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Politpop-Star Danger Dan rappt wieder mit Gang

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Ein Nummer-eins-Album, viel Lob und Respekt für klare Worte gegen Rechts, Kritiker-Hymnen, hohe Auszeichnungen: 2021 war ein Wahnsinnsjahr für Danger Dan. "Ich muss immer noch ein bisschen staunen", sagt der Songschreiber, Sänger und Rapper im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Die Ereignisdichte war unheimlich. An Weihnachten 2020 habe ich noch an den Liedern geschrieben, inzwischen haben sich die Ereignisse überschlagen."

"Die Lieder" - das sind Politpop-Glanzstücke wie "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt" oder "Das schreckliche Buch", in denen Daniel Pongratz (38) alias Danger Dan gegen rechte Umtriebe, wirre "Querdenker" und antisemitische Verschwörungsmythiker ansingt. Zum Programm seines überwiegend am Klavier entstandenen, ganz ohne Rap-Salven auskommenden Albums gehören aber auch lakonische Erinnerungen an die Schulzeit ("Ingloria Victoria") oder völlig unpeinliche Liebesballaden ("Eine gute Nachricht").

Dass der Wahl-Berliner als "Deutschlands Randy Newman" bezeichnet wurde, ist nur einer von vielen ehrenvollen Vergleichen eines Jahres, in dem Danger Dan den begehrten "Preis für Popkultur" und den "Indie Award" der unabhängigen Musikbranche abräumte. Für viele, die ihn erst mit dem "Kunstfreiheit"-Song und seinem gleichnamigen Soloalbum entdeckten, war gar nicht klar, dass Pongratz einer renommierten Hip-Hop-Gruppe angehört: der Antilopen Gang aus Düsseldorf/Aachen.

Diese Wissenslücken will Pongratz nun mit seinen Band-Kumpels Koljah und Panik Panzer schließen - und hält daher für alte wie auch neue Fans ein Weihnachtsgeschenk bereit: "Antilopen Geldwäsche Sampler 1" präsentiert einen Querschnitt des Indie-Labels der drei Musiker, Band- und Solostücke, auch einige Überraschungen. "Ich hoffe, dass wir jetzt die Brücke schlagen können zwischen Leuten, die mich gerade kennengelernt haben, und der Antilopen Gang", sagt Danger Dan. "Aber auch umgekehrt. Manche ältere Fans haben bestimmt gedacht: Oh Mann, muss ich mir jetzt immer diese Klaviermusik anhören?"

Auf dem Sampler gibt es also wieder fette Hip-Hop-Beats zu hören, das Trio macht, was man von ihm erwartet: Raps und Gesänge, die zwischen dem Persönlichen und dem Politischen pendeln, mal zärtlich ("Mir kann nichts passieren"), mal gesellschaftskritisch-bissig ("Auf sie mit Gebrüll", "Nazis rein"), mal ironisch ("Wer hat uns verraten"). Auch eine typische Danger-Dan-Pianoballade im Stil von Tom Waits ("Filmriss") hat es auf die abwechslungsreiche Platte geschafft.

"Wir sind ja als Band nie angetreten, um im Büro zu sitzen, ein Label zu steuern und Platten herauszubringen", sagt Pongratz über seinen neuen Fokus auf die Gang. "Es tut uns als Gruppe unheimlich gut, jetzt wieder kreativ zu arbeiten und tatsächlich Musiker zu sein." So sei "Kunstfreiheit" zwar offiziell sein Soloalbum, "aber wir haben daran unheimlich viel zu dritt gearbeitet. Und es hat uns zu dritt auch vor der Insolvenz bewahrt." Wie bitte? "Ja, wir hatten schon ein Datum, von dem wir wussten: Okay, hier kommt eine Steuerrückzahlung, danach sind wir zahlungsunfähig. Weil durch diese Pandemie, Ausfälle von Konzerten und Verschiebungen die Kassen komplett leer waren."

Dass die vor über zehn Jahren gegründete Antilopen Gang weiterhin eine unangepasste Truppe ist, zeigt auch der Veröffentlichungstermin für das Album: 24. Dezember. "Wir haben das Datum schon im August festgelegt und uns darüber kaputtgelacht", sagt Danger Dan. Als Indie-Label dürfe man "alles machen, was eigentlich verboten ist".

Denn es gebe ja "eine ungeschriebene Regel, dass du als deutschsprachiger Act um die Weihnachtszeit kein Album herausbringst. Da kommen Alben von ganz großen internationalen Künstlern auf den Markt, und es ist nicht viel Platz im Radio und in Fachzeitschriften. Mit einem großen Label im Rücken könnte man das also gar nicht machen, die sagen: Totaler Quatsch. Mit einem eigenen Label kann man aber sagen: Wir machen das einfach, weil wir's lustig finden."

Ein Jux ist auch "Bin ich erst mal blau" von einer Gröhl-Kombo namens "Die Rheinischen Frohnaturen" - im Ballermann-Stil. "Wer die sind, wissen wir auch nicht so genau, aber die klingen erschreckend stark wie wir", sagt Danger Dan und prustet los vor Lachen. "Bei so einem Lied ist es ganz gut, sich ein neues Pseudonym zu suchen. Um nicht mit dem Arsch einzureißen, was wir seit Jahrzehnten aufgebaut haben."

Eine sehr ernsthafte Idee für den "Geldwäsche"-Sampler war indes das Stück "Bau es auf" von NMZS - eine Hommage an das 2013 gestorbene Bandmitglied Jakob Wich. Der gehöre "nach wie vor zur Antilopen Gang, er wird auch immer dazu gehören, und zum Glück gab's noch dieses Lied von ihm. Wir sind sehr froh, jetzt einen schönen Anlass und Rahmen gefunden zu haben, es zu veröffentlichen."

Den Schlusspunkt setzen überraschend die Toten Hosen mit "Wünsch Dir was" in einer rasanten Live-Version. Wie kam es dazu? "Das war uns total wichtig", sagt Danger Dan. "Wir waren jahrelang bei den Toten Hosen auf dem hauseigenen Label JKP und haben das jetzt selbst so gemacht, mit eigenem Label und eigenen Strukturen. Es sollte nicht so aussehen, als hätten wir uns gestritten oder so, das stimmt nämlich nicht. Die Hosen sind, glaube ich, auch sehr stolz auf uns, und deshalb haben sie uns dieses Lied für den Sampler geschenkt."

Für 2022 sieht der Vorzeige-Rapper viel positiven Stress am Horizont. "Wir gehen, sofern es die Inzidenzzahlen zulassen, nächstes Jahr als Antilopen Gang auf Tour. Dann gehe ich solo noch mal auf Tour", kündigt Pongratz an, der am 22. und 23. Oktober zwei ausverkaufte Shows im Wiener Volkstheater spielen wird. "Und dann freuen wir uns, irgendwann demnächst mal wieder an einem Gang-Album zu arbeiten. Das wird eine anstrengende Zeit. Aber ich glaube, das wird gut."

(S E R V I C E - www.antilopengang.de)

ribbon Zusammenfassung
  • Ein Nummer-eins-Album, viel Lob und Respekt für klare Worte gegen Rechts, Kritiker-Hymnen, hohe Auszeichnungen: 2021 war ein Wahnsinnsjahr für Danger Dan.
  • Dass die vor über zehn Jahren gegründete Antilopen Gang weiterhin eine unangepasste Truppe ist, zeigt auch der Veröffentlichungstermin für das Album: 24. Dezember.
  • "Wir haben das Datum schon im August festgelegt und uns darüber kaputtgelacht", sagt Danger Dan.