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Stardirigent Franz Welser-Möst hat 65. Geburtstag

16. Aug. 2025 · Lesedauer 6 min

Die vergangenen Jahre waren keine einfachen für Franz Welser-Möst. 2023 rüttelte die Diagnose Blasenkrebs Lebensplanung und Konzertkalender des Stardirigenten gehörig durcheinander. Es folgten zahlreiche Operationen, Terminabsagen. "Ich hoffe, das Thema ist jetzt erledigt", zeigte sich der Maestro im aktuellen Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" nun vorsichtig optimistisch. Schließlich feiert der Künstler am heutigen Samstag seinen 65. Geburtstag.

Nach dem Feiern steht für den Jubilar dann alsbald wieder der Beruf an, wenn er am 28. und 30. August am Pult der Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen steht, bevor man zum Grafenegg Festival weiterzieht, wo am 3. September ein gemeinsamer Auftritt avisiert ist. Franz Welser-Möst ist also zurück - und damit einer der streitbaren Künstler des Klassikbetriebes, der im Sinne der Sache nie den Konflikt scheute und zugleich stets durch konziliantes Auftreten gekennzeichnet blieb. Ein Dirigent, der als Chef des Cleveland Orchestra zur Weltspitze vorstieß und stets bereit war, sich mit den Größen des Kulturbetriebes anzulegen, sollte er seine künstlerische Integrität in Gefahr sehen.

2012 etwa sorgte er für Verstimmungen mit dem damaligen Intendanten der Salzburger Festspiele, Alexander Pereira, als er ankündigte, den ab 2013 geplanten Zyklus mit Mozarts Da-Ponte-Opern niederzulegen - "und zwar weil ich aus dem gedruckten Programm erfahren habe, dass es Aufführungskonditionen gibt, die meiner Meinung nach so nicht machbar sind". Mit Pereira hatte es bereits gegen Ende ihrer höchst erfolgreichen gemeinsamen Zürcher Zeit gekriselt. Doch immer wieder fand man erneut zusammen - so auch in diesem Fall. Welser-Möst dirigierte bereits 2014 wieder in Salzburg, und führte Strauss' "Rosenkavalier" zum Erfolg. Im selben Jahr schied Welser-Möst als Musikdirektor der Wiener Staatsoper vorzeitig aus, weil ihm bei deren damaligem Intendanten Dominique Meyer jegliche Vision gefehlt habe, wie er nach Ablauf einer Schweigeverpflichtung konstatierte.

Geboren wurde der Dirigent als Franz Möst am 16. August 1960 in Linz als Sohn des gleichnamigen Arztes und der späteren ÖVP-Politikerin Marilies Möst. In seiner Heimatstadt besuchte er auch das Musikgymnasium. Die ursprünglich geplante Karriere als Geiger wurde durch einen Autounfall verhindert, aber sein Musiklehrer Balduin Sulzer förderte das junge Talent als Dirigent und beauftragte ihn mit ersten Proben mit dem Schülerorchester. Später sollte aus diesem das Jeunesse-Orchester entstehen, welches der Dirigent bis 1985 leitete.

Salzburger Festspiel-Debüt 1985

Im selben Jahr gab er auch sein Debüt bei den Salzburger Festspielen, ein Jahr darauf ging es aufs internationale Parkett mit dem London Philharmonic Orchestra. Dem britischen Klangkörper stand er von 1990 bis 1996 als Musikdirektor vor, wobei es hier in der Zusammenarbeit noch hakte. Welser-Möst musste sich harte Kritik und die Verballhornung seines Namens zu "Frankly Worse than Most" gefallen lassen. Den Doppelnamen hatte der angehende Maestro Mitte der 1980er auf Anraten seines damaligen Mentors, des Liechtensteiners Andreas von Bennigsen, angenommen. Bennigsen hatte Welser-Möst darüber hinaus 1986 adoptiert, bevor es Anfang der 90er zum Bruch kam. Heute ist Franz Welser-Möst mit Bennigsens Ex-Frau Angelika verheiratet.

Nach den harten Lehrjahren in London, die den jungen Pultmeister an seiner Profession zweifeln ließen, fasste er aber alsbald Tritt. "Stromlinienförmige Karrieren waren mir schon immer suspekt", betont Welser-Möst in seiner vor fünf Jahren bei Brandstätter erschienenen Autobiografie "Als ich die Stille fand". Und so ging es 1992 an die Oper Zürich zu Alexander Pereira, wo er nach seinem Einstand mit dem "Rosenkavalier" insgesamt 43 Premieren verantwortete. Die Stelle des Generalmusikdirektors in Zürich übernahm er 2005, schied jedoch 2008 wieder aus, um sich auf seine Tätigkeit in Wien vorzubereiten. Hier trat er 2010 die Stelle des Generalmusikdirektors an der Staatsoper an.

