Heinz Lederer ist neuer ORF-Stiftungsratsvorsitzender
"Heinz Lederer verfügt eindeutig über enorme fachliche Erfahrung. Er ist ein Kommunikations- und Medienprofi", sah Lockl den neuen Vorsitzenden "prädestiniert" für seine künftige Rolle. Lederer sprach nach erfolgter Wahl vor Journalisten von einem "heißen Sommer". Der gesetzlich eingefrorene ORF-Beitrag bringe "wirklich hohe Lasten" mit sich. "Wir werden uns sehr intensiv damit beschäftigen, welche Schritte nun zu treffen sind", sagte der Neo-Stiftungsratsvorsitzende.
Sehr wichtig sei ihm, dass es nicht zu einem "personellen Kahlschlag" komme. Auch erachtet er das ORF-Programm als zentralen Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Lederer will zudem den Stiftungsrat öffnen. So werden Studientage eingeführt, an denen etwa Herausgeber oder Medienexperten eingeladen werden, um die Zukunft des Medienstandorts zu besprechen. An einem ersten Schwerpunkttag soll Künstliche Intelligenz (KI) im Mittelpunkt stehen.
Mit den privaten Medienhäusern im Land will Lederer einen "sehr vernünftigen Umgang pflegen". Ohne sie seien die Herausforderungen am Medienstandort nicht mehr zu schultern. Speziell der voranschreitende Werbemittelabfluss an große internationale Player besorgt ihn.
Schütze als stv. Stiftungsratsvorsitzender
Zum stv. Vorsitzenden wurde Gregor Schütze mit 33 Stimmen bei einer Enthaltung gewählt. Der 41-Jährige war einst Pressesprecher der damaligen Innen- und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), bevor er nach einem Zwischenstopp in der Geschäftsleitung des Privatsenders ATV ein Kommunikationsunternehmen gründete, das in PR-Fragen berät. "Uns war wichtig, dass es eine erste Arbeitssitzung ist, nicht nur ein erstes konstituieren", so Schütze im Anschluss an die Sitzung, die über sechs Stunden dauerte. Er sieht auf das Medienhaus "schwierige Einschnitte" zukommen.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann bezeichnete es als besonders wichtig, einen Stiftungsrat an seiner Seite zu wissen, der fordere, aber auch unterstütze. "Ich bin zuversichtlich, dass das gut funktionieren wird", sagte er.
Über 100 Millionen Euro Einsparbedarf
Der ORF-Chef sprach von einem Sparpaket im "niedrigen dreistelligen Millionenbereich" für die Jahre 2027 bis 2029. Bereits jetzt werde an Maßnahmen gearbeitet. "Wir sind sparen gewöhnt und werden es meistern", zeigte er sich zuversichtlich, dass sich das Publikum weiterhin auf "Programm, Programm, Programm" freuen könne. Das heurige Jahr werde man mit Blick auf die Finanzen voraussichtlich "leicht positiv" abschließen.
Stolz verwies Weißmann auch darauf, dass das seit einem Jahrzehnt vorangetriebene Standortprojekt Mediencampus nicht so viel kosten werde, wie ursprünglich budgetiert. 303,7 Millionen Euro waren vorgesehen, bei rund 290 Millionen Euro werde man mit Jahresende liegen - und das trotz gestiegener Baukosten von bis zu 30 Prozent, so Weißmann. Das Portierhaus, das in einer der vergangenen Sitzungen für Aufregung gesorgt hatte, "hält noch einige Jahre aus". Es werde Stand jetzt vorerst nicht saniert, sagte Weißmann.
ESC als "große Challenge"
Als "große Challenge" bezeichnete er einmal mehr, dass der Eurovision Song Contest (ESC) 2026 in Österreich stattfinden werde. "Wir werden es nicht so groß anlegen können wie die Schweizer", sagte der ORF-Chef. Es werde aber daran gearbeitet, so einen "tollen ESC" wie einst in Wien wieder ausrichten zu können. Das Motto laute: "Sparsam, aber spektakulär."
Einstimmig angenommen wurde in der Stiftungsratssitzung ein Antrag von Stiftungsrat Thomas Prantner, wonach die ORF-Geschäftsführung einen Vorschlag zur Neuregelung der Inseratenvergabe und dem Abschluss von Gegengeschäften erarbeiten solle. Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Inseratenschaltungen wurden dabei nicht angezweifelt, nur sollten diese nach klaren, objektiven und transparenten Kriterien vergeben werden, wobei auf Effizienz und Sparsamkeit gesetzt werden müsse. Empfohlen wird die Mitwirkung von externen Experten bei der Ausarbeitung einer neuen Dienstanweisung.
Rechtliche Zweifel
Vor der Wahl hatte der von der FPÖ entsandte Stiftungsrat Peter Westenthaler eine Vertagung der Sitzung beantragt, was jedoch abgelehnt wurde. Westenthaler vermutet, dass das Gremium nicht rechtmäßig zustande gekommen sei.
Ähnliche Zweifel hegt auch die Universitätenkonferenz (uniko) in einer Aussendung. Denn vom ORF-Publikumsrat wurden Anfang Juni neun Personen in den ORF-Stiftungsrat entsandt. Dabei wählten auch Gertrude Aubauer und Beatrix Karl mit. Sie zogen sich kurz darauf wegen des Verdachts der Unvereinbarkeit zurück - Aubauer auch von ihrer Position als Stiftungsrätin. Beide bekleiden Funktionen in ÖVP-Teilorganisationen. Das ORF-Gesetz schließt jedoch Personen mit politischen Funktionen für die ORF-Gremien aus.
Die Positionen von Karl und Aubauer wurden von der Bundesregierung im Publikumsrat mittlerweile nachbesetzt, wobei mit Markus Fallenböck u.a. auf einen Vorschlag der uniko zurückgegriffen wurde. Die uniko gratuliert dem Vizerektor der Uni Graz zu seinem Publikumsratsmandat, will aber nun auch im Hinblick auf ihre weiteren rechtlichen Schritte prüfen, "welche Auswirkungen Karls Rücktritt auf die Bestellung des Stiftungsrats hat".
ORF-Wahl 2026
Die Funktionsperiode des Stiftungsrats dauert vier Jahre, wobei das Gremium u.a. alle fünf Jahre den ORF-Generaldirektor und kurze Zeit später auf dessen Vorschlag höchstens vier Direktoren und neun Landesdirektoren bestellt. Das nächste Mal ist es 2026 soweit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Zusammenfassung
- Heinz Lederer ist zum neuen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats gewählt worden und erhielt 32 Stimmen bei zwei Enthaltungen.
- Gregor Schütze wurde mit 33 Stimmen und einer Enthaltung zum stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt und erwartet schwierige Einschnitte für das Medienhaus.
- ORF-Generaldirektor Roland Weißmann kündigt ein Sparpaket im niedrigen dreistelligen Millionenbereich für die Jahre 2027 bis 2029 an.
- Das Standortprojekt Mediencampus bleibt mit rund 290 Millionen Euro trotz gestiegener Baukosten unter dem ursprünglich budgetierten Betrag von 303,7 Millionen Euro.
- Rechtliche Zweifel an der Zusammensetzung des Stiftungsrats bestehen wegen möglicher Unvereinbarkeiten, nachdem zwei Mitglieder mit ÖVP-Funktionen nach ihrer Wahl zurücktraten.