"Die Räuber" als Humorfeuerwerk auf Theatertour in Wien
Wer Angst vor Ohrwürmern hat, sollte einen weiten Bogen um diese Schiller-Überschreibung machen. Gemeint ist hier nicht der von seinem Vater wenig schmeichelhaft als "Schatteninsekt" bezeichnete Franz (Charlotte Krenz), der schon bald eifrig Intrigen spinnt. Es ist viel mehr der Hit "Honolulu Kisses", der sich in die Gehörgänge gräbt und Franz' älteren und schöneren Bruder Karl (Julia Edtmeier) seit Wochen ganz oben auf der Chartwelle surfen lässt.
Vater Moor aka "Papsi" (Doris Hindinger), der mit Easy-Pop ein erfolgreiches Plattenlabel aufgebaut hat, sieht das natürlich gerne. Franz als ewige Nummer 2 hat dagegen die Schnauze voll davon. Er dichtet seinem Bruder ein Fehlverhalten an, das mittels gefälschtem Brief und Fake-"Bravo"-Heft untermauert wird. Papsi ist vom vermeintlichen (erstmaligen) Fehltritt seines präferierten Erben derart verstört, dass er (vorerst) nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Der Weg an die Spitze des Imperiums ist für Franz beinahe frei - wäre da nicht noch der Vater selbst ...
Und was macht die Verbannung mit Karl? Er tauscht die Pilzfrisur für eine Rockstarmähne ein, streift den grauen Anzug ab und präsentiert seinen Fans Bauch- und Brusthaar, während er mit enger Hose samt Glitzerschlange zum hotelzimmerzertrümmernden "Baaaadboy" wird.
Lächerliche Männer
Auch wenn kaum ein Wort aus dem Original übrig geblieben ist, die Handlung in die 1970er-Jahre verlegt wurde und das Drama einer Komödie weichen musste, kommt die Inszenierung in ihren Grundzügen für geraume Zeit nicht wesentlich vom Original ab. Erst gegen Ende des mitsamt einer Pause rund zweieinhalbstündigen Abends geben Pschill und Dymnicki dem Klassiker eine gänzlich neue Richtung - und das Verhalten und Denken der handelnden Männer konsequent der Lächerlichkeit preis. Die Message wird dabei mitunter etwas gar kräftig ins Publikum geklopft. Als Vehikel dafür kommt nicht selten die einzige Frauenfigur - Amalia (Anton Widauer) - zum Einsatz.
"Die Räuber" macht vor allem eines: Spaß. Maßgeblichen Anteil daran haben neben den vielen eigens von Stefan Galler komponierten Songs auch die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Slapstick, Sprachwitz und so manche Gesangseinlage gekonnt auf die Bühne bringen. Dabei gelingt es vor allem Krenz als Franz mit blasser Haut, niedergeklatschtem Haar und nach unten gezogenen Mundwinkeln, ihrer Figur einen interessanten Stempel aufzudrücken.
Es ist die mittlerweile dritte Kooperation des Volkstheaters Bezirke mit dem Bronski & Grünberg Theater. Gegen weitere hätte das Publikum wohl keine Einwände. Es bedankte sich mit langem, lautstarkem Applaus. Nach der Premiere im VZ Brigittenau im 20. Wiener Gemeindebezirk ziehen "Die Räuber" nun bis Mitte Jänner durch weitere Bezirke.
(Von Lukas Wodicka/APA)
(S E R V I C E - "Die Räuber" sehr frei nach Friedrich Schiller von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill im Volkstheater in den Bezirken. In Kooperation mit dem Bronski & Grünberg Theater. Dramaturgie: Julia Engelmayer. Mit: Charlotte Krenz, Julia Edtmeier, Doris Hindinger, Anton Widauer und Stefan Galler. Bis 14. Jänner auf Tour durch die Bezirke. Nächste Aufführungen am 3. Dezember im Theatersaal Längenfeldgasse, 5. Dezember im VZ Großjedlersdorf, 6. Dezember im VZ Heiligenstadt, 9. Dezember im VZ Floridsdorf. www.volkstheater.at/produktion)
Zusammenfassung
- Die Komödie "Die Räuber" nach Friedrich Schiller feierte am Freitagabend im VZ Brigittenau Premiere und tourt bis 14. Jänner durch mehrere Wiener Bezirke.
- Die Inszenierung von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill setzt auf Slapstick, Pointen und zahlreiche eigens komponierte Songs – die Aufführung dauert rund zweieinhalb Stunden.
- Das Publikum zeigte sich begeistert und belohnte die dritte Kooperation zwischen Volkstheater Bezirke und Bronski & Grünberg Theater mit langem Applaus.
