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Die Berlinale startet am Donnerstag ihre 72. Ausgabe

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Sie findet also tatsächlich statt. Die Berlinale wird am morgigen Donnerstag (10. Februar) mit François Ozons Fassbinder-Paraphrase "Peter von Kant" ihre 72. Ausgabe eröffnen - inmitten der Hochphase der Omikroninfektionen in Deutschland. Damit setzt eines der größten Filmfestivals der Welt bewusst ein Zeichen, dass kulturelle Großevents auch in der aktuellen Lage möglich sind, wenn auch unter hohen Hygieneauflagen.

Entsprechend war die Entscheidung des Berlinale-Leitungsduos bestehend aus dem künstlerischen Chef Carlo Chatrian und Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek nicht unumstritten. Und dennoch hoffen die Verantwortlichen, mit den entsprechenden Konzepten die Berlinale nicht zum Cluster zu machen.

So wird beim Publikumsfestival nur die Hälfte der Plätze besetzt, wobei nur Personen Zutritt haben, die gegen Corona geimpft oder davon genesen sind. Überdies ist auch für das geboosterte Fachpublikum bei den Pressevorführungen ein tagesaktueller Test notwendig, während dieser beim "normalsterblichen" Filmfreund in diesem Falle entfällt. Und nicht zuletzt muss man im Kino durchgängig eine Maske tragen. Partys und ähnliche Veranstaltungen wurden abgesagt, der Film Market ins Internet verlagert und eine Pflicht zur Onlinevorabbuchung der Tickets eingeführt. Und nicht zuletzt hat man die Dauer des Festivals verkürzt, weshalb heuer 256 Lang- und Kurzfilme zu sehen sind - nach 340 Werken in der Vor-Coronaausgabe 2020.

"Die eigentliche Feier wird diesmal die Möglichkeit sein, gemeinsam einen Film anzusehen", unterstrich Chatrian gegenüber der dpa: "Diesmal geht es nicht um die Party, das Küsschengeben und Händeschütteln. Das ist uns klar. Aber es kann eine schöne Feier für den Film und auch für die Gesellschaft werden." Worauf man nicht gänzlich verzichten will, ist aber das Staraufgebot am Roten Teppich. So sind etwa Emma Thompson, Juliette Binoche, Isabelle Huppert oder Charlotte Gainsbourg angekündigt.

So unternimmt man in jedem Falle alles, um nicht wie im Vorjahr im Winter für das Fachpublikum gänzlich ins Internet ausweichen zu müssen und einen zweiten, für das Publikum gedachten Teil im Sommer zu veranstalten. Den Berlinale-Termin gänzlich zu verschieben, ist schon alleine deshalb schwierig, weil der internationale Filmzirkus relativ fix über das Jahr hinweg durchgetaktet ist und im Mai traditionell nach Cannes und im September nach Venedig jettet.

Und so konzentriert sich nun also in den kommenden Tagen zwischen 10. und 16. Februar - dem Abend der Verleihung der Bären - die Filmwelt auf Berlin. Auch wenn man die Dauer bis zur großen Enthüllung verkürzt hat, gehen dabei wieder 18 Filme im Hauptwettbewerb ins Rennen um die Edelmetall-Bären - darunter Ulrich Seidl mit seinem neuen Spielfilm "Rimini". Darin porträtiert der Filmemacher einen einst gefeierten Schlagerstar, wofür er auf prominente Darsteller wie Michael Thomas, Hans-Michael Rehberg und Inge Maux zurückgreift.

Sieben der 18 Wettbewerbsfilme stammen von Regisseurinnen, etwa der deutschen Filmemacherin Nicolette Krebitz, die sich bei "AEIOU - Das schnelle Alphabet der Liebe" auf ihre Hauptdarstellerin Sophie Rois verlassen kann, oder der Französin Claire Denis, die bei "Avec amour et acharnement" (Both Sides of the Blade) auf Juliette Binoche setzt. Der deutsche Regisseur Andreas Dresen ist mit "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" ebenso vertreten wie der südkoreanische Berlinale-Stammgast Hong Sangsoo mit "So-seol-ga-ui yeong-hwa" ("The Novelist's Film").

Entschieden über die Bären wird wieder von der Jury unter ihrem heurigen Präsidenten M. Night Shyamalan, dem legendären Horrorregisseur ("The Sixth Sense"). Bereits fest steht dabei, dass Frankreichs Leinwanddiva Isabelle Huppert den Goldenen Ehrenbären der Berlinale für ihr Lebenswerk bekommen und mit einer Auswahl ihrer Filme geehrt wird.

Dass das österreichische Filmschaffen heuer in Berlin ein starkes Lebenszeichen von sich gibt, zeigt sich neben Seidl auch in der Sektion "Encounters", in der Österreich heuer gleich mit drei Werken vertreten ist. Hier wird Ruth Beckermann ihren Dokumentarfilm "MUTZENBACHER" präsentieren, in dem sie den Mutzenbacher-Roman als Ausgang für eine Erkundung männlicher Sichtweisen auf Sexualität von heute nimmt. Die Komödie "A Little Love Package" des gebürtigen Argentiniers Gastón Solnicki, eine österreich-argentinische Koproduktion, spielt in einem als zeitlos charakterisierten, surrealen Wien. Und Nachwuchsrevoluzzerin Kurdwin Ayub stellt "Sonne" über drei Wiener Teenagerinnen vor, die in einen Social-Media-Sturm geraten - ein Werk, das heuer auch als Eröffnungsfilm der Grazer Diagonale fungieren wird.

Dort wird neben "Rimini" dann auch der neue Dokumentarfilm "Für die Vielen - Die Arbeiterkammer Wien" von Constantin Wulff zu sehen sein, der ebenso in der Sparte Forum bei der Berlinale seine Weltpremiere feiert wie "Jet Lag" von Zheng Lu Xinyuan, der in der schweiz-österreichischen Koproduktion Verbindungslinien zwischen Graz, China und Myanmar zieht.

(S E R V I C E - www.berlinale.de/de/home.html)

ribbon Zusammenfassung
  • Worauf man nicht gänzlich verzichten will, ist aber das Staraufgebot am Roten Teppich.
  • Und so konzentriert sich nun also in den kommenden Tagen zwischen 10. und 16. Februar - dem Abend der Verleihung der Bären - die Filmwelt auf Berlin.
  • Auch wenn man die Dauer bis zur großen Enthüllung verkürzt hat, gehen dabei wieder 18 Filme im Hauptwettbewerb ins Rennen um die Edelmetall-Bären - darunter Ulrich Seidl mit seinem neuen Spielfilm "Rimini".