APA/APA/TIROLER LANDESMUSEEN BETRIEBSGESELLSCHAFT (TLM)/MARIA KIRCHNER

Tirol Panorama über Rolle und Geschichte der Blasmusik

Heute, 11:30 · Lesedauer 3 min

Das Museum Tirol Panorama am Innsbrucker Bergisel hat sich auf musikalisches Terrain begeben: Die Ausstellung "Spielweisen. Was Blasmusik sein kann" widmet sich den Traditionen, Regeln und der Geschichte der in Tirol etwa bei Festen und Umzügen omnipräsenten Musik. Die Schau rückt aber insbesondere Fragen über Klischees und Vorurteile ins Zentrum, die sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung im nun umgebauten "Schauplatz Tirol" ziehen.

Gleich nachdem die Ausstellung über einen "monumentalen Trichter" betreten wird, werden die Besucherinnen und Besucher mit "durchaus provokanten Fragen" anhand von Karikaturen konfrontiert, sagte Kurator Andreas Holzmann am Donnerstag bei einer Presseführung. "Bist du richtig angezogen?" oder "Ist das Blasmusik?" fragt nach der obligatorischen Tracht bzw. Uniform oder auch dem oft mit Blasmusik verbundenen Alkoholkonsum. Ausstellungsstücke in den Vitrinen und Erzählungen von aktiven Blasmusikantinnen und Blasmusikanten sollen schließlich Antworten und vielfältige Sichtweisen bieten.

Auch mit der Annahme, dass es Blasmusik quasi "immer schon gegeben" habe und "typisch tirolerisch" sei, wird aufgeräumt. "Die Wurzeln der Blasmusik liegen in der türkischen Musik", erklärte Kurator Franz Gratl, Leiter der Musiksammlung des Ferdinandeums, und fügte hinzu: "Die Europäer waren fasziniert von der Feldmusik der Osmanen und haben dann einiges übernommen." Erst um 1800 entstanden die Tiroler Kapellen und die Regimentsmusik bildete sich unter starkem slawischen und böhmischen Einfluss heraus. Neben der Militärmusik spielte auch die höfische Harmoniemusik eine Rolle.

Schon bei der Beschreibung der Entstehungsgeschichte der Blasmusik wird die politische Dimension des kulturellen Phänomens deutlich. Laut Gratl gab es stets einen "gegenseitigen Nutzen". "Blasmusik bestätigt Machthaber und tritt auf, wenn etwas überhöht werden soll", beschrieb er die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart bestehende Funktion. "Die Blasmusik ist immer an großen politischen Aufmärschen gewachsen" und war Träger "nationaler Identität".

Blasmusikkapellen als Teil des NS-Standschützenverbandes

Während der NS-Zeit gab es hier eine "Kontinuität", hielt Holzmann fest. Auch wenn die Kapellen zunächst nach dem "Anschluss" Österreichs an Deutschland aufgelöst wurden, wurden sie als Teil der NS-Parteiorganisation des Standschützenverbandes neu gegründet und organisiert. Der Tiroler Komponist Sepp Tanzer - laut Holzmann ein "Säulenheiliger der Blasmusik" - spielte hier als Leiter der Standschützenkapellen eine tragende Rolle. Obwohl sein "Standschützenmarsch" auf Empfehlung des Blasmusikverbandes eigentlich nicht mehr gespielt werden soll, findet er sich immer noch im Repertoire vieler Kapellen, sagte Gratl.

Widerstand gegen Machthaber äußerte sich etwa, als die Nationalsozialisten katholische Prozessionen verboten. Tief verbunden mit dem Katholizismus rückten einige Kapellen trotzdem aus. Ebenjene Verbindung mit der katholischen Kirche stellt heute jedoch einen Zankapfel innerhalb der Organisationen dar. Die Bindung an die Kirche wird zunehmend kontrovers hinterfragt, berichtete Blasmusik-Kenner Gratl.

Blasmusik mit integrativen und exklusiven Seiten

Neben der historischen Dimension wirft die Schau indes einen Blick auf die Gegenwart, immerhin wurde sie anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Tiroler Blasmusikverbandes gestaltet. Für Gratl ging es darum zu zeigen, dass die Blasmusik auch von "Offenheit und Pluralität" geprägt ist und nicht nur von "rechtskonservativen Dumpfbacken" praktiziert wird. Dennoch gebe es immer noch viel "Exklusivität", merkte Holzmann an. Das Thema Zugehörigkeit von Frauen spiele aber keine Rolle mehr, sagte Elmar Juen, Obmann des Blasmusikverbandes. Mittlerweile seien 40 Prozent der Mitglieder Frauen und Mädchen.

(S E R V I C E - Ausstellung "Spielweisen. Was Blasmusik sein kann" im Tirol Panorama am Innsbrucker Bergisel. Von 26. September 2025 bis 6. Juli 2026. Mittwoch bis Montag 9.00 bis 17.00 Uhr. https://www.tiroler-landesmuseen.at)

Zusammenfassung
  • Die Ausstellung "Spielweisen. Was Blasmusik sein kann" im Tirol Panorama in Innsbruck beleuchtet ab 26. September 2025 die Geschichte, Klischees und politischen Dimensionen der Blasmusik in Tirol.
  • Neben der Aufarbeitung der NS-Zeit und der Rolle von Komponist Sepp Tanzer wird auch die Herkunft der Blasmusik aus der türkischen Musik und der Einfluss slawischer und böhmischer Traditionen thematisiert.
  • Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Tiroler Blasmusikverbandes zeigt die Schau, dass heute 40 Prozent der Mitglieder Frauen sind und die Öffnungszeiten von Mittwoch bis Montag, 9 bis 17 Uhr, gelten.