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Nuku im Weltmuseum Wien: Reflexionen auf Sammlung und Konsum

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Konsum und Corona: Schon mit seiner ersten Installation in der Säulenhalle des Weltmuseums Wien zeigt der Maori-Künstler George Nuku, dass Kunst und Aktivismus eine beeindruckende Symbiose eingehen können. In der Ausstellung "Oceans. Collections. Reflections" begrüßt er die Besucher mit 19 von der Decke hängenden transparenten Kugeln, deren Stacheln aus alten "Dreh html5-dom-document-internal-entity1-amp-end Trink"-Flaschen bestehen. Auch in den Sälen der Sonderausstellung ist Plastik das vorherrschende Material.

Ein ungewöhnliches Setting im neobarocken Umfeld der Neuen Burg: "George Nuku hat das Weltmuseum verwandelt - aber nicht nur räumlich, sondern auch die Prozesse", spielte Weltmuseumsdirektor Jonathan Fine am Mittwoch bei der Presseführung zur Schau auf die Arbeit der vergangenen Monate an: Rund 170 Freiwillige waren am Entstehen der Ausstellung beteiligt und schufen gemeinsam mit dem 1964 geborenen Maori-Künstler jene Plastiklandschaften, in und mit denen Artefakte aus der Sammlung des Hauses nun präsentiert werden. "Wir sind als Institution ja nicht unbedingt dafür bekannt, besonders flexibel zu sein", so Fine. "Aber manchmal muss man bereit sein, aus der eigenen Haut hinauszuwachsen."

In sechs in unterschiedlichen Farben ausgemalten Räumen widmet sich Nuku Themen wie dem Ozean, der österreichischen Novara-Expedition, die auch in Neuseeland Halt machte (1857-1859) oder der Unterwelt. Den Anfang macht "Das große Blau" ("Te Moananui"): Nebst einem riesigen, bestickten Wal und Zeichnungen von Meerestieren widmet sich Nuku hier Artefakten wie etwa dem Kanu ("Waka"), das in drei unterschiedlichen Stationen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mittels des verwendeten Materials (Holz respektive Plastik) repräsentiert. Eine gänzlich andere Perspektive nimmt der Besucher im "Studierzimmer" im Nebenraum ein, der ganz der Novara-Expedition gewidmet ist. Auf die damalige koloniale Sammeltätigkeit angesprochen, zeigte sich Nuku gelassen: "Wenn es Diebstahl war, ist es Diebstahl. Aber ich denke, zu 95 Prozent wurden die Dinge verkauft, verschenkt oder getauscht."

Aber auch der umgekehrte Weg findet in der Ausstellung Platz, wenn Nuku sich jenen beiden Maori-Männern widmet, die 1858/59 Wien besuchten. Von Kaiser Franz Joseph I. erhielten sie eine Druckerpresse, die danach "zu einem entscheidenden Element der medialen Bemühungen wurde, anderen Stämmen und der ganzen Welt die Ungerechtigkeit der Invasion durch das britische Empire aufzuzeigen", wie Nuku erläutert.

Die aus der Sammlung ausgewählten Artefakte - Kleidungsstücke, geschnitzte Figuren oder ausgestopfte Tiere - treten angesichts der aus Plexiglas, Müllsäcken und Plastikflaschen aufgebauten Installationen fast in den Hintergrund, erhalten durch die punktuell gesetzte Beleuchtung allerdings umso mehr Strahlkraft. 80 Prozent der Ausstellung ist vor Ort entstanden, von den kunstvoll arrangierten Müllbergen bis zu den beeindruckend gravierten Plexiglasscheiben, die wiederum ornamentale Schatten werfen. Die Mitarbeit der Freiwilligen hat für Nuku noch eine weitere Bedeutung: "Die Ausstellung funktioniert wie ein Spiegel: Die Besucher sehen darin nicht nur den Exoten mit den lustigen Tattoos, sondern Leute wie sich. Die Menschen sind Vertreter der Werke. Sie starren nicht auf etwas aus der Vergangenheit, sondern auf etwas Bewegliches", so Nuku.

Apropos beweglich: Die Bewegung des Meeresspiegels in den kommenden Generationen macht der Künstler auch im Theseustempel im Volksgarten unter dem Titel "Bottled Ocean 2122" zum Thema, den er in eine beeindruckende Plastikunterwasserwelt verwandelt hat, die nur auf den ersten Blick durch ihre Schönheit verzaubert. Tintenfische, Schildkröten und Wasserpflanzen - alles Plastik.

(S E R V I C E - "Oceans. Collections. Reflections. George Nuku" im Weltmuseum Wien, 23. Juni bis 31. Jänner 2023. Infos unter www.weltmuseumwien.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Konsum und Corona: Schon mit seiner ersten Installation in der Säulenhalle des Weltmuseums Wien zeigt der Maori-Künstler George Nuku, dass Kunst und Aktivismus eine beeindruckende Symbiose eingehen können.
  • Eine gänzlich andere Perspektive nimmt der Besucher im "Studierzimmer" im Nebenraum ein, der ganz der Novara-Expedition gewidmet ist.
  • Aber ich denke, zu 95 Prozent wurden die Dinge verkauft, verschenkt oder getauscht."

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