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Großes Ägyptisches Museum eröffnet

Heute, 09:09 · Lesedauer 6 min

Das Große Ägyptische Museum nahe den Pyramiden von Giseh ist am Samstagabend mit einer Zeremonie feierlich eröffnet worden. Dazu versammelten sich Staats- und Regierungschefs und internationale Prominenz an dem Museum, wo die Eröffnung mit Feuerwerk und einer Musik- und Lichtshow gefeiert wurde. Dabei wurden auch die Sphinx und die Pyramiden erleuchtet, Tänzer und Schauspieler zeigten eine Choreographie in Kostümen aus der pharaonischen Zeit.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi erklärte zur Eröffnung, das Museum beheimate die "riesigen Schätze der ägyptischen antiken Zivilisation". In einer kurzen Ansprache sagte er: "Ich lade Sie ein, dieses Museum zu einer Plattform für Dialog, zu einem Hafen des Wissens und einem Treffpunkt der Menschheit zu machen." Die Eröffnung sollte ein Ereignis nach pharaonischem Maßstab sein, mit Feiern über drei Tage. Der Samstag wurde in Ägypten zum Feiertag erklärt.

Al-Sisi begrüßte Delegationen aus etwa 80 Ländern, rund die Hälfte davon angeführt von den jeweiligen Staatspräsidenten. Als Vertreterin Österreichs nahm Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) an den Feierlichkeiten teil.

"Ein wichtiger Tag für Kultur, Geschichte und internationale Zusammenarbeit", betonte Meinl-Reisinger. Im Rahmen der bilateralen Kooperation mit dem ägyptischen Ministerium für Tourismus und Altertümer wurde Irene Forstner-Müller, Leiterin der Außenstelle des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) in Kairo, in den wissenschaftlichen Beirat des Museums berufen. In dieser Funktion entwickelte sie ein Ausstellungskonzept für Funde aus Tell el-Dabʿa.

Die Musik-, Tanz- und Lichtshow für die feierliche Eröffnung war an Pomp und Dramatik kaum zu überbieten. Sängerinnen und Tänzer in pharaonischen Kostümen erzählten rund zwei Stunden lang Höhepunkte der antiken Geschichte, sie boten Operngesang, aber etwa auch ein Duett in arabischer Sprache und im Dialekt der Nubier aus Oberägypten im Süden. Es gab ein Feuerwerk, Laser-Bilder berühmter Artefakte am Nachthimmel und fliegende Banner über den Pyramiden, die Besucher im "Land des Friedens" willkommen heißen.

Besucher können ab 4. November rein

Mit dem GEM, wie das Museum, das am 4. November für Besucherinnen und Besucher öffnet, in Kurzform genannt wird, bekommen die wichtigsten Artefakte des alten Ägyptens ein prachtvolles neues Zuhause. Der monumentale Bau beheimatet in zwölf Ausstellungshallen mehr als 100.000 Stücke aus der pharaonischen, griechischen und römischen Antike - laut Betreibern das größte archäologische Museum der Welt. Oder, wie Präsident al-Sisi es formulierte, das "größte Museum in der Geschichte der Menschheit".

Mit der Eröffnung endet eine jahrelange Wartezeit mit immer neuen Verzögerungen. Angekündigt wurde das Museum in den 1990er-Jahren, selbst der Beginn der Bauarbeiten liegt 20 Jahre zurück. Immer wieder kam etwas dazwischen - eine Revolution, politische Unruhen, eine Wirtschaftskrise, die Corona-Pandemie, schließlich noch der Krieg im benachbarten Gaza. Zugänglich sind weite Teile des GEM aber schon seit einem Jahr, der Lichthof mit der elf Meter hohen Statue von Ramses II. bereits seit 2023.

5.300 Artefakte von "King Tut"

Mit der offiziellen Eröffnung ist nun auch der Grabschatz des Pharaos Tutanchamun zu sehen und damit die Kronjuwelen der Sammlung. Zum ersten Mal, seit der britische Archäologe Howard Carter 1922 die Grabkammer im Tal der Könige entdeckte, werden jetzt alle rund 5.300 Stücke von "King Tut" gezeigt, 2.000 davon sind noch nie öffentlich ausgestellt worden. Zum Schatz gehört auch die goldene Totenmaske des Kindkönigs, die zum wohl bekanntesten Symbol pharaonischer Zeiten wurde.

Als weiteres Highlight gilt die Sonnenbarke, die mutmaßlich für Pharao Cheops gebaut wurde. Das 4.600 Jahre alte, 42 Meter lange Schiff war - zerlegt in 1.200 Teile - an der Südseite der Cheops-Pyramide vergraben. Experten hatten es nach der Entdeckung 1954 in mühsamer Kleinstarbeit wieder zusammengebaut. Es gilt heute als ältestes noch intaktes Schiff weltweit.

