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Weltmuseum Wien zeigt "Pflanzenkolonialismus"

26. Mai 2025 · Lesedauer 3 min

Geranien gehören fast schon zum alpenländischen Kulturgut. Ursprünglich kommt die Pflanze aus Südafrika und ist im Zuge des Kolonialismus hierher gelangt. Die Geschichte der Geranie (Pelargonie) erzählt für Bettina Zorn, Ko-Kuratorin der Ausstellung "Kolonialismus am Fensterbrett" (ab 28.5.) im Weltmuseum Wien, auch von Biopiraterie. Die Schau soll "eine wichtige Facette des Kolonialismus mit scheinbarer Leichtigkeit" thematisieren, sagte Direktorin Claudia Banz am Montag.

Anhand von zehn beliebten Zimmer- und Balkonpflanzen, deren natürlicher Lebensraum außerhalb von Europa liegt, macht die Präsentation im Raum zam (bei freiem Eintritt) globale Verflechtung, kulturelle Aneignung außereuropäischer Pflanzen und deren Ausbeutung sowie Umnutzung in europäischen Kontexten sichtbar. Zu sehen sind lebende Pflanzen in Kombination mit historischen Objekten und Bildmaterial. Die Schaukästen zieren große historische Illustrationen. Außerdem ist die Ausstellung "partizipierend angelegt" (Banz), es gibt gepresste Pflanzen zum Befühlen, und es liegen Bücher auf.

Zurück zur Geranie und zur Biopiraterie: In Südafrika wurde die Pelargonium sidoides jahrhundertelang gegen Atemwegserkrankungen eingesetzt. Ein deutsches Pharmaunternehmen, die Pflanze aus Wildsammlung als Medikament gegen Bronchitis heranziehend, meldete diesbezügliche Patente an. Die lokale Bevölkerung blieb finanziell außen vor. "Eine NGO klagte erfolgreich", berichtete Zorn bei einem Presserundgang.

Kakteen, Usambaraveilchen oder Aloe vera, "zur Cashcow des 21. Jahrhunderts geworden" (Zorn), sind nicht zufällig hierher gelangt. Sie reisten oft gemeinsam mit ethnografischen Objekten auf langen Schiffsreisen europäischer Expeditionen des 18. und 19. Jahrhunderts. Der Transport stellte ein Problem dar, erzählte Ko-Kurator Florian Rainer. "An Deck vertrockneten, verfaulten oder erfroren sie, unter Deck mangelte es an Licht." Der britische Arzt Nathaniel Ward erfand zur Abhilfe ein mobiles Miniaturglashaus. "Das hatte 100 Kilo und wurde zu zweit durch den Dschungel getragen." Eine Nachbildung des "Ward'schen Kasten" fehlt in der Ausstellung nicht.

Trommel und Usambaraveilchen

"Kolonialismus am Fensterbrett" sollte Pflanzenliebhaber wie Geschichtsinteressierte gleichermaßen begeistern. Das Thema ist übersichtlich und informativ aufbereitet. Man erfährt etwa nicht nur, dass das Usambaraveilchen im Zuge der von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft organisierten Gasi-Expedition nach Europa kam. Im Weltmuseum ist die Pflanze nun zusammen mit einer Trommel aus Tansania zu sehen. Diese erhielt vermutlich ein Schiffsarzt als Gegenleistung für die Behandlung des damaligen Expeditionsleiters, nachdem dieser das Objekt 1887 erbeutet hatte. Derart aufbereitet wird die "Verbindung von Ökologie, Globalisierung und Geschichte" (Banz) tatsächlich greifbar.

(S E R V I C E - "Kolonialismus am Fensterbrett" im Weltmuseum Wien, Neue Hofburg, Raum zam, 28.5.25-25.5.26, Eintritt frei, täglich außer Mo 10-18 Uhr, Di 10-21 Uhr, www.weltmuseum.at)

Zusammenfassung
  • Die Ausstellung "Kolonialismus am Fensterbrett" im Weltmuseum Wien zeigt ab 28. Mai 2025 anhand von zehn außereuropäischen Zimmer- und Balkonpflanzen globale Verflechtungen, kulturelle Aneignung und Ausbeutung im Zuge des Kolonialismus.
  • Ein zentrales Beispiel ist die südafrikanische Pelargonium sidoides, die von einem deutschen Pharmaunternehmen patentiert und als Medikament genutzt wurde, während die lokale Bevölkerung erst nach einer erfolgreichen NGO-Klage beteiligt wurde.
  • Zu sehen sind lebende Pflanzen, historische Objekte, eine Nachbildung des 100 Kilogramm schweren Ward'schen Kastens und partizipative Elemente, die die Verbindung von Ökologie, Globalisierung und Geschichte greifbar machen.