APA/EVA MANHART

ORF-"Sommergespräche" als heißer Terrassentalk

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Teuerung, Corona, Krieg: Es gab wahrlich schon beschaulichere Sommer. Angesichts dessen kündigen die heurigen ORF-"Sommergespräche"-Moderatoren Tobias Pötzelsberger und Julia Schmuck im Gespräch mit der APA an, wenig Zeit "mit dem Drumherum" verlieren zu wollen und die Spitzenpolitiker der Parlamentsparteien auch in härteren Passagen auf ihre Standpunkte abzuklopfen. "Die Herausforderungen unserer Zeit bedingen es, dass wir ein ernsthaftes Gespräch führen", so Schmuck.

Es ist das erste Mal in der 41-jährigen Geschichte der "Sommergespräche", dass ein TV-Journalist und eine Radio-Journalistin des ORF die Parteichefinnen und -chefs gemeinsam interviewen. "Es ist ein wichtiges Signal, dass Fernsehen, Radio und Online im ORF zusammenwachsen", sagte Pötzelsberger. Zu sehen ist die verstärkte Zusammenarbeit auch anhand des vor kurzem eröffneten multimedialen Newsrooms am Küniglberg. Auf dessen Terrasse finden die Gespräche heuer statt - zu sehen ab 8. August immer montags um 21.05 Uhr auf ORF 2. Bei Schlechtwetter wird ins ebendort angesiedelte Ö3-Studio ausgewichen, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezogen ist.

Ob die Gelegenheit genutzt wird, mehr vom neuen Mediencampus in Szene zu setzen? "Wenn wir nicht zu Asche zerfallen, weil es auf der Terrasse 100 Grad Celsius hat, dann soll die Gelegenheit genutzt werden, das Gebäude mitspielen zu lassen. Aber ganz ehrlich, es geht nicht um ein Haus, sondern um ein Gespräch. Wir sind hier nicht bei MTV Cribs", schmunzelte der "ZiB 1"-Moderator.

Pötzelsberger führt die Interviews nach 2019 erneut. Anfangs habe er jedoch abgelehnt, weil die Gesprächsreihe "wahnsinnig" viel Arbeit bedeute und er nicht wusste, ob er erneut einen Sommer ohne Urlaub verbringen wolle. "Ich habe mir dann aber vor Augen geführt, dass es eines der wichtigsten politischen Interviews des Landes ist und ich es einfach machen will. Es wird aber eine Herausforderung, weil ich mit Ausnahme weniger Tage Vertretung auch die 'ZiB 1' moderiere."

Schmuck habe dagegen nicht lange überlegt und schnell zugesagt. Dabei handelt es sich für die 35-jährige Journalistin, die seit 2015 Teil der ORF-Radio-Innenpolitik-Redaktion ist und seit 2020 auch in der "Journal zu Gast"-Reihe auf Ö1 als Interviewerin agiert, um einen ihrer ersten TV-Auftritte. "Noch bin ich entspannt, und ich glaube, es wird auch so bleiben. Im Endeffekt handelt es sich bei den 'Sommergespräche' um ein Gespräch, und davon habe ich schon viele geführt", sagte sie.

Die beiden haben sich mittlerweile besser kennengelernt und sehen in Hinblick auf ihre Interviewführung Ähnlichkeiten. "Hartnäckig und doch verbindlich", habe ihren Stil einst ein Fernsehkollege beschrieben, so Schmuck. Pötzelsberger sieht seinen als "freundlich und insistierend" an. Gemeinsam bereiten sie einen Fragenkatalog vor, erst ganz am Schluss wird überlegt, wer in etwa welche Teile übernimmt.

Ein Interview zu zweit sehen sie, auch wenn es die eine oder andere Abstimmungsschwierigkeit geben könnte, als Vorteil an: "Es werden in diesem Fall zwei Köpfe, die viel über Innenpolitik wissen, nachdenken. Auch entsteht ein gewisser Freiraum. In dem Moment, in dem der andere fragt, kann man noch aufmerksamer und fokussierter zuhören und dann eventuell nachhaken", sagte Pötzelsberger.

Nachhaken sollte man etwa, wenn die Interviewten stark auf Politikerphrasen setzen. Wie schafft man es, diese am besten zu umschiffen? "Die beste Voraussetzung dafür ist ein langes Gespräch. Über eine Stunde hinweg kann man mit Phrasen nicht ganz so gut durchkommen", meinte Schmuck. Pötzelsberger vertraut auf unberechenbare Fragen - da falle dann manchmal die Fassade. "Aber ich mache mir keine Illusionen: Bei vielen Politikerinterviews steht der Versuch im Vordergrund, ihre eigenen Themen zu setzen und ihre eigene Botschaft durchzubringen. Das zu brechen, gelingt mitunter, manchmal aber auch nicht." Generell sieht er die Glaubwürdigkeit der Politik "stark unter Beschuss". "In der österreichischen Innenpolitik liegt einiges im Argen. Einiges wurde zerbrochen", so der Journalist des Jahres 2019.

Und wann ist ein "Sommergespräch" gelungen? "Wenn man als Zuseherin oder Zuseher etwas mitnimmt, etwas gelernt oder auch etwas Überraschendes gehört hat und sich dadurch ein besseres Bild von der Person und dem, was sie will, machen konnte", sagte Schmuck.

Ob dem der Fall sein wird, wird sich ab dem 8. August weisen. An dem Tag kommt NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger auf den Küniglberg. Es folgen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am 15. August, FPÖ-Chef Herbert Kickl am 22. August und SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner am 29. August. Den Abschluss am 5. September macht Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Jeweils im Anschluss analysiert Peter Filzmaier gemeinsam mit einer Printjournalistin oder einem Printjournalisten in der "ZiB 2" das Auftreten der Parteispitzen. Auf ORF III widmet sich Chefredakteurin Lou Lorenz-Dittlbacher ab 22.30 Uhr einer Nachbetrachtung des Geschehens, wobei sie ehemalige Politiker, Wegbegleiter und politische Beobachter zu Gast haben wird.

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  • "Die Herausforderungen unserer Zeit bedingen es, dass wir ein ernsthaftes Gespräch führen", so Schmuck.

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