Vom Berliner Kanzleramt nach Bern: Großgemälde von Kirchner
Dass "Sonntag der Bergbauern" nun nach Bern kommt, wurde in Berlin mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt und vom Kanzleramtschef genehmigt. Mit seiner Länge von vier und seiner Höhe von fast zwei Metern, wurde das Gemälde am Samstag mit einem Kran über die Terrasse des Bundeskanzleramts herausbefördert und in den Ehrenhof hinabgelassen. Nach diesem Beginn seiner Reise wird das Gemälde erst etwa eine Woche vor Ausstellungsbeginn im September in Bern ankommen, so das Kunstmuseum Bern auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die beiden Bilder "Sonntag der Bergbauern" und "Alpsonntag. Szene am Brunnen" waren letztmals 1933 zusammen gezeigt worden. Damals eröffneten sie die umfangreichste Kirchner-Retrospektive zu Lebzeiten des deutschen Expressionisten in der Berner Kunsthalle.
Seither waren die monumentalen Werke getrennt, und das, obwohl sie Kirchner als Paar angelegt hatte. "Alpsonntag. Szene am Brunnen" ist auf Initiative Kirchners selber seit 1933 Bestandteil der Sammlung des Kunstmuseum Bern. "Sonntag der Bergbauern" hingegen verblieb erst einmal in seinem Besitz. Auf Initiative des damaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt hängt es seit 1970 im Kabinettssaal des Bundeskanzleramts, erst in Bonn, dann in Berlin.
Dass das Bilderpaar ab 12. September nun den Höhepunkt der Ausstellung "Kirchner x Kirchner" im Kunstmuseum Bern bildet und damit erstmals wieder für die Öffentlichkeit zu sehen ist, sei "eine kunsthistorische Sensation von kulturpolitischer Tragweite", heißt es in der Mitteilung der Berner Kulturinstitution. Nina Zimmer, Direktorin des Kunstmuseums Bern und des Zentrums Paul Klee, zeigt sich dankbar für die "einmalige Leihgabe" und verweist auf die "tiefe und enge Verbundenheit der Kunstszenen der Schweiz und Deutschlands". Auch Wolfgang Weimer, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, lässt sich zitieren: "Dass 'Sonntag der Bergbauern' nun in Bern gezeigt wird, ist mehr als eine Leihgabe: Es ist ein Zeichen der tiefen kulturellen Verbundenheit zwischen Deutschland und der Schweiz."
Zusammenbruch im Ersten Weltkrieg
Das Bilderpaar ist ein Schlüsselwerk des Künstlers Kirchner. "Für Ernst Ludwig Kirchner war die Schweiz Zuflucht und Neuanfang - viele seiner wichtigsten Werke sind dort entstanden", so Weimer. Der Deutsche Künstler lebte von 1917 bis zu seinem Tod 1938 in der Schweiz. Nachdem er während des Ersten Weltkriegs als Soldat einen Zusammenbruch erlitten hatte, und aus dem Kriegsdienst entlassen worden war, reiste er nach Davos. Es folgten diverse Aufenthalte in verschiedenen Sanatorien.
In den 1920er-Jahren gehörte er zu den prominentesten deutschen Künstlern. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 stand er im Zenit seiner Bekanntheit in Deutschland. Seine Werke verkauften sich dort ausgezeichnet. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden Kirchner und seine Werke diffamiert, seine Bilder aus deutschen Museen entfernt.
Die Ausstellung "Kirchner x Kirchner" zeigt ab kommendem Herbst rund 65 "in der Schweiz selten gesehene" Werke des Künstlers. Das Kunstmuseum Bern erinnert damit auch an die Kirchner-Retrospektive von 1933 in der zehn Gehminuten entfernten Kunsthalle Bern. Der Künstler hatte die Ausstellung damals kuratiert und auch den Ausstellungskatalog selbst verfasst. Es war sein Entscheid, die Besucherinnen und Besucher mit seinem monumentalen Bilderpaar zu empfangen.
Meret Oppenheim in Berlin
Kirchners großformatiges "Sonntag der Bergbauern" dürfte einem großen Publikum durch seine subtile TV-Präsens bekannt sein: Es erscheint im Hintergrund der deutschen Fernsehnachrichten, wenn Szenen von Kabinettssitzungen der deutschen Regierung ausgestrahlt werden.
Im Tausch zum monumentalen Kirchner-Gemälde hängt nun Meret Oppenheims (1913-1985) ebenfalls großformatiges Werk "Neue Sterne" im Bundeskanzleramt, eine Leihgabe des Kunstmuseums Bern. Im Unterschied zu Kirchners Werk spricht dieses wichtige Bild der für das 20. Jahrhundert bedeutenden Schweizer Künstlerin eine ganz andere Sprache: Es illustriert die surrealistische Seite Oppenheimers. Auch für "Neue Sterne" kam der Kran zum Einsatz. Nach dem am Samstag zuvor Kirchners Werk aus dem Kabinettssaal herausgehoben worden war, kam Oppenheimers Bild in den Saal hinein.
Zusammenfassung
- Das monumentale Gemälde "Sonntag der Bergbauern" von Ernst Ludwig Kirchner, vier Meter lang und fast zwei Meter hoch, wurde aus dem Berliner Kanzleramt nach Bern transportiert und wird dort erstmals seit 1933 wieder gemeinsam mit seinem Pendant gezeigt.
- Die Ausstellung "Kirchner x Kirchner" im Kunstmuseum Bern startet am 12. September und präsentiert rund 65 selten in der Schweiz gesehene Werke des Künstlers.
- "Sonntag der Bergbauern" und "Alpsonntag. Szene am Brunnen" gelten als Schlüsselwerke Kirchners und ihre Wiedervereinigung wird als "kunsthistorische Sensation von kulturpolitischer Tragweite" bewertet.