APA/ROLAND SCHLAGER

Große Kulturhäuser von verordnetem Saisonende gefordert

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Das am Montag von der Politik verordnete Verbot von Veranstaltungen bis Ende Juni stellt die großen Theater- und Opernhäuser in Wien vor die komplexe Herausforderung, zu entscheiden, ob man Premieren gänzlich entfallen lässt oder versucht, diese in die kommende Saison zu verschieben. Und nicht zuletzt sehen sich alle Institutionen mit massiven Einnahmeausfällen konfrontiert.

Das am Montag von der Politik verordnete Verbot von Veranstaltungen bis Ende Juni stellt die großen Theater- und Opernhäuser in Wien vor die komplexe Herausforderung, zu entscheiden, ob man Premieren gänzlich entfallen lässt oder versucht, diese in die kommende Saison zu verschieben. Und nicht zuletzt sehen sich alle Institutionen mit massiven Einnahmeausfällen konfrontiert.

Aus der Staatsoper heißt es gegenüber der APA, dass eine seriöse Antwort bezüglich der etwaigen Übernahme geplanter Premieren in die erste Spielzeit des designierten Direktors Bogdan Roscic zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich sei. Entfallen müssen jetzt jedenfalls die für den 22. Mai angesetzte "Cosi fan tutte" von Chiara Muti, der "Ballo in maschera" in der Deutung von Josef Ernst Köpplinger sowie im Ballettbereich die Nurejew-Gala am 25. Juni. Über den Spielplan der Saison 2020/21 will Roscic nach jetzigem Stand in einer Fernsehsendung am 26. April informieren.

Im Burgtheater betont man ebenfalls, zum jetzigen Zeitpunkt noch keine seriöse Aussage über Kosten oder Pläne treffen zu können. Hier sind im fraglichen Zeitraum im Haupthaus respektive dem Akademietheater die Premieren "Peer Gynt" in der Regie von Thorleifur Örn Arnarsson, Evan Placeys "Mädchen wie die", Lies Pauwels "Stadt der Affen", Anne-Cecile Vandalems "Tristesses" sowie Alice Birchs "2020 oder Das Ende" betroffen.

In der Volksoper werden wohl die beiden Ballettpremieren "La Piaf" und "Appassionato - Bach und Vivaldi" entfallen. Die Premiere von "Boris Godunow" indes ist vorläufig auf einen noch nicht bekannten Termin verschoben, was auch für Tod Machovers "Schönberg in Hollywood" gilt. Wann man hier den Spielplan für die neue Saison präsentieren kann, ist derzeit noch offen. Klar ist jedenfalls, dass der Verlust aus den Karteneinnahmen rund 3,5 Mio. Euro beträgt, während ein Großteil der Personalkosten durch die Kurzarbeit aufgefangen werden kann.

Im Theater an der Wien hatte man bereits sowohl den "Fidelio" in der Deutung von Christoph Waltz als auch die beiden noch ausständigen Saisonpremieren, Prokofjews "Der feurige Engel" und Bellinis "Norma" sowie in der Kammeroper die Uraufführung "Genia" und "Orphee et Eurydice", abgesagt. Die für Juni geplante Jugendoper "Neun x Leben" wird in ein Onlineprojekt umgewandelt. "Eine Verschiebung der abgesagten Premieren auf die nächste Spielzeit ist schwierig, wir sind aber bestrebt die eine oder andere Premiere zu einem späteren Zeitpunkt zu zeigen", so Intendant Roland Geyer gegenüber der APA. Die Präsentation des neuen Spielplans soll am 5. Mai online erfolgen. Die Einnahmenverluste im Theater an der Wien und der Kammeroper belaufen sich jedenfalls laut VBW-Geschäftsführer Franz Patay auf rund eine Mio. Euro.

