Mehldau/Redman: Unfassbare Leichtigkeit des Brillant-Seins
Weniger Spektakel und mehr Konzentration auf Musik und Musikalität geht nicht: Bei aufgedrehtem Saal-Licht lag der Fokus permanent auf Mehldau und Redman - eine in Dunkel gehüllte Bühne mit Spots benötigen die beiden einfach nicht. Beim Opener "Always August" von Brad Mehldau griff der als Tenorsaxofonist "gebrandete" Redman zur Überraschung der Fans zum Sopransax - aber niemand bereute das. Im Lauf des Abends wurde klar: Das Sopran ist das "schnelle", das Tenor dagegen eher fürs Gemüt - unglaublich, wie weich Joshua Redman sein Instrument anbläst. Der 56-Jährige aus Berkeley in Kalifornien bringt es zuwege, dass sogar Nummern in Dur mollig klingen.
Die beiden Freunde agieren musikalisch wie kommunizierende Organismen, völlig intuitiv. Dabei könnten sie unterschiedlicher nicht wirken: Mehldau - wie immer casual im Sommerhemd über der Chino - vergräbt sich in den Bösendorfer, Redman elegant, hochgewachsen, im feinsten Anzug gestylt steht im optischen Mittelpunkt.
Aber das alles ist völlig nebensächlich: Insgesamt zwei Stunden - mit drei Zugaben-Sets für die Standing Ovations - regierte nur Jazz pur mit sehr viel Kommunikation und Improvisation zwischen Mehldau und Redman. Natürlich spielen die beiden überwiegend eigene Kompositionen - Joshua Redman hat gerade sein aktuelles Album "Words Fall Short" auf Blue Note released -, aber es darf sehr gerne auch z. B. eine geniale Mehldau/Redman-Interpretation von Thelonious Monk sein.
Wie weit die gemeinsamen Wurzeln der beiden Jazzstars zurückreichen, wird erst bei einem Blick ins Archiv (und in die persönlichen Erinnerungen) wirklich bewusst: Joshua Redman spielte am 3. September 1992 - 23-jährig - in Quartett-Besetzung im legendären "Wohnzimmer" der Jazzszene von NYC, dem Village Vanguard - er selbst am Tenorsax, an der Gitarre Pat Metheny, am Bass Charlie Haden und an den Drums Billy Higgins; nur eineinhalb Jahre später (für Aufnahmen am 8., 9. und 10. März 1994) war die Location dann die Power Station in New York - und mit dabei am Piano: Brad Mehldau, damals ebenfalls gerade mal 23.
(Von Werner Müllner/APA)
Zusammenfassung
- Brad Mehldau und Joshua Redman begeisterten am Mittwochabend erstmals als Duo im Wiener Konzerthaus, nachdem sie über drei Jahrzehnte lang gemeinsam Projekte realisiert hatten.
- Das Konzert dauerte insgesamt zwei Stunden und wurde vom Publikum mit drei Zugaben-Sets und Standing Ovations gefeiert.
- Im Mittelpunkt stand reine musikalische Kommunikation und Improvisation, wobei vorwiegend eigene Kompositionen sowie Interpretationen von Jazz-Standards wie Thelonious Monk gespielt wurden.