Wer in der Sammlung fehlt, ist Königin Nofretete, Hauptgemahlin des Pharaos Echnaton, deren Büste zu der Sammlung des Neuen Museums in Berlin zählt. Ägypten fordert seit Jahren die Rückgabe, während die deutsche Seite beteuert, die Büste sei nach dem Fund im Jahr 1912 rechtmäßig nach Berlin gekommen. Im GEM werden Besucher bei Touren gebeten, eine Petition zu unterzeichnen, um weiter für die Rückgabe zu kämpfen.

Museum und Pyramiden als ein gemeinsames Erlebnis

Mit dem Bau des irischen Architekturbüros Heneghan Peng wird die Sammlung des GEM eindrucksvoll in die Gegend rund um die Pyramiden eingebettet. Drei Sichtachsen am Museumsgebäude laufen auf die antiken Bauwerke zu, eine neue Fußgängerbrücke verbindet beide Sehenswürdigkeiten, die viele Touristen an einem Tag besuchen wollen. An- und abreisen können sie auch über den noch recht neuen Flughafen Sphinx, der etwa 30 Autominuten entfernt liegt.

Auch ein Besuch an Pyramiden und Sphinx-Statue läuft nun deutlich geregelter ab als noch vor einigen Jahren. Er beginnt auf der Westseite an einem neuen Eingang und mit Shuttlebussen, wodurch der Stau von privaten Autos und Tourbussen ein Ende hat. Für Souvenirhändler, Touranbieter oder Pferde- und Kamelhalter gelten strengere Auflagen. An den früher genutzten Eingängen herrschte oft ein Gewimmel, in dem Touristen sich bedrängt fühlen konnten.

Mit all diesen Umbauarbeiten hofft die Regierung, dem Tourismus weiteren Schwung zu verpassen. Vergangenes Jahr kamen 15 Millionen Touristen nach Ägypten - die meisten davon aus Deutschland und Russland -, bis 2032 sollen es doppelt so viele sein. Der Umsatz aus der Schifffahrt am Suezkanal ist eingebrochen, weil die Route durch die Angriffe im Zuge des Gaza-Kriegs zu gefährlich geworden ist. Umso wichtiger sind für das Land in seiner schweren Wirtschaftskrise die Einnahmen aus dem Tourismus.

"Doppelt so groß wie der Louvre in Paris"

Ins Abseits gerät unterdessen das Ägyptische Museum, der rosafarbene Bau am zentralen Tahrir-Platz also, dessen Besuch für viele Touristen in Kairo lange zum Pflichtprogramm zählte. Der Charme lag hier auch darin, dass die Artefakte teils lagerten wie auf einem Dachboden - eingestaubt, schlecht beschriftet, kaum beleuchtet, von Schülern bekritzelt. Die wichtigsten Stücke sind von dort ins GEM abgewandert und ins ebenfalls neue Zivilisations-Museum (NMEC).

Das GEM könnte eines der meistbesuchten Museen weltweit werden und damit aufsteigen in die Kategorie des Pariser Louvre, mit dem sich die Ägypter schon jetzt vergleichen. Das Große Ägyptische Museum sei in seiner Gesamtfläche doppelt so groß wie der Louvre, heißt es - was einigermaßen stimmen dürfte, wenn man die Parks des Louvre nicht mitzählt. Die Ausstellungsflächen beider Museen sind allerdings etwa gleich groß. Damit scheint man es in Kairo an diesem "historischen" Tag aber nicht so genau zu nehmen.

Zusammenfassung
  • Das Große Ägyptische Museum wurde nahe den Pyramiden von Giseh mit einer spektakulären Zeremonie und internationalen Gästen eröffnet.
  • Das Museum beherbergt über 100.000 Artefakte aus pharaonischer, griechischer und römischer Zeit und gilt als das größte archäologische Museum der Welt.
  • Erstmals werden alle 5.300 Stücke aus dem Grabschatz von Tutanchamun gezeigt, darunter 2.000, die noch nie öffentlich ausgestellt wurden.
  • Mit dem Bau und der neuen Infrastruktur sollen die jährlich rund 15 Millionen Touristen in Ägypten besser betreut und die Zahl der Besucher bis 2032 verdoppelt werden.
  • Das GEM ist doppelt so groß wie der Louvre in Paris, wobei die Ausstellungsflächen vergleichbar sind, und öffnet ab 4. November für Besucher.