Im Volkstheater betont die mit Saisonende scheidende Direktorin Anna Badora, dass nach jetzigem Stand sämtliche noch geplanten Premieren - darunter "Körper-Krieg" von Armin Petras, Becketts "Warten auf Godot" sowie ein neues Stück von Florentina Holzinger - durch den Direktionswechsel zu Kay Voges mit Saisonwechsel entfallen dürften. "Wir prüfen, was man eventuell in anderer Form oder online realisieren könnte", heißt es. Die Spielplanpräsentation - erschwert durch die laufende Generalsanierung - dürfte hier erst im Herbst anstehen. Klar ist jedenfalls: "Bis Ende Juni müssen wir damit rechnen, dass das Volkstheater rund 400.000 Euro weniger erlösen wird als ursprünglich geplant." Ob sich im Gegenzug bei den Bauarbeiten durch Schutzausrüstung und andere Arbeitsabläufe Mehrkosten ergeben, werde sich erst in den kommenden Wochen erweisen.

Im Theater in der Josefstadt unterstreicht man, dass man zunächst mit allen Beteiligten sprechen müsse. "Unser Wunsch ist, bis Dienstag nach Ostern diese notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen zu haben, um im nächsten Schritt eine Disposition für den neuen Spielplan erstellen zu können." Man werde jedenfalls keine Premiere absagen - am Spielplan standen bis Juni unter anderem noch "Geheimnis einer Unbekannten" von Christopher Hampton, "Das Konzert" von Hermann Bahr sowie die Uraufführung von Peter Turrinis "Gemeinsam ist Alzheimer schöner" -, sondern diese in der kommenden Spielzeit zur Aufführung bringen. Als Tag für die Präsentation des neuen Spielplans strebt man den 14. Mai an. Der monatliche Einnahmeverlust belaufe sich, Mehrkosten noch nicht eingerechnet, auf rund eine Mio. Euro.

Selbstverständlich sind nicht nur die Bundestheater und großen Häuser in Wien vom Corona-induzierten Veranstaltungsverbot massiv betroffen, auch und nicht zuletzt die Landestheater sehen sich einem zwangsweise verordneten Saisonende gegenüber. "Das ist bitter, war aber so zu erwarten", heißt es etwa aus dem Tiroler Landestheater - wohl stellvertretend für alle betroffenen Häuser. In Kärnten wurde zudem das neu gegründete Klagenfurt Festival von 22. bis 31. Mai abgesagt. Angedachter neuer Termin ist nun der Zeitraum von 13. bis 22. Mai 2021. In der Steiermark möchte die styriarte das Festival nicht "pauschal der Krise opfern". Man suche derzeit nach alternativen Wegen, "um einen möglichst großen Teil" des Programms zur Aufführung zu bringen, erklärte Intendant Mathis Huber.

Die angekündigten Maßnahmen treffen auch bei den Bundesmuseen auf Verständnis. "Das ist für uns eine Entscheidung, die wir gut mittragen können", betonte die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, im APA-Gespräch. Rachinger ist seit Jänner Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Bundesmuseen. Sie habe bereits mit einigen Kolleginnen und Kollegen gesprochen, und man gehe davon aus, vor Ende Juni keinen Ausstellungsbetrieb zu starten. Nicht zuletzt hätten die meisten Häuser ihre Mitarbeiter ohnedies bis dahin für Kurzarbeit angemeldet. Auch wenn dies selbstredend revidierbar wäre, stelle sich die Frage, ob eine etwaige frühere Öffnung sich rentieren würde - in einer Zeit, in welcher der Tourismus noch nicht wieder angelaufen sei. "Da ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis schlicht nicht gegeben", so Rachinger. Insofern gehe man jetzt von einer schrittweisen Öffnung ab Juli aus. Die Entscheidungen hierzu könne man nach jetzigem Stand vielleicht Ende Mai treffen.

ribbon Zusammenfassung
  • Und nicht zuletzt sehen sich alle Institutionen mit massiven Einnahmeausfällen konfrontiert.
  • Die Präsentation des neuen Spielplans soll am 5. Mai online erfolgen.