Türkei
Ende des bewaffneten Kampfes: PKK verkündet Auflösung
"Der zwölfte Kongress der PKK hat beschlossen, die Organisationsstruktur der PKK aufzulösen und die Methode des bewaffneten Kampfes zu beenden", erklärte die PKK am Montag in einer von der prokurdischen Nachrichtenagentur ANF verbreiteten Erklärung.
Aus dem Büro des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan meldete sich der stellvertretende AKP-Vorsitzende und Parteisprecher Ömer Çelik via X zu der Ankündigung. In seinem Posting betonte er, dass "eine neue Ära eröffnet wird, wenn der Terrorismus vollständig beendet wird."
"Die konkrete und vollständige Umsetzung des Beschlusses zur ‚Beendigung‘ und ‚Übergabe der Waffen‘ in einer Weise, die alle Zweigstellen und Nebenstellen der PKK und ihre illegalen Strukturen schließt, wird ein Wendepunkt sein", hieß es weiters.
Ein Vertreter der pro-kurdischen Partei DEM sagte, dass die Entscheidung eine neue Türe geöffnet habe. Seine Partei werde alles tun, um die Demokratie und den Frieden zu stärken, erklärte das hochrangige DEM-Parteimitglied.
Die PKK war 1978 von Abdullah Öcalan in der Türkei gegründet worden - hauptsächlich als Reaktion auf politische, soziale und kulturelle Unterdrückung der Kurden in dem Land. Seit den 1980er-Jahren kämpft sie mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei.
Inzwischen ist die PKK von der Forderung eines unabhängigen Staates abgerückt. Die PKK wird in der Türkei, in der EU und in den USA als Terrororganisation eingestuft.
Reaktion auf Aufruf Öcalans
Die PKK reagiert mit dem Schritt nun auf einen Aufruf Öcalans, der seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali in der Türkei inhaftiert ist. Im Februar hatte er die Organisation aufgefordert, die Waffen niederzulegen und sich aufzulösen.
Die Aussicht auf die Auflösung der PKK hatte bei vielen die Hoffnung auf eine Lösung des Kurdenkonflikts, mehr Rechte für Kurden in der Türkei und vor allem ein Ende der Kämpfe geschürt. Laut der Denkfabrik International Crisis Group sind im Kontext des Konflikts im Laufe der Jahrzehnte bisher etwa 40.000 Menschen getötet worden.
Ziel der PKK war ein eigenständiges Kurdengebiet. 2015 scheiterten Friedensgespräche. Früher konzentrierte sich der Kampf für kurdische Autonomie hauptsächlich auf den überwiegend kurdischen Südosten der Türkei. Zuletzt lag der Schwerpunkt im Norden des Irak, wo die PKK ihren Sitz hat.
Auch in Syrien mit seiner kurdischen Bevölkerungsgruppe hat die PKK Einfluss. Das türkische Militär geht immer wieder gegen kurdische Milizen in den beiden Nachbarländern vor.
Die Entscheidung der PKK dürfte weitreichende politische und sicherheitspolitische Folgen für die Region haben. Das gilt auch für das benachbarte Syrien, wo kurdische Kämpfer mit den US-Streitkräften verbündet sind.
Aufruf Öcalans nach MHP-Initiative
Der Aufruf Öcalans ging auf eine Initiative des ultranationalistischen Regierungspartners des türkischen Präsidenten Erdoğan, der Partei MHP, zurück. Ihr Chef Devlet Bahçeli, bisher eigentlich ausgesprochener Gegner einer Aussöhnung mit der PKK, hatte im Oktober eine Freilassung Öcalans ins Spiel gebracht, sollte die PKK ihre Waffen niederlegen und sich auflösen.
Experten sehen dafür mehrere Gründe. Zum einen sei die PKK im Irak durch die türkischen Angriffe geschwächt. Auch in der kurdischen Bevölkerung wachse die Forderung nach einem Ende der Kämpfe. Zudem sei mit dem Gaza-Krieg, der Schwächung des Iran und des Umsturzes in Syrien in der Region ein Machtvakuum entstanden - sowohl Kurden als auch die Türkei wollten das gestalten.
Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte zudem Erdoğans angestrebte Verfassungsänderung spielen, um erneut als Präsident kandidieren zu können. Dafür braucht er etwa die Stimmen der prokurdischen Partei.
Video: Verletzte nach Anschlag in der Türkei - PKK bekennt sich
Zusammenfassung
- Die PKK hat auf ihrem zwölften Kongress die Auflösung ihrer Organisationsstruktur und das Ende des bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat verkündet.
- Seit Beginn des Konflikts im Jahr 1984 wurden mehr als 40.000 Menschen getötet, und die PKK wird sowohl von der Türkei als auch von westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft.
- Die Entscheidung dürfte weitreichende politische und sicherheitspolitische Folgen für die Türkei, den Nordirak und das benachbarte Syrien haben, wo kurdische Milizen aktiv sind.