Noch bis 2027 am Pult des Cleveland

Parallel zu seiner Schweizer Zeit hatte und hat Welser-Möst seit 2002 die Position des Chefdirigent des Cleveland Orchestra inne und wurde sogleich von der Musikzeitschrift "Musical America" zum "Conductor of the Year 2003" gewählt. Die Kombination aus Welser-Möst und dem vielleicht europäischsten der großen US-Orchester erwies sich als die goldrichtige. Der gebürtige Oberösterreicher ist bis heute keine Pultdiva mit weltumspannendem Armgestus, kein Balletttänzer, sondern ein Meister der kleinen, gezielt gesetzten Gesten, wie er in "Als ich die Stille fand" auch selbst konstatiert: "Auf dem Podium ist es eher unwahrscheinlich, dass mich Publikum oder Kritiker beim Ausdruckstanz erleben." Mit den Musikern von Cleveland harmoniert dieser Ansatz hervorragend. Im Vorjahr allerdings gab Welser-Möst bekannt, dass er die Partnerschaft mit 2027 auslaufen lassen will, womit eine der längsten Kooperationen des Klassikbetriebes an ihr Ende kommen wird.

Das zweite Orchester, zu dem Welser-Möst eine enge Verbindung hat, sind die Wiener Philharmoniker. "Die Beziehung zwischen den Wiener Philharmonikern und mir war anfangs keine Liebe auf den ersten Blick", so der Dirigent in seiner Autobiografie. Aber mittlerweile hat sich das geändert. So stand der bald 65-Jährige bis dato bereits dreimal am Pult des Neujahrskonzerts (2011, 2013 und 2023) und dirigiert den Klangkörper regelmäßig, nicht zuletzt immer wieder bei den Salzburger Festspielen. 2014 erhielt der Maestro als Zeichen der Wertschätzung den Ehrenring der Philharmoniker, dem 2024 die Ehrenmitgliedschaft folgte.

Hochdekorierter Pultdenker

Das ist allerdings nicht die einzige Würdigung, die dem Umtriebigen in den vergangenen Jahren zuteil wurde. Franz Welser-Möst wurde etwa von der Bruckner Society of America mit der "Bruckner Medal of Honor" sowie von der Zürcher Paulus-Akademie mit dem "Preis für Freiheit und Humanität" ausgezeichnet. 2012 erhielt er das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, und 2013 wurde er zum neuen Träger des "Goldenen Mozartrings" ernannt. 2019 folgte die Goldmedaille des Kennedy Center International Committee on the Arts und 2020 schließlich das Ehrenzeichen des Landes Salzburg sowie der von den "Oberösterreichischen Nachrichten" gestiftete Mostdipf-Preis.

Was die Zukunft für Franz Welser-Möst bringt, wird man sehen. Unter der Intendanz von Bogdan Roščić ist der Maestro jedenfalls wieder an die Staatsoper zurückgekehrt, wo er als nächstes am 16. Dezember die Premiere des "Fidelio" dirigieren wird. Ansonsten gilt für den ruhigen Pultdenker vermutlich auch weiterhin die Lebenseinstellung, die er in "Als ich die Stille fand" skizziert: "Mögen die anderen weiter schreien, bunte Bilder in die Welt schicken und sich überlegen, wie man sonst noch auffallen könnte - ich gebe mich lieber der Muße hin."

(S E R V I C E - https://welsermoest.com/. Geburtstagsgespräch mit Barbara Rett abrufbar unter: https://go.apa.at/QnLw2Z4I)

Zusammenfassung
  • Franz Welser-Möst feiert am 16. August 2024 seinen 65. Geburtstag, nachdem er sich 2023 einer Blasenkrebsbehandlung mit mehreren Operationen unterziehen musste.
  • Nach überstandener Krankheit dirigiert er am 28. und 30. August die Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen und am 3. September beim Grafenegg Festival.
  • Seit 2002 ist Welser-Möst Chefdirigent des Cleveland Orchestra, beendet diese langjährige Zusammenarbeit jedoch 2027.
  • Er wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter 2012 mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse und 2014 mit dem Ehrenring der Wiener Philharmoniker, dem 2024 die Ehrenmitgliedschaft folgte.
  • Welser-Möst leitete dreimal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker (2011, 2013, 2023) und kehrt am 16. Dezember 2024 mit der Premiere von 'Fidelio' an die Wiener Staatsoper zurück.