Jubel für Premiere von Rossinis "Guillaume Tell" in Linz
In erster Linie galt die Begeisterung gewiss der musikalischen Qualität, beginnend bei der populären Ouvertüre, mit kammermusikalisch berührender Einleitung und darauf folgender Bläserattacke. Unter der souveränen musikalischen Leitung von Enrico Calesso zeigte sich das Bruckner Orchester Linz auf gewohnt höchstem Niveau, dem auch die sängerischen Leistungen der Solistinnen und Solisten sowie Chor und Extrachor des Landestheaters Linz in den Massenszenen entsprachen.
Die Inszenierung von Georg Schmiedleitner verbindet durchaus akzeptabel die Lage der unterdrückten Schweizer Kantone im Mittelalter mit Bezügen zu Machtausübung, Gewalt und Tod in der Gegenwart. Statt Waffengewalt wird subtil künstliche Intelligenz eingesetzt. Lediglich zum berühmten Apfelschuss Tells wird eine Armbrust verwendet. Im ersten Akt stellt ein riesiger Baumstamm einen Bezug zu ländlicher Natur her. In der Folge ist es die sterile Welt machtausübender Tech-Konzerne.
Die von Harald B. Thor gestaltete Bühne dominieren auf drei Seiten hohe durchscheinende Wände, gelegentlich ergänzt von einem Enge und Kälte ausstrahlendem Container. Tanja Hofmanns Kostüme bringen die Ärmlichkeit, aber Buntheit des Schweizer Volks gegenüber der in Weiß und Glitzer gehaltenen Macht-Welt zum Ausdruck.
Hohe musikalische Qualität
Neben der hohen musikalischen Qualität des Orchesters lassen auch die sängerischen und darstellerischen Leistungen keine Wünsche offen. Auf Schweizer Seite sind dies Adam Kim, mächtig in Stimme und Darstellung als Guillaume Tell, SeungJick Kim als höhensicher überragender Arnold Melcthal, und Gregorio Changhyun Yun als brutaler Unterdrücker Gesler, sowie in weiteren Partien Dominik Nekel, Michael Wagner, Chanyang Kwon, Christian Drescher. In der Partie der Mathilde begeistert Erica Eloff mit strahlendem Sopran und berührender Gestaltung als ein weiteres Beispiel ihrer überragenden Qualität. Fenja Lukas als Tells Sohn mit jugendlichem Mut und Angela Simkin als Tells Gattin sowie die Sänger kleinerer Partien vervollständigen das tadellose Ensemble.
Nach dreieinhalb Stunden (ohnehin um eine weniger als ungekürzt) gab es grenzenlosen Jubel für alle Beteiligten auf der Bühne und im Orchestergraben (diesmal erfreulich angehoben und somit fürs Publikum weitgehend sichtbar), hier sogar Sonder-Applaus fürs Solo-Cello und Solo-Flöte bei der Ouvertüre.
(Von Wolfgang Katzböck/APA)
(S E R V I C E - "Guillaume Tell" von Gioachino Rossini. Musikalische Leitung: Enrico Calesso, Regie: Georg Schmiedleitner, Bühne: Harald B. Thor, Kostüme: Tanja Hofmann. Mit u.a.: Adam Kim (Tell), SeungJick Kim (Arnold Melcthal), Dominik Nekel (Walter Furst), Michael Wagner (Arnolds Vaterl), Fenja Lukas (Jemmy), Gregorio Changhyun Yun (Gesler), Christian Drescher (Rodolphe), Jonathan Hartzendorf (Ruodi), Chanyang Kwon (Leuthold), Erica Eloff (Mathilde), Angela Simkin (Hedwige). Musiktheater Linz, nächste Vorstellungstermine: 27. Mai, 14. und 22. Juni, Wiederaufnahme am 12. September, www.landestheater-linz.at)
Zusammenfassung
- Nach fast 40 Jahren wurde Rossinis Oper 'Guillaume Tell' am Samstag im Musiktheater Linz wieder aufgeführt und vom Publikum mit uneingeschränktem Jubel gefeiert.
- Das Bruckner Orchester Linz unter Leitung von Enrico Calesso sowie die Solist:innen, darunter Adam Kim, SeungJick Kim und Erica Eloff, überzeugten mit höchster musikalischer und darstellerischer Qualität.
- Die Inszenierung von Georg Schmiedleitner verband mittelalterliche Themen mit aktuellen Bezügen zu Macht und künstlicher Intelligenz, das Bühnenbild und die Kostüme unterstrichen den Kontrast zwischen Volk und Machtwelt.