APA/Limbus Vertlag (Cover)

"Neun seltsame Frauen": Erzählungen von Daniela Chana

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In der Bildenden Kunst hieße das Konzeptkunst, in der Musik wäre das wohl Programmmusik. Für ihren Erzählband "Neun seltsame Frauen" hat sich die 1985 geborenen Wienerin Daniela Chana vorgenommen, allen neun Musen jeweils eine eigene Geschichte zu widmen - von Thaleia, der Muse der Komödie, über Urania (Astronomie) und Klio (Geschichtsschreibung) bis zu Terpsichore, der Muse des Tanzes. Das Ergebnis ist deutlich weniger streng als das Konzept - und absolut lesenswert.

Die Bezüge zu den jeweiligen Namensgeberinnen der einzelnen Geschichten sind zwar da, aber keineswegs aufdringlich. Auffälliger sind die Gemeinsamkeiten: Chana versteht es, ihre Hauptfiguren interessant zu machen. Sie sind alles andere als durchschnittlich, und sie tragen oft gleich mehrere Geheimnisse mit sich, ohne, dass diese notwendigerweise im Laufe der Erzählung gelüftet werden. So intensiv sich die Autorin mit weltlichen Genüssen wie dem Essen auseinandersetzt, so leicht überschreitet sie immer wieder die Grenze zwischen Realismus und Märchen. Das ergibt immer wieder reizvolle Konstellationen, bei denen man im Lauf der Lektüre nie weiß, was einem hinter der nächsten Seite erwarten wird.

Das eine Mal entwickelt sich die Annäherung zwischen einem Starkoch und einer Tellerwäscherin auf einer zwar ungewöhnlichen und gekonnt mit knisternder Spannung angereicherten, doch letztlich konventionellen Ebene, das nächste Mal gerät bei einem Ausflug zweier junger Frauen, die einander anderntags im Hotel kennengelernt haben, immer wieder eine sensentragende Gestalt in schwarzer Mönchskutte ins Bild und verwandelt sich im Laufe des Tages eine der Frauen sukzessive, aber letztlich unübersehbar in eine Raubkatze. Dieses Motiv findet sich auch auf dem Cover des im Limbus Verlag herausgegebenen und wie immer liebevoll gestalteten Bandes.

Da gibt es die geheimnisvolle Dorf-Apothekerin, die einmal von einem berühmten Schriftsteller schwanger geworden sein soll und nun bei den von ihr veranstalteten Konzerten regelmäßig in Tränen ausbricht, oder die junge Frau, die sich zwischen ihren Liebhabern einfach nicht entscheiden kann. Da gibt es die Mutter, bei der sich nach 20 Jahren ein Jugendfreund meldet - mit dem Ansinnen, seine kurz bevorstehende Hochzeit zu vereiteln, weil in Wahrheit doch sie beide füreinander bestimmt seien, oder eine "unheimliche Frau", die in aller Unschuld den teils angezogenen, teils abgestoßenen Erzähler mit Spinnenfäden einzuhüllen scheint, sodass er nicht mehr von ihr loskommen kann.

Keine einzige dieser "neun seltsamen Frauen" wirkt harmlos, keine konventionell. Ob man ihnen im wirklichen Leben unbedingt begegnen möchte, ist nicht ganz sicher. Aber von ihnen zu lesen ist Genuss und Nervenkitzel zugleich. Daniela Chana hat ein Versprechen für die Zukunft abgegeben. Man freut sich schon jetzt auf ihr nächstes Buch.

(S E R V I C E - Daniela Chana: "Neun seltsame Frauen. Erzählungen", Limbus Verlag, 224 Seiten, 18 Euro)

ribbon Zusammenfassung
  • Auffälliger sind die Gemeinsamkeiten: Chana versteht es, ihre Hauptfiguren interessant zu machen.
  • Keine einzige dieser "neun seltsamen Frauen" wirkt harmlos, keine konventionell.

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