APA/APA (Leopold Museum)/Lisa Rastl

Leopold Museum nimmt zwei vergessene Künstler in den Fokus

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Es sind zwei Künstler, über die die Zeit hinweg gegangen ist: Emil Pirchan und Josef Maria Auchentaller. Nicht dass sie heute aus der Zeit gefallen scheinen, aber doch hat diese sie vergessen. Zumindest im Falle von Emil Pirchan durchaus zu Unrecht, wie nun das Wiener Leopold Museum in zwei neuen Ausstellungen eindrucksvoll unter Beweis stellt. Mit diesen beiden Schauen startet das Haus im Museumsquartier am Dienstag (8. Dezember) in die Post-Lockdown-Ära.

"Es ist die Ausstellung eines vergessenen Künstlers", unterstreicht Pirchan-Kurator Ivan Ristic unumwunden. Das mag auch daran liegen, dass der 1884 in Brünn geborene kreative Kopf Emil Pirchan sich in praktisch allen Genres verewigte und somit ein zu weit gespanntes Oeuvre schuf, als dass man ihn auf einen Stil festlegen könnte. Er war ein Universalkünstler im ureigensten Wortsinne.

1903 kam der junge Pirchan nach Wien, um hier Schüler des legendären Otto Wagner zu werden. Trotz mannigfaltiger Architekturskizzen über seinen Lebenslauf hinweg gelang es dem passionierten Möchtegernarchitekten jedoch nur, ein Projekt, ein schlichtes Wohnhaus in München, zu realisieren. In der Inneneinrichtung und dem Möbeldesign hingegen erschuf Pirchan durchaus fortschrittliche Umsetzungen, was auch für Alltagsobjekte wie einen Notenständer oder einen Blumentrog im frühen dänischen Nachkriegsdesign galt.

"Der Mut zur Schlichtheit zeichnete Emil Pirchan aus", sieht Kurator Ristic das Rote Band, das die verschiedenen Werke des Künstlers vereint, von denen man gut 200 im Leopold Museum versammelt hat. Ausgangspunkt war dabei eine klassische Geschichte von der wertvollen Entdeckung auf dem Dachboden, wo die Pirchan-Familie alleine 1.500 Gebrauchsgrafiken vorfand.

So hatte sich Pirchan spätestens mit seinem Wechsel nach München als Meister des künstlerischen Straßensujets etabliert. Werbemotive für Firmen, Aufführungsankündigungen oder Tourismussujets zeugen im Leopold Museum von der Vielfarbigkeit des damaligen Lebens, dessen Ausstaffierung Pirchan zur eigenen Kunstform erhob.

Und auch zum Theater zog es den umtrieben Kreativen, der 1918 Bühnenbildner am Bayerischen Staatstheater wurde, sich vor allem aber ab den 1920ern an der Seite von Leopold Jessner als Meister des expressionistischen Bühnenbildes in Berlin etablierte. Auch Regie führte Pirchan selbst bei ausgewählten Stücken in dieser Zeit. 1936 zog es ihn nach einigen Jahren am Deutschen Theater in Prag dann nach Wien, wo er als Hochschullehrer tätig war.

Und schließlich lag auch das geschriebene Wort dem Universalisten nahe, der fünf Romane veröffentlichte, die teils - wie "Der zeugende Tod" - auch verfilmt wurden. Am Ende seiner Laufbahn veröffentlichte er bis zu seinem Tod in Wien 1957 zahlreiche Sachbücher zur verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten.

Kleiner fällt im Vergleich die nebenliegende Schau "Inspiration Beethoven" aus, deren Kern die Rekonstruktion jenes Jugendstil-Musikzimmers bildet, das Josef Maria Auchentaller um 1898 für seinen Schwiegervater, den Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid, entwarf. Auch Auchentaller war lange in München tätig, bevor er sich 1898 der Wiener Secession anschloss und hier seine Sprache fand. "Er brachte den eigentlichen Jugend-Stil mit nach Wien", so Kurator Dominik Papst.

Auchentallers fünf Gemälde spiegeln die fünf Sätze der 6. Symphonie Beethovens wider. Die "Pastorale" war das dominante Thema des Musikzimmers, wobei die Bilder um Flügel und Schmuckfenster ergänzt wurden. Die Villa im Cottage-Viertel wurde von den Scheids allerdings bereits wenige Jahre später verlassen. In dem Haus, in dem sich heute die südkoreanische Botschaft befindet, erinnert nichts mehr an den damaligen Zweck des Raumes, der nun im Leopold Museum rekonstruiert wurde.

Ein Exkurs über den Geniekult rund um Beethoven flankiert diesen Raum, wobei hier die legendäre Beethoven-Ausstellung in der Secession im Fokus steht. Schließlich hatte der 1865 in Wien geborene Auchentaller als Pendant zu Klimts Beethoven-Fries damals die gegenüberliegende Räumlichkeit mit dem Wandbild "Freude, schöner Götterfunken" ausgestattet. So gelingt dem Leopold Museum gerade noch rechtzeitig im laufenden Beethoven-Jubiläumsjahr eine Hommage an den Jugendstil und den kompositorischen Jahresregenten.

(S E R V I C E - "Emil Pirchan. Visuelle Revolution" und "Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900" von 8. Dezember bis 5. April 2021 im Leopold Museum, Museumsplatz 1, 1070 Wien. Begleitender Katalog "Emil Pirchan. Ein Universalkünstler des 20. Jahrhunderts", hrsg. von Beat Steffan, Nimbus Verlag, 45 Euro. ISBN: 978-3-03850-042-1. www.leopoldmuseum.org)

ribbon Zusammenfassung
  • Es sind zwei Künstler, über die die Zeit hinweg gegangen ist: Emil Pirchan und Josef Maria Auchentaller.
  • Zumindest im Falle von Emil Pirchan durchaus zu Unrecht, wie nun das Wiener Leopold Museum in zwei neuen Ausstellungen eindrucksvoll unter Beweis stellt.
  • So hatte sich Pirchan spätestens mit seinem Wechsel nach München als Meister des künstlerischen Straßensujets etabliert.
  • Auch Regie führte Pirchan selbst bei ausgewählten Stücken in dieser Zeit.

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