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Regisseur Thomas Woschitz: "Das war Rock 'n' Roll!"

Heute, 08:11 · Lesedauer 4 min

Eigentlich ist der gebürtige Klagenfurter Thomas Woschitz nicht für seine kompakten, reduzierten Geschichten bekannt, sondern eher für verschachtelte Arbeiten wie "Bad Luck" (2015). Mit "The Million Dollar Bet" legt der Filmemacher nun aber seinen ersten in den USA gedrehten Film vor, der auf dem realen Vorbild einer Wette zwischen zwei Freunden basiert: Wenn der eine einen dreifachen Marathon in 24 Stunden läuft, zahlt ihm der andere eine Million US-Dollar.

Die APA sprach mit Thomas Woschitz anlässlich der Viennale-Premiere seines Werks über einen Dreh ohne Budget, Humor in einer fremden Sprache, die Vorteile der Covidpandemie und die Frage, wie man so ein Ding rockt.

APA: Ganz anders als Ihre bisherigen Projekte ist "The Million Dollar Bet" nicht episodisch gedreht, sondern letztlich eine sehr reduzierte, fokussierte Geschichte...

Thomas Woschitz: Ich bin das Episodische und komme da immer wieder hin zurück. Aber ich wollte einfach mal etwas anderes versuchen. Das war eine Herausforderung, die ich mag. Der Film ist tatsächlich anders als meine bisherigen Sachen, nämlich eine ganz straighte Geschichte. Während des Drehbuchschreibens gab es viele Geschichtenzweige, die wir hineingepackt und am Ende wieder gestrichen haben, weil wir die Konzentration auf die 24 Stunden wollten. Und die letzten Sidestorys wurden dann beim Schnitt eliminiert. Ich denke mit der Maus. Es brauchte in meinen Augen den direkten Zug.

APA: Neu für Sie war auch der Umstand, dass Sie auf Englisch und in den USA gedreht haben. Wäre "The Million Dollar Bet" in Österreich nicht denkbar gewesen?

Woschitz: Mir war von Anfang an klar, dass das in Las Vegas spielen muss - obwohl ich die Stadt überhaupt nicht gekannt habe. Und obwohl klar war, dass das nicht einfach wird. In den USA mit ausschließlich österreichischer Finanzierung zu drehen, war schwer, denn es war klar, dass wir aus Österreich nicht allzu viel Geld für so ein Projekt bekommen können. Wir haben uns dann sogar an Pokerspieler als mögliche Sponsoren gewendet, aber die geben lieber eine Million Euro für eine Laufwette aus als für einen Film. (lacht) Am Ende haben wir einen kleinen, sehr guten Produktionspartner in den USA gefunden, der bereits "The Florida Project" realisiert hatte. Die haben uns zwar nicht mit Geld, aber logistisch, sprich mit ihrem Anwalt unterstützt. Und das ist das Wichtigste in den USA. So haben wir das gerockt! Das war wirklich Rock 'n' Roll!

APA: Inwiefern?

Woschitz: Wir hatten das große Glück, eine tolle Castingdirektorin zu haben, die vom Projekt begeistert war und ihre Gagenvorstellungen immer weiter reduziert hat. (lacht) Wir haben dank ihr sehr gute Leute gefunden, die trotz unserer Gagenmöglichkeiten eingestiegen sind. Wir waren ja - laut Gewerkschaft - eine ultralow Produktion, da zahlt man den Schauspielern 216 US-Dollar am Tag ... Und wir hatten das Glück, dass alles in Las Vegas wahnsinnig billig war, da dank Covid noch niemand zurück in der Stadt war. Das war immerhin etwas Positives an der Pandemie. Und unser Cast hat sich vom ersten Tag an super verstanden. Die sind jeden Tag bis 4 Uhr in der Früh ins Casino verschwunden - mit der Ausrede, als Method-Actors zu recherchieren. (lacht)

Suspense nicht das Ziel

APA: Überraschenderweise geht es in "The Million Dollar Bet" nur am Rande um die titelgebende Wette, sondern eher um menschliche Grundfragen, gleichsam ein spätes Coming-of-Age. Hier auf Spannung zu setzen, hat Sie gar nicht gereizt?

Woschitz: Wir wollten keinen Suspense, sondern eine einfache Reise nachzeichnen. Ich wollte keine Vorgeschichten erzählen, sondern bei der einfachen Geschichte bleiben. Nun ist es eine gewisse klassische Genregeschichte mit einem Witzbold, einem Nachdenklichen, etc. geworden. Der eine kommt aus einer armen Familie des Mittleren Westens, der andere aus Kalifornien mit Geldhintergrund.

APA: Hatten Sie selbst einen emotionalen Zugang zu diesen Spieler-Charakteren?

Woschitz: Ich bin null der Spielertyp! Ich habe in Las Vegas einmal fünf Dollar verspielt, das war's. Aber ich verstehe, dass man in eine Situation geraten kann, aus der man nicht mehr herauskommt. So lange die Möglichkeit zu gewinnen zu hoch ist, schafft man es nicht. Auch als Filmemacher ist man ja ein Gambler. (lacht)

APA: Und in diesem Falle gambeln Sie mit dem Humor der Geschichte - was in einer fremden Sprache ja die Königsklasse darstellt ...

Woschitz: Die ersten Drehbuchfassungen waren verrückt, weil es in der Zusammenarbeit mit meinem Autor Andrea Piva in einer Phase eine Mischung aus Deutsch, Italienisch und Englisch gab. Ich wollte aber keinen Scriptdoctor, sondern wir haben uns dann mit den Schauspielern eine Woche Zeit genommen, das Script durchzugehen und umzuschreiben. Mit allen vieren die richtigen Sätze und Worte zu finden. Das war genial. Und wenn ich jetzt im Kino eine Vorstellung besuche, merke ich, dass das Publikum an den "richtigen" Stellen lacht.

(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)

Zusammenfassung
  • Thomas Woschitz hat mit 'The Million Dollar Bet' seinen ersten Film in den USA gedreht, der auf einer realen Wette basiert.
  • Der Film unterscheidet sich von Woschitz' früheren Arbeiten durch seine fokussierte und reduzierte Erzählweise.
  • Die Dreharbeiten in Las Vegas erfolgten mit österreichischer Finanzierung und einem ultralow Budget, wobei Schauspieler 216 US-Dollar pro Tag erhielten.
  • Dank der Covidpandemie waren die Produktionskosten in Las Vegas niedrig, was den Dreh erleichterte.
  • Der Film behandelt menschliche Grundfragen und wurde mit einem humorvollen Ansatz und in Zusammenarbeit mit den Schauspielern entwickelt.