Humor und Absurdität als Paniklösungen bei Ars Electronica
Von der Decke hängende tropfenförmige Lampen aus buntem Glas leuchten immer dann auf, wenn jemand von der damit verbundenen Kamera im Innenhof des Gebäudes etwa durch Händchenhalten, Umarmen oder Küssen Emotionen im öffentlichen Raum ausdrückt. Die Lichtstärke spiegelt die emotionale Intensität wider, Gefühle im urbanen Raum werden sichtbar gemacht und auch gespeichert. In "The Falling City" der Künstlerin Barrios fördert die oft Panik erzeugende Technologie das Positive.
Am anderen Ende der Panik-Skala wartet gleich zu Beginn des Rundgangs das Aushängeschild der Ausstellung auf den Besucher. "Dynamics of a Dog on a Leash" des Japaners Takayuki Todo lässt einen Roboterhund verzweifelt an seiner massiven Kette zerren, zunehmend panischer reagieren bis hin zum Zusammenbruch. Bemerkenswert dabei, wie er das Mitgefühl und die Emotion des Zusehers anspricht, obwohl es sich technisch nur um eine algorithmus-gefütterte Maschine handelt.
Die Installation "Liminal Ring" des Koreaners Jin Lee widmet sich dem Verlangen, das natürliche Chaos zu ordnen, das Unkontrollierbare zu beherrschen - und zeigt dabei die Grenzen auf. 384 präzise eingestellte Ventilatoren erzeugen hier ringförmige Luftströme und bilden flüchtige Formen. Sie würden "die Schönheit sowie Sinnlosigkeit menschlichen Eingreifens zeigen", hieß es.
Konsumkritik mit Witz
Den Kommerz, das aggressive Marketing und die Abstrusitäten der Konsumgüterindustrie karikiert das britische Künstlerkollektiv Marshmallow Laser Feast in "Sweet Dreams". Anhand der fiktiven Fastfoodkette "Real Good Chicken Company" stellt die Doppel-Installation die Absurdität des Marketings bloß, lässt das Publikum aber auch die Arbeitsbedingungen auf humorvoll-erschreckende Weise erfahren - ein "Cartoon-Spiegel auf die Gesellschaft", wie es die Künstler bezeichnen.
Die Installation "On Air" lädt die Besucher ein, Wörter und Sätze einzusprechen, die in einem Ballon gespeichert werden. Hat dieser seine Kapazitätsgrenze erreicht, entlässt er die Töne wieder über ein kunstvoll erweitertes, posaunenartiges Blechblasinstrument. Mit Hilfe einer Membran mutieren die akustischen Signale zu einem Lichtstrahl, der sich im Rhythmus flackernd seinen Weg durch den Raum bahnt und so die eigene Stimme zum Leuchten bringt.
"World at Stake" - Was auf dem Spiel steht
Als Abschluss der Schau im Bunker des alten Postverteilerzentrums, das dieses Jahr vom Festival zum letzten Mal als Hauptlocation bespielt werden kann, stellt sich die breitwandige Videoinstallation "World at Stake" von Total Refusal aus Wien dem Thema Panik. In drei Sequenzen findet entweder ein absurdes Fußballspiel statt, eine Rennsituation im Auto, bei der die Teilnehmer nicht wissen, wo es lang geht, sowie eine Szene im Flugzeug, das niemals zu landen scheint. "Wir brauchen Humor und Absurdität in Zeiten von Panik und Krisen, um uns wieder freiszuspielen. Das kann über die Kunst gelingen", sagte Ko-Kuratorin Manuela Naveau.
Die Ausstellung wolle das Spannungsfeld von Panik als Gewissheit sowie Vorahnung der Krise zur Schau und in Frage stellen, sagte Naveau. Es stelle sich die Frage, ob Panik nicht auch etwas Positives sein könne - eine Kraft, um uns weiterzuentwickeln. Die Projekte behandeln Krisen-Phänomene wie etwa Klimawandel, Krieg, politische und technologische Spektakel, soziale Ungleichheit, künstlich erzeugte Bedürfnisse und wachsende Kontrolle.
(S E R V I C E - "PANIC yes/no" Ars Electronica Festival 2025 von 3. bis 7. September in Linz, PostCity und andere Orte, Programm und Tickets unter http://ars.electronica.art)
Zusammenfassung
- Die Themenausstellung "PANIK: Komplex. Absurd. Ominös." beim Ars Electronica Festival 2025 in Linz zeigt ab 3. September insgesamt 37 Projekte, die kollektive Panik und alternative Szenarien künstlerisch untersuchen.
- Zu den Highlights zählen eine Installation mit 384 Ventilatoren, die das menschliche Bedürfnis nach Ordnung thematisiert, sowie ein Roboterhund, der Panik und Mitgefühl auslöst, und humorvolle Konsumkritik durch eine fiktive Fastfoodkette.
- Ko-Kuratorin Manuela Naveau betont, dass Humor und Absurdität in Zeiten von Panik und Krisen helfen können, und die Ausstellung fragt, ob Panik auch eine positive Kraft zur Weiterentwicklung sein kann.