat-Bundesland. Auch andere deutsche Spitzenpolitiker machten dort Wahlkampf - etwa Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil von der SPD.
Es geht um Tausende Mandate in den Parlamenten der 427 Kommunen - 396 Städte und Gemeinden sowie 31 Kreise. Bestimmt werden unter anderem auch Bürgermeister. Das Bundesland im Westen Deutschlands hat rund 18 Millionen Einwohner, 13,7 Millionen sind wahlberechtigt.
Die größte Stadt des Bundeslands ist Köln mit etwas mehr als einer Million Einwohner. Dort tritt die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach zwei Amtsperioden nicht wieder an. Ihre Nachfolge ist offen, kein Kandidat setzt sich in Umfragen ab. Probleme mit Müll, Drogenkonsum und sozialer Verwahrlosung in der Innenstadt sind in Deutschlands viertgrößter Metropole ein zentrales Wahlkampfthema.
Zufriedenheit mit Merz-Regierung auf Tiefpunkt
Nach dem jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" ist die Zustimmung der Deutschen zur nach den Parteifarben "Schwarz-Rot" genannten Koalition in Berlin auf einen Tiefpunkt gesunken: Nur 22 Prozent der Anfang September Befragten waren mit der Arbeit der Regierung zufrieden. Das waren sieben Prozentpunkte weniger als im Vormonat und 17 Prozentpunkte weniger als zwei Monate zuvor.
Es hat innerhalb der Koalition schon Spannungen gegeben - etwa wegen der Stromsteuer, die entgegen dem ursprünglichen Plan doch nicht für alle Bürger gesenkt wird, und des Eklats um Uneinigkeit über die Wahl einer SPD-Richterkandidatin für das Bundesverfassungsgericht.
AfD mit neuem Höchstwert in Umfrage
Die Alternative für Deutschland (AfD) hatte bei der Bundestagswahl im Februar ihren Stimmenanteil im Vergleich zur vorherigen Wahl auf 20,8 Prozent verdoppelt und ist die zweitstärkste Fraktion im deutschen Parlament, dem Bundestag. Einen neuen Höchstwert in der Sonntagsfrage des ARD-"Deutschlandtrends" erreichte die Partei gerade erst im September. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden laut der Umfrage 25 Prozent der Befragten für die Rechtspopulisten stimmen.
Im östlichen Bundesland Sachsen-Anhalt kam die AfD ein Jahr vor der Wahl zum Parlament - dem Landtag - in einer kürzlichen Umfrage sogar als stärkste Kraft auf 39 Prozent. Im Osten Deutschlands ist die AfD besonders stark. In NRW, das an Belgien und die Niederlande grenzt, zog sie erst 2017 - und damit vergleichsweise spät - in den Landtag ein und wurde 2022 mit nur 5,4 Prozent wiedergewählt.
Bei den bisher letzten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Jahr 2020 erhielt die CDU mit 34,3 Prozent mit Abstand den größten Anteil der Stimmen - die AfD kam auf 5,1 Prozent. In der Landeshauptstadt Düsseldorf regiert die CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst in einer Koalition mit den Grünen.
AfD mit Chancen im Ruhrgebiet
Politikwissenschaftler rechnen nun allerdings auch in NRW mit deutlichen Zugewinnen für die Rechtspopulisten. "Vor allem in strukturschwachen Regionen mit industriellem Niedergang – wie Gelsenkirchen oder Duisburg – hat die AfD gute Chancen, ihre Ergebnisse auszubauen und sich dauerhaft zu verankern", sagte Oliver Lembcke von der Universität Bochum Ende August.
Den Wahlkreis Gelsenkirchen hatten die Rechtspopulisten bereits bei der Bundestagswahl im Februar gewonnen. Die kriselnde Bergbau-Stadt im Ruhrgebiet, das für seine frühere Kohle- und Stahlindustrie bekannt ist, hat die höchste Arbeitslosenquote Deutschlands.
Zusammenfassung
- Bei den Kommunalwahlen am Sonntag in Nordrhein-Westfalen, dem mit rund 18 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundesland, steht der starke Aufwind der AfD im Mittelpunkt, die laut aktueller ARD-Umfrage bundesweit auf 25 Prozent kommt.
- Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz ist laut ARD-Deutschlandtrend auf nur noch 22 Prozent gesunken, während die AfD bei der letzten Bundestagswahl ihren Stimmenanteil auf 20,8 Prozent verdoppeln konnte.
- Politikwissenschaftler erwarten vor allem in strukturschwachen Regionen wie Gelsenkirchen und Duisburg deutliche Zugewinne für die AfD, nachdem sie bei der letzten Kommunalwahl in NRW noch auf 5,1 Prozent kam.