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Innsbrucker Festwochen: Barockoper und Puppenspiel

09. Aug. 2025 · Lesedauer 4 min

Die Oper "Ifigenia in Aulide" von Antonio Caldara hat Freitagabend bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik in der Regie von Anna Fernández und Santi Arnal und unter der musikalischen Leitung von Ottavio Dantone am Tiroler Landestheater ihre Premiere gefeiert. Die Barockoper mit Stoff aus der griechischen Mythologie wurde in Innsbruck mit Puppenspielelementen und Tanzszenen angereichert. Dazu musizierte ein beherztes Festwochenorchester mit glänzenden Sängern.

Rein auf der musikalischen Ebene gäbe es damit bei der dreiaktigen Oper schon viel zu hören und zu erleben: Die "Accademia Bizantina" - das hauseigene Orchester des musikalischen Leiters der Festwochen, Dantone - agierte in diesem Jahr etwa weit weniger schaumgebremst als im Festwochenjahr zuvor bei "Cesare in Egitto" von Geminiano Giacomelli. Das mochte auch an der Vorlage selbst liegen, denn "Ifigenia in Aulide" war offenbar ein Musikwerk, das verstärkt zupackendes und energetisches Musizieren ermöglichte.

Rein bei der musikalisch sehr gelungenen Umsetzung des schillernden und harmonisch reichhaltigen Opernwerks wollten es die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik und Dantone selbst aber ganz offensichtlich nicht belassen. Ein Kunstgriff wurde aufgeboten: Puppenspielelemente unter der Konzeption von Anna Fernández und Santi Arnal von der Companyia Per Poc mussten her, um sowohl Stoff als auch Musik noch einmal ordentlich auffetten. Dass dazu auch noch ein paar wenige Tanzpassagen kamen, galt es zudem zu akzeptieren. Vor allem letztere waren jedenfalls willkommene Elemente in einer Oper, die sich mit über drei Stunden Nettospielzeit vor allem gegen Ende hin dann doch etwas zog.

All das passierte aber natürlich nicht rein des Gags und des Kunstgriffs selbst Willen. Vielmehr gelang es mit dem Puppenspiel und dem freien und befreienden Tanz eine weitere symbolische Ebene einzuziehen: Die Puppen waren haptischer Ausdruck einer Vielzahl von Abhängigkeiten vor allem der Frauen von Männern, Umständen und der Gesellschaft insgesamt in komplexen und traditionsbewussten Barockzeiten.

So zerrieb es beispielsweise die Titelrolle Ifigenia zwischen Vater, Vaterland und versuchter Autonomie und auch die Königin von Mykene, Clitennestra, war überraschend wenig unabhängig. Vielmehr machten es sich der König von Mykene und oberster Befehlshaber der Griechen, Agamennone, und Held bzw. Brautwerber Achille gewissermaßen selbst aus, welche Frau wen lieben oder heiraten und welche Frau für welche Gottheit geopfert werden sollte.

Gesanglich überzeugend

Vor dem Hintergrund der Geschichte, in der die Göttin Diana mit dem Opfer von Ifigenia, der ältesten Tochter von Agamennone,besänftigt werden soll, während eine verwinkelte Liebesgeschichte rund um Achille und Elisena kontrastierend in Stellung gebracht wird, gab es allerhand zu genießen. Das wandelbare und einladende Bühnenbild etwa, die zum Teil fast lebensgroßen Puppen, die die Gefühle der weiblichen Rollen präzise zum Ausdruck brachten, sowie natürlich die Sängerinnen und Sänger selbst: Grandios und emotional ausdifferenziert etwa Marie Lys als Ifigenia oder ein stimmgewaltiger Martin Vanberg als Agamennone, der alle Stimmregister zog. Auch die beiden Countertenöre wussten mehr als nur zu überzeugen: Carlo Vistoli gab einen pointierten Achille, während Filippo Mineccia einen mitreißenden Teucro gab. Großartig auch: Shakéd Bar als Clitennestra.

Das Publikum im bestens gefüllten "Großen Haus" des Landestheaters quittierte die sängerischen Leistungen, Bühnenbild, Regie und Orchester inklusive dessen Leiter Dantone mit lautem und lang anhaltendem Applaus. Stehovationen oder allzu heftige Bravo-Rufe blieben hingegen aus.

(Von Markus Stegmayr/APA)

(S E R V I C E - "Ifigenia in Aulide" von Antonio Caldara, Libretto: Apostolo Zeno. Regie: Anna Fernándenz und Santi Arnal. Musikalische Leitung: Ottavio Dantone, Bühne und Kostüme: Alexandra Semenova. Mit: Marie Lys (Ifigenia), Martin Vanberg (Agamennone), Shakéd Bar (Clitennestra), Carlo Vistoli (Achille), Neima Fischer (Elisena), Laurence Kilsby (Ulisse), Filippo Mineccia (Teucro), Giacomi Nanni (Arcade), Ivan Terpigorev und Berta Marti (Puppenspiel), Orchester Accademia Bizantina. Weitere Vorstellungen am 10. August um 16.00 Uhr und am 12. August um 19.00 Uhr. https://www.altemusik.at/de)

Zusammenfassung
  • Die Barockoper 'Ifigenia in Aulide' von Antonio Caldara wurde am Freitagabend mit Puppenspielelementen und Tanzszenen bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik am Tiroler Landestheater uraufgeführt.
  • Das Publikum zeigte sich begeistert und spendete langen Applaus, während weitere Vorstellungen am 10. August um 16:00 Uhr und am 12. August um 19:00 Uhr stattfinden.