APA/APA/Belvedere/Johannes Stoll

Kunst ohne Konvention: Tamuna Sirbiladze im Belvedere 21

0

Es ist die erste umfassende Retrospektive zum Œuvre von Tamuna Sirbiladze, schöpft dabei aber gleich aus dem Vollen: Das Belvedere 21 widmet der georgisch-österreichischen Künstlerin, die 2016 im Alter von nur 45 Jahren verstarb, eine Schau, die nicht nur die Malerei der Künstlerin würdigt, sondern auch deren Zeichnung und Installationen. Insgesamt 100 Arbeiten sind dabei versammelt, die eine Frau zeigen, die sich ihre künstlerische Stimme vielgestaltig erarbeite.

Für Kurator Sergey Harutoonian umschreibt der Werktitel "Not Cool but Compelling" (nicht cool, aber zwingend) perfekt die Arbeitshaltung der Künstlerin, weshalb er den Satz auch als Titel der Retrospektive gewählt habe. Es gehe um eine Vorstellung von Kunst, die sich nicht den Konventionen der Zeit unterwerfe, sondern diese in einer ganz eigenen Form fasse.

Dies lag nicht zuletzt am gewundenen Lebensweg Sirbiladzes begründet, wurde die spätere Künstlerin doch am 12. Februar 1971 in Georgiens Hauptstadt Tiflis geboren. Ihren künstlerischen Weg begann Sirbiladze dort Ende der 1980er an der Akademie, damals noch meist figurativ arbeitend. 1997 folgte die Übersiedlung nach Wien, wo sie ihr Studium an der Akademie der bildenden Künste fortsetzte.

In dieser Zeit lernte sie den bedeutend älteren Franz West kennen und lieben. 2002 heiratete das Künstlerpaar, das bis zu Wests Tod 2012 auch in mehreren Projekten kooperierte. Dies dokumentiert im Belvedere 21 die Rauminstallation "Moonlight" (1998-2001), in der Malerei und Skulptur verschmolzen sind.

Zu dieser Zeit hatte sich die junge Malerin bereits wieder von der zwischenzeitlich umarmten Abstraktion abgewandt und sich auf die Figuration besonnen. Sirbiladze gilt noch heute als eine Proponentin des "Bad Painting", verzichtet sie doch konsequent auf die Demonstration ihrer Fähigkeiten im Bild selbst. Hauptthemen sind dabei der weibliche Körper, die Sexualität und die Verletzlichkeit dieses Konstrukts. Werke wie "Kotzen" (2005), "My Rapist" (2006) oder "Suicide Painting" (2007) stehen für diesen Aspekt im Schaffen der Künstlerin. Zugleich schuf sie ganze Serien, in denen sie sich mit der Kunstgeschichte auseinandersetzte.

Diese Vielgestaltigkeit wird im Belvedere 21 in fünf Kapiteln chronologisch nachgezeichnet. Es beginnt mit kleinformatigen Arbeiten aus Tiflis, geht über die intensive Beschäftigung mit der Bildwelt des Internets in Wien, die Sirbiladze in Malerei transformierte und zeigt auch Arbeiten aus der späten Schaffensphase. Hierbei rückten für Sirbiladze georgische Symbolik oder private Bezugsrahmen wie Zeichnungen ihrer Kinder ins Zentrum.

Just als der Ruhm der Künstlerin im Steigen begriffen war, unterbrach eine Krebserkrankung diesen Weg, und Tamuna Sirbiladze verstarb am 2. März 2016 in Wien. "Sie hat ein Œuvre hinterlassen, das voller Esprit, Humor und Radikalität im Umgang mit dem malerischen Medium doch immer wieder die Frage nach dem 'Was, wäre wenn?' aufwirft, die unbeantwortet bleiben muss", würdigte Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig die Künstlerin.

(S E R V I C E - "Tamuna Sirbiladze. Not Cool but Compelling" von 22. März bis 11. August im Belvedere 21, Wien 3, Arsenalstraße 1, Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Dazu erschienen "Tamuna Sirbiladze. Not Cool but Compelling", hrsg. von Stella Rollig und Sergey Harutoonian, König Verlag Köln, 240 Seiten, 29,80 Euro. www.belvedere.at/tamuna-sirbiladze)

ribbon Zusammenfassung
  • Im Belvedere 21 wird die erste umfassende Retrospektive der georgisch-österreichischen Künstlerin Tamuna Sirbiladze präsentiert, die über 100 ihrer Werke umfasst.
  • Die Ausstellung 'Not Cool but Compelling' zeigt Sirbiladzes unkonventionellen Kunstansatz, der sich durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper und der Kunstgeschichte auszeichnet.
  • Sirbiladze, die 2016 im Alter von 45 Jahren verstarb, hinterlässt ein vielschichtiges Werk, das im Belvedere 21 bis zum 11. August zu sehen ist und in einer begleitenden Publikation für 29,80 Euro dokumentiert wird.