APA/Barbara Pálffy / Volksoper Wien

Holpriger Volksopern-Neustart mit "Der Teufel auf Erden"

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Dreiköpfig wackelt der Mops Zerberl durch die Jahrhunderte, seine Spürnase auf den Fersen des Teufels selbst. Und kein anderer als Volksopern-Direktor Robert Meyer stolpert ihm als Knecht Ruprecht am anderen Ende der Leine hinterher. Mit "Der Teufel auf Erden" von Franz von Suppé hat das Haus am Gürtel gestern, Mittwoch, gleich den ersten Öffnungstag nach dem Lockdown für eine Premiere genutzt. Nach der langen Zwangspause ist Nachsicht geboten - hier benötigt man viel davon.

Theater braucht Theater: Bühnenkunst entsteht aus der quirligen Lebendigkeit eines Opernbetriebs, aus harter Probenarbeit und tagtäglichem Handwerk im Scheinwerferlicht. Direkt aus der Corona-Lähmung die Bühne zu betreten ist ein heikles Unterfangen, das einiges an Knarren und Knirschen im Gebälk einer Inszenierung, in der Geschmeidigkeit der Gesangs- und Musikwerkzeuge erwarten lässt. Dazu kommen weiterhin berechtige Sicherheitsbedenken: Choristen, die als verurteilte Corona-Gefährder monatelang zum Stillhalten gezwungen waren, bestreiten nun sowohl Proben als auch Aufführung unter textschluckender FFP2-Decke. Im Orchestergraben, in dem nicht einmal ein einziger Babyelefant Platz hätte, wird ebenfalls maskiert musiziert.

Freilich könnte man fragen, warum als erste Produktion nach dem Lockdown überhaupt ein Stück mit Chor und großer Bläserbesetzung gewählt wurde. Insbesondere, weil die Wahl des Programms sich auch sonst so gar nicht erschließen will. Die dröge Posse um den Leibhaftigen, der aus der viel zu fröhlichen Hölle durchgebrannt ist, um seinen Spaß auf der entschieden bösartigeren Erde zu treiben, haben Regisseur Hinrich Horstkotte und Texter Alexander Kuchinka weitgehend neu geschrieben, Figuren erfunden, die Handlung bis in die Gegenwart gestreckt. An der Volksoper wurden mit dieser Methode immer wieder überraschende Preziosen aus der Mottenkiste des Operettenrepertoires geholt. Diesmal ist es schief gegangen.

Kann man sich als Gegenwarts-Theatermacher für einen dümmlichen Plot oder ein antiquiertes Frauen- und Männerbild normalerweise auf das Libretto ausreden, wiegt der Vorwurf bei einem eigenes neu geschriebenen Textbuch umso schwerer. Der Teufel, vom Höllenknecht Ruprecht durch die Jahrhunderte gesucht und gejagt, um ihn in die Hölle zurückzulotsen, tarnt sich zunächst als Oberin eines Nonnenklosters, später als Militärkommandant und ist in der Jetztzeit plötzlich nicht mehr auszumachen. Wir finden uns in der Tanzschule Elmayer wieder (Pardon, Höllmayer) und treffen auf zickige Jugendliche mit Smartphone. Die Botschaft: Die jungen Leute sind so teuflisch, die ganze Generation so verlottert, da steckt er in jedem. Ok Boomer.

Auf eine Wertung der musikalischen Leistungen des Abends sei aus bereits erwähnten Gründen verzichtet, der Mangel an Witz und Geschmack in Buch und Inszenierung ist allerdings auch jenseits von Corona-Nachsicht nicht entschuldbar. Gesungen und gespielt haben an diesem Abend Theresa Dax und Johanna Arrouas als dreifach auftretendes Damen-Duo, David Sitka und Carsten Süss als männliche Gegenparts, Michael Havlicek, unter anderem als Tanzschuldirektor, Christian Graf als überdrehter Engel und Marco di Sapia als versatiler Teufel.

Und natürlich der Leading Man: Dass Robert Meyer in seiner vorletzten Saison nach 14 Jahren an der Spitze des Hauses nach wie vor selbst das stärkste Mitglied seines Ensembles ist, und ein paar seiner schlichten, böse Polit-Gstanzeln an der Bühnenrampe für mehr Heiterkeit sorgen, als das ganze inszenierte Bahö, kann ihm als Künstler und Publikumsliebling, nicht aber als Direktor ein Kompliment sein.

(S E R V I C E - "Der Teufel auf Erden" von Franz von Suppé. Regie: Hinrich Horstkotte. Dirigent: Alfred Eschwé. Mit Robert Meyer, Christian Graf, Theresa Dax, Johanna Arrouas, David Sitka, Carsten Süss, Marco Di Sapia, Michael Havlicek. Weitere Termine im Mai: 22., 25.,28., 19 Uhr. Volksoper Wien. www.volksoper.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Dreiköpfig wackelt der Mops Zerberl durch die Jahrhunderte, seine Spürnase auf den Fersen des Teufels selbst.
  • Und kein anderer als Volksopern-Direktor Robert Meyer stolpert ihm als Knecht Ruprecht am anderen Ende der Leine hinterher.
  • Mit "Der Teufel auf Erden" von Franz von Suppé hat das Haus am Gürtel gestern, Mittwoch, gleich den ersten Öffnungstag nach dem Lockdown für eine Premiere genutzt.