Menardi inszeniert "Richard III." am Akademietheater
Für Menardi ist das 1593 entstandene Werk, das als Teil der York-Tetralogie zu Shakespeares Historiendramen zählt, "ein Stück der Stunde", wie er im APA-Gespräch unterstreicht. Dennoch verzichtet er auf eine auf die Gegenwart gemünzte Aktualisierung. "Wenn man sich Richard ansieht, gibt es natürlich sehr viele Parallelen zu heute. Aber im Theater besteht die Möglichkeit, diese Parabelhaftigkeit einfach stehen zu lassen." Alle 50 Figuren werden dabei freilich nicht durch die komplexe Handlung führen, vielmehr stehen in der von Chefdramaturg Thomas Jonigk entwickelten, sich auf wenige Charaktere konzentrierenden Fassung neben Nicholas Ofczarek in der Titelrolle fünf Frauen auf der Bühne, die in unterschiedliche Rollen schlüpfen werden. Eine der wenigen Entscheidungen, die Menardi aus den ursprünglichen Planungen von Johan Simons übernommen hat.
Über die Riege der Burg-Stars zeigte er sich im APA-Gespräch höchst erfreut, stehen doch u.a. Dörte Lyssewski, Sarah Viktoria Frick und Sylvie Rohrer auf der Bühne. "Johan ist niemand, der stark mit Konzepten arbeitet, sondern er beginnt wirklich mit den Schauspielenden, Bühnen- und Kostümbildnern am ersten Probentag zu arbeiten", erklärt Menardi, der allein schon mit seinem Bühnenbild ein enges Konzept verfolgt. Somit habe er seine eigenen Ideen in der Inszenierung umsetzen können.
"Meine Bühnenbilder spiegeln meist eher einen Innenraum", gibt Menardi erste Einblicke. Er hat einen "gekachelten Schacht" geschaffen, der "eine Kälte ausstrahlt, aber auch nach einer merkwürdigen Traumlogik funktioniert". In jeder seiner Arbeiten gebe es physische Hindernisse, Spielmöglichkeiten oder Gedankenfreiräume. "Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich auch Schauspieler war und das Bühnenbild immer als Mitspieler sehe, der Dinge beeinflusst und an denen man sich abarbeiten muss." Während die Kostüme von Katrin Aschendorf ganz auf das elisabethanische Zeitalter verweisen, wird auf der Bühne auch ein Blick in die Zukunft geworfen. Richard III. stellt Menardi als Kumpanen einen Roboterhund zur Seite.
"Warum geht man diesem Mann auf den Leim?"
Die Entscheidung, das Umfeld Richards mit Frauen zu besetzen, trage auch dem Umstand Rechnung, dass Frauen im Stück mehr als die Männer eine Opposition zu Richard bilden. "Und mit dieser Setzung stärkt man das natürlich." Etwa dadurch, dass Richmond, der von allen fünf Frauen verkörpert wird, am Schluss zum Mörder Richards wird, "schwingt da die Frage mit, ob es vielleicht besser werden könnte, wenn es mal nicht immer 'the old white man' ist". Dabei will Menardi mehr Fragen stellen als Antworten liefern und dem Publikum Gedankenfreiräume ermöglichen. Schließlich gehe es bei Richard auch um einen großen Verführer und man beginne zu reflektieren, "warum geht man diesem Mann auf den Leim?"
Gemeinsam mit seinem Ensemble versucht Menardi, Machtstrukturen zu untersuchen und auch eine Gesellschaft, die überhaupt so einen Richard produzieren kann. "Er ist nicht der Einzige. Es braucht immer auch eine Gesellschaft, die auf Ungerechtigkeit oder Ungleichheit basiert und so etwas geschehen lässt. Ich glaube, das ist ein Punkt."
(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)
(S E R V I C E - "Richard III." von William Shakespeare im Akademietheater, Premiere am 21. November, 19.30 Uhr. Regie und Bühne: Wolfgang Menardi, Kostüme: Katrin Aschendorf. Mit Nicholas Ofczarek, Dörte Lyssewski, Dorothee Hartinger, Sarah Viktoria Frick, Katharina Lorenz und Sylvie Rohrer. Weitere Termine: 25. und 28. November, 7., 15. und 26. Dezember. www.burgtheater.at)
Zusammenfassung
- Wolfgang Menardi übernimmt kurzfristig die Regie und das Bühnenbild für 'Richard III.' am Akademietheater, nachdem Johan Simons krankheitsbedingt absagen musste.
- In der Inszenierung stehen Nicholas Ofczarek in der Titelrolle und fünf Frauen, die verschiedene Rollen übernehmen, auf der Bühne; das Bühnenbild zeigt einen 'gekachelten Schacht', und ein Roboterhund ergänzt das Geschehen.
- Premiere ist am 21. November um 19.30 Uhr, weitere Aufführungen finden am 25. und 28. November sowie am 7., 15. und 26. Dezember statt.
