Sorokins "Schneesturm" vor seiner Uraufführung in Salzburg
"Das ist ein faszinierender Text, aber auch ein sehr magischer Text", sagte Serebrennikov. Der Roman sei Teil einer Trilogie über Dr. Garin, der in Salzburg von August Diehl gespielt wird: "Vielleicht ist unsere Inszenierung nur der erste Teil von dieser Trilogie." Sorokin habe komplett eigene Welten geschaffen, so der Regisseur, der seit über 20 Jahren mit dem Gedanken spielte, einen Text des russischen Autors auf die Bühne zu bringen: "Jetzt hat das erste Mal alles geklappt." Die größte Herausforderung dabei sei die deutsche Sprache gewesen.
Der Regisseur stellte zunächst eine russische Fassung her, die anschließend ins Deutsche übersetzt wurde. "Sorokin verwendet sehr viele literarische Referenzen zu den anderen großen Werken aus der russischen Literatur. Meine Aufgabe war es, das Stück so zu übersetzen, dass es in die neue russisch-deutsche Realität reinpasst", erzählte er und bemerkte schmunzelnd, dass die spannendste Sprachbarriere im Schneesturm selbst gelegen habe: "Der Schneesturm ist in der russischen Sprache weiblich. Der Übersetzer kam dann und hat mich auf den Geschlechtsunterschied hingewiesen, und ich hatte beim Schreiben natürlich eine schöne Frau im Kopf gehabt, die Dr. Garin verführt. Dann musste ich mein Konzept ein wenig ändern." Der Schneesturm habe nun viele Erscheinungen. Sonja Beißwenger gibt ihm ihre Stimme: "Ich bin viele. Wir sind viele. Ich bin nicht allein als Schneesturm – und er kann auch ganz vieles sein."
Filipp Avdeev, der in der Produktion den Kutscher Perkhusha spielt, sprach über seine sprachlichen Hürden: "Ich kann gar kein Deutsch, vielleicht einen Kaffee bestellen, aber mit dieser Zeit hab ich angefangen, Deutsch besser zu verstehen. Ich habe Kirill immer wieder geschrieben, dass ich Angst habe, und er sagte: 'Das macht nichts, du kannst auch immer ein bisschen Russisch sprechen, das wird schon.' Ich hatte dann auch eine Sprachcoach, die aus unserer Company kommt – und ohne sie hätten wir nie die Verbindung zu der Sprache gefunden. Ich kann nicht erklären, wie es am Ende geht – aber es geht." Allzu schlecht dürfte die Sprache aus Filipp Avdeevs Mund nicht klingen, denn Serebrennikov fügte lachend hinzu: "Es ist immer faszinierend, wie Filipp in Berlin nach Vorstellungen angesprochen wird und die Menschen ihn dann lange auf Deutsch loben und er kann darauf nicht antworten."
"Der Tod ist kein Meta-Thema mehr"
Auf einen aktuellen Russland-Bezug angesprochen, gab sich der Regisseur zurückhaltender. Er mache kein direkt politisches Theater, aber man könne sich natürlich nicht vom gegenwärtigen Kontext lösen: "Die Poesie im Stück gibt eine größere Art des Denkens über Tod und Menschheit wider. Was heute mit Russland und dem schrecklichen Krieg passiert, ist ein Treffen von ganz vielen Menschen mit dem Tod. Der Tod ist kein Meta-Thema mehr – und wir können davon nicht weggehen."
Insgesamt werden bei den Salzburger Festspielen sieben Vorstellungen des Stückes gezeigt. Danach zieht die Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus und Serebrennikovs Ensemble "KIRILL & FRIENDS Company" nach Deutschland weiter.
(S E R V I C E - "Der Schneesturm" nach Vladimir Sorokin, Bühnenfassung von Kirill Serebrennikov, Deutsch von Andreas Tretner, eingerichtet von Rustam Akhmedshin. Regie, Bühne und Kostüme: Kirill Serebrennikov, Bühne und Kostüme: Vlad Ogay, Musik und Komposition: Alexander Manotskov, Musikalische Leitung: Daniil Orlov, Choreografie: Evgeny Kulagin, Ivan Estegneev, Mit August Diehl, Filipp Avdeev, Sonja Beißwenger u.a., Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus und KIRILL & FRIENDS Company auf der Perner-Insel, Hallein. Premiere: Sa., 16.8., 19 Uhr. Weitere Aufführungen: 18., 20., 22., 23., 24., 26.8., www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Mit der Uraufführung von Vladimir Sorokins 'Der Schneesturm' am 16. August 2025 präsentieren die Salzburger Festspiele ihre letzte Schauspielpremiere auf der Perner-Insel, gefolgt von sechs weiteren Aufführungen bis zum 26. August.
- Regisseur Kirill Serebrennikov betont die literarische Vielschichtigkeit und sprachlichen Herausforderungen des Stücks, das in einer russisch-deutschen Bühnenfassung mit Unterstützung eines Sprachcoachs umgesetzt wurde.
- Die Produktion ist eine Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus und der KIRILL & FRIENDS Company und wird nach den sieben Vorstellungen in Salzburg in Deutschland weitergespielt.