APA/APA (AFP)/SERGIO LIMA

152 Bischöfe erheben Vorwürfe gegen die Regierung Bolsonaro

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Eine Gruppe aus 152 Bischöfen, Erzbischöfen und emeritierten Bischöfen aus Brasilien wirft Medienberichten zufolge Präsident Jair Bolsonaro und seiner Regierung Unfähigkeit bei der Bewältigung der aktuellen Krisenlage vor, wie Kathpress meldet. Indes wurde auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH/ICC) angerufen, um eine Untersuchung gegen Bolsonaros Umgang mit der Coronakrise einzuleiten.

Eine Gruppe aus 152 Bischöfen, Erzbischöfen und emeritierten Bischöfen aus Brasilien wirft Medienberichten zufolge Präsident Jair Bolsonaro und seiner Regierung Unfähigkeit bei der Bewältigung der aktuellen Krisenlage vor, wie Kathpress meldet. Indes wurde auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH/ICC) angerufen, um eine Untersuchung gegen Bolsonaros Umgang mit der Coronakrise einzuleiten.

Brasilien erlebe wegen der Pandemie und der schweren Wirtschaftskrise mit ihren sozialen Folgen einen der schwierigsten Momente seiner Geschichte, heißt es in dem unter anderem von Kardinal Claudio Hummes (85) und dem aus Vorarlberg stammenden emeritierten Amazonas-Bischof Erwin Kräutler unterzeichneten Brief.

Der als "Brief an das Volk Gottes" (Carta ao Povo de Deus) betitelte Text bezeichnet die aktuelle Krise als "perfekten Sturm", für den zum großen Teil Bolsonaro verantwortlich sei. Brasilien sei ohnehin schon eine ungleiche, ungerechte und gewalttätige Gesellschaft. "Diese Realität lässt keine Gleichgültigkeit zu." Die Regierung sei jedoch untätig und lasse zu, dass Holzfäller, Goldsucher und Landwirte der Natur und neoliberale Wirtschaftsführer den Ärmsten schwere Wunden zufügten.

Zudem klagen die Kirchenvertreter die Covid-19-Politik der Regierung an: "Wir müssen den wissenschaftsfeindlichen Diskurs miterleben, der die Tausenden von Toten als etwas Normales erscheinen lassen will, so als ob sie das Ergebnis eines Zufalls seien oder einer göttlichen Strafe." Ebenso gleichgültig sei die Regierung gegenüber dem daraus folgenden wirtschaftlichen und sozialen Chaos. Ihr gehe es alleine um den Machterhalt.

Bolsonaro hatte das Coronavirus als "kleine Grippe" und die Maßnahmen zur Bekämpfung als "Hysterie" bezeichnet. "Dieser Diskurs basiert nicht auf ethischen oder moralischen Grundsätzen", so die Kirchenvertreter. Die von der Regierung eingeleiteten Wirtschaftsreformen begünstigten zudem einem Neoliberalismus, der lediglich eine kleine Gruppe Mächtiger diene und der großen Menge der Bevölkerung schade. Diese Wirtschaftspolitik "töte" mit ihrem Fokus auf "Gewinn um jeden Preis", nahmen die Bischöfe Bezug auf ein berühmtes Papstzitat.

In dem Brief heißt es weiter: "Ebenso erschüttert uns die Abneigung (der Regierung) gegenüber der Bildung, der Kultur, dem Gesundheitssystem und der Diplomatie." Die Regierung habe sich die Bildung und Kultur geradezu als Gegner ausgesucht, und genauso lehne sie die Presse- und Meinungsfreiheit ab. Zudem missbrauche die Regierung die Religion, um Hass zu säen und die Gesellschaft zu spalten.

Die Brasilianische Bischofskonferenz (Conferência Nacional dos Bispos do Brasil, CNBB) ist die weltweit größte nationale Bischofskonferenz der katholischen Kirche. Ihr gehören mehr als 400 Mitglieder an.

Stellvertretend für das brasilianische Gesundheitspersonal rief ein Zusammenschluss von Gewerkschaften den IStGH in Den Haag an, eine Untersuchung gegen Bolsonaro wegen dessen Umgang mit der Coronakrise einzuleiten. Die Arbeitnehmervertreter werfen dem rechtspopulistischen Staatsoberhaupt Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, wie aus dem am Montag beim IStGH eingereichten Schriftsatz hervorgeht.

Die Gewerkschaften beschuldigen Bolsonaro, "kriminell fahrlässig mit der Covid-19-Pandemie umgegangen zu sein und dabei das Leben von Angehörigen des Gesundheitswesens und der brasilianischen Gesellschaft aufs Spiel gesetzt zu haben". Der Gewerkschaftsverbund gibt an, mehr als eine Million brasilianische Angehörige des Gesundheitssektors zu vertreten. Der Gerichtshof in Den Haag ist nicht automatisch verpflichtet, sich derartiger Anliegen anzunehmen.

Nach Angaben der Gewerkschaften handelt es sich um die erste derartige Aktion gegen eine Regierung "wegen eines Massensterbens aufgrund von Versäumnissen im öffentlichen Gesundheitswesen". Die Regierung von Bolsonaro "sollte für ihre gefühllose Reaktion auf die Pandemie zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Marcio Monzane von der Organisation Uni Americas, die die Klage anführt.

In Brasilien wurden bisher knapp 2,42 Millionen Infektionsfälle registriert. Mehr als 87.000 Menschen starben an den Folgen der Viruserkrankung. Brasilien ist das am zweitstärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land der Welt. Nur die USA haben mehr Opfer zu beklagen.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Gruppe aus 152 Bischöfen, Erzbischöfen und emeritierten Bischöfen aus Brasilien wirft Medienberichten zufolge Präsident Jair Bolsonaro und seiner Regierung Unfähigkeit bei der Bewältigung der aktuellen Krisenlage vor, wie Kathpress meldet.
  • Indes wurde auch der Internationale Strafgerichtshof angerufen, um eine Untersuchung gegen Bolsonaros Umgang mit der Coronakrise einzuleiten.
  • "Diese Realität lässt keine Gleichgültigkeit zu."