APA/APA/AFP/EYAD BABA

410 Tote bei Essensverteilung im Gazastreifen seit Mai

24. Juni 2025 · Lesedauer 4 min

Im Umfeld der umstrittenen Nahrungsmittelverteilung im Gazastreifen haben israelische Streitkräfte nach UNO-Angaben seit Ende Mai mindestens 410 Menschen getötet. "Seit die Gaza Humanitarian Foundation am 27. Mai ihre Arbeit aufgenommen hat, hat das israelische Militär Palästinenser, die versuchten, die Verteilstellen zu erreichen, bombardiert und beschossen, was zu zahlreichen Todesfällen geführt hat", sagte Thameen Al-Kheetan, Sprecher des UNO-Menschenrechtsbüros in Genf.

"Berichten zufolge sind dabei mehr als 410 Palästinenser getötet worden." Al-Kheetan präzisierte, dass es sich bei diesen Fällen um Angriffe durch die israelischen Streitkräfte handelte. Das Büro habe die Todesfälle praktisch alle selbst verifiziert. Möglich sei, dass zusätzlich auch bewaffnete Gruppen im Umfeld der Nahrungsmittelverteilung schießen. Es geht um die Verteilzentren der von den USA und Israel eingerichteten Gaza Humanitarian Foundation (GHF). Weitere 93 Menschen seien nach vorliegenden Berichten von den israelischen Streitkräften getötet worden, als sie versuchten, sich den wenigen zugelassenen Konvois der Vereinten Nationen zu nähern. Insgesamt seien rund 3.000 Palästinenser verletzt worden.

Zuvor hatte auch der Chef Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, scharfe Kritik an der GHF geübt. "Der neu gegründete sogenannte Hilfsmechanismus ist eine Abscheulichkeit, die verzweifelte Menschen erniedrigt und herabwürdigt", sagte er. "Es ist eine Todesfalle, die mehr Leben kostet als rettet." Die UNO und große Hilfsorganisationen verweigern eine Kooperation mit der Stiftung. Sie werfen ihr vor, sich nach den israelischen Armeeplänen zu richten.

Lazzarini warnte bei einer Pressekonferenz in Berlin vor dem Zusammenbruch seiner Organisation. Es gebe eine erhebliche Finanzierungslücke von ungefähr 200 Millionen US-Dollar (174,34 Mio. Euro) bis zum Jahresende, sagte er in Berlin. Die Arbeit sei derzeit nur für zwei weitere Monate gesichert. Allein zur Bezahlung von Mitarbeitern benötige man 60 Millionen Dollar pro Monat. "Im Grunde können wir nicht über September hinaus sehen."

Wichtige Geldgeber ausgefallen

Mit den USA, die ihre Unterstützung zum Jahresanfang eingestellt hätten, sei der wichtigste Geldgeber weggebrochen, sagte Lazzarini. Auch Schweden stelle UNRWA kein Geld mehr bereit.

Für das UNO-Palästinenserhilfswerk arbeiten rund 13.000 Menschen im Gazastreifen. Israel wirft der Organisation vor, von der islamistischen Hamas unterwandert zu sein. Lazzarini sprach von einer Desinformationskampagne, mit der seine Organisation und ihre Mitarbeiter als Terroristen dargestellt würden. "Anschuldigungen sind keine Beweise." Die Vorwürfe hätten das Leben von Mitarbeitern ernsthaft gefährdet und dem Ruf der Agentur geschadet.

Neue Stiftung in Gaza aktiv

Das israelische Parlament verhängte ein Arbeitsverbot auf israelischem Staatsgebiet, das Ende Jänner in Kraft trat. Ein weiteres Gesetz untersagt israelischen Behörden jeglichen Kontakt mit UNRWA. Ein Ersatz von UNRWA löse keine Probleme, sagte Lazzarini. Zudem gebe es keine vergleichbare Agentur, die ähnliche Hilfe leisten könne. Man könne derzeit keine Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Die internationale Gemeinschaft halte derzeit Güter bereit, die 10.000 Lastwagen füllen könnten. UNRWA unterstütze die Bevölkerung vor Ort derzeit mit Gesundheitsversorgung, psychologischer Hilfe, Bildung, Wasserversorgung oder dem Umgang mit Abfällen.

Lazzarini: auch UNRWA-Mitarbeiter getötet

Mehr als 55.000 Menschen seien im Gazastreifen als getötet gemeldet worden, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, sagte Lazzarini. Zwei Millionen Menschen - das entspricht etwa der Bevölkerung im Gazastreifen - würden "ausgehungert", die Hälfte davon Kinder. "Kein Ort in Gaza ist sicher, und niemand wird verschont." Beinahe 320 UNRWA-Mitarbeiter seien getötet worden.

Israel blockierte im März sämtliche Hilfslieferungen nach Gaza und beendete kurz darauf auch die Waffenruhe mit der islamistischen Hamas. Damit sollte der Druck auf die Hamas erhöht werden, die letzten Geiseln freizulassen. Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das die Hamas und andere Terrorgruppen am 7. Oktober 2023 verübt hatten.

Zusammenfassung
  • Seit Kriegsbeginn wurden laut UNO über 55.000 Menschen im Gazastreifen getötet, darunter viele Frauen und Kinder, und fast 320 UNRWA-Mitarbeiter kamen ums Leben, während zwei Millionen Menschen akut von Hunger betroffen sind.