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Tanzmeister Akram Khan arbeitet mit dem weiblichen Blick

24. Juli 2025 · Lesedauer 4 min

Der gefeierte Choreograf Akram Khan bringt nächsten Dienstag einen Wüstensturm matriarchaler Angriffslust und die für ihn typische Eleganz ins Burgtheater. Mit seiner Show "Thikra: Night of Remembering", die Österreichpremiere bei ImPulsTanz feiert, stellt er sich gegen ein patriarchales Narrativ. "Denn die Gesellschaft wird Mythen immer aus dem männlichen Blickwinkel erzählen", so Khan im Gespräch mit der APA.

"Um ehrlich zu sein, ist dies jener Ort, an dem ich als Künstler aufgewachsen bin", sagt Khan über das Festival. In Wien hat er seine ersten kleineren Arbeiten aufgeführt und die ersten Workshops gegeben, nachdem er im Jahr 2000 seine eigene Tanzkompanie gegründet hatte. "Ich fühle mich dem Festival sehr verbunden", betont der Künstler. Im Walzertanzen sei er "miserabel", lacht er, aber schließlich ist der heute 50-Jährige durch seine virtuose Verschränkung von indischem Kathak-Tanz mit modernen westlichen Tanzstilen berühmt geworden.

Mit seiner ersten Gruppenarbeit "Rush" nahm er im Jahr 2001 an der Nachwuchsschiene [8:tension] bei ImPulsTanz teil. Inzwischen hat Khan, der sich selbst immer auch als Geschichtenerzähler gesehen hat, Kiplings "Dschungelbuch" als Abhandlung über die Klimakrise neu interpretiert ("Jungle Book reimagined"), hat sechs Figuren aus dem sumerischen Gilgamesch-Epos lebendig werden lassen ("Outwitting the Devil"), und mit "Desh" seine Erfahrung als Sohn bengalischer Eltern in London vertanzt.

In seinem jüngsten Stück, "Thikra", für das er zum ersten Mal ausschließlich Frauen besetzt hat, verbindet er den südindischen Bharatanatyam und moderne Tanzkunst aus dem Westen. "Es hat sich schon lange angebahnt", erzählt er über das Ensemble, "schließlich spielen Frauen immer eine zentrale Rolle in meinen Stücken". Die 14 Tänzerinnen bündeln ihre weibliche Essenz in Ritualen und in ihren langen, wallenden, schwarzen Haaren, die zu einem eigenen Motiv für Lebenskraft werden.

Der weibliche Blickwinkel

"Ich sehe 90 Prozent meiner Arbeit durch die Augen meiner Mutter", verrät er. Denn sie sei diejenige gewesen, die ihn mit Mythen aus der ganzen Welt vertraut gemacht hat. Jeden Abend hat sie ihm eine andere Geschichte erzählt, und zwar immer aus der Sicht einer weiblichen Figur. "Sie wusste, dass ich die Mythen aus einem männlichen Blickwinkel hören würde, und deshalb wollte sie, dass ich sie aus einem anderen Blickwinkel höre", meint Khan. Er wollte Geschichten über die Freundinnen seiner Mutter erzählen, seine "Tanten", wie er sie nennt, durch deren "Tanzschule" er gegangen ist. Im Alter von etwa sieben oder acht Jahren wurde er zudem klassisch ausgebildet. "Aber die Gemeinschaft hat nie aufgehört, mich zu unterrichten", betont er.

Außerdem war er sehr angetan von Manal AlDowayan. Für "Thikra" ließ er sich gemeinsam mit der saudi-arabischen bildenden Künstlerin von der Wüstenlandschaft um Al-'Ula inspirieren, der antiken arabischen Stadt an der Gewürz- und Weihrauchstraße, die Indien, Arabien und Europa verband.

Letzte Show der Akram Khan Company

Auch wenn es keinesfalls so wirkt, fertig ist das Stück noch nicht - zumindest nicht, wenn es nach dem Tanzmeister geht. "Ich arbeite noch daran", sagt er, und kommt für die Premiere am 29. Juli gemeinsam mit seiner Familie nach Wien - auch weil es die letzte Show der Akram Khan Company (AKC) ist, die noch bis 2027 auf Tour ist und direkt von ihrer Premiere im Juni in Montpellier ans Burgtheater kommt.

Dieses Kapitel geht nun nach 25 Jahren zu Ende, ein "natürlicher Übergang" für den Künstler, und gleichzeitig auch der Beginn von etwas Neuem. "Ich werde weiterhin auf unserer bisherigen Arbeit aufbauen, und die neue Struktur wird weiterentwickelt, um den Umfang kommender Projekte besser zu unterstützen", so Khan. "Ich bin mir sicher, dass ich in Zukunft wiederkommen werde, aber es ist wirklich die letzte AKC-Performance, also wollte ich meine Familie mitbringen, und wir freuen uns riesig darauf, dabei zu sein."

(Das Gespräch führte Marietta Steinhart)

(S E R V I C E - "Thikra: Night of Remembering" im Burgtheater, Universitätsring 2, 1., Aufführungen am 29.7., 30.7., 31.7., und 1.8.; www.impulstanz.com)

Zusammenfassung
  • Akram Khan bringt am 29. Juli mit 'Thikra: Night of Remembering' eine ausschließlich weiblich besetzte Produktion ins Burgtheater, die bei ImPulsTanz Österreichpremiere feiert und bis 1. August aufgeführt wird.
  • Das Stück, inspiriert von der Wüstenlandschaft um Al-'Ula und in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Manal AlDowayan entstanden, verbindet südindischen Bharatanatyam mit westlicher Tanzkunst und hebt die weibliche Perspektive hervor.
  • Die Aufführung markiert die letzte Show der 25-jährigen Akram Khan Company, die noch bis 2027 auf Tour ist, bevor eine neue künstlerische Struktur entwickelt wird.