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Deadbot und Abrissbirne: Neues Solo von Florian Scheuba

Heute, 08:45 · Lesedauer 3 min

"Schönen guten Abend" - das klingt als Titel eines Kabarettprogramms eher als Notlösung, ist aber als Auftrittssatz natürlich eine Allzweckwaffe. Damit kann die wichtige Publikumsbindung aufgebaut und die Wohlfühlstimmung gleich wieder gebrochen werden. Im Abendland herrsche Abendstimmung, erklärt Florian Scheuba dem Premierenpublikum im Wiener Stadtsaal, und weniger höflich formuliert heiße das: "Na guade Nacht!" Denn: "Über unserem Land schwebt ein Damokleszwerg!"

Alles halb so schlimm also, obwohl die Zwerge ja bekanntlich lange Schatten werfen, wenn die Sonne der Kultur tief steht? Tatsächlich wirkt das Gruselkabinett, das Scheuba in Anlehnung an Donald Trumps bewusstes Worst-Case-Szenario bei seiner Ministerauswahl für Österreich entwirft, harmlos: René Benko als Wirtschaftsminister, Wolfgang Fellner als Frauenminister, Georg Dornauer für die Verteidigung, das "Ja, natürlich!"-Schweinderl ist für die Landwirtschaft zuständig, Karin Kneissl als Außenministerin und Karl-Heinz Grasser als Finanzminister? Das entpuppt sich dann als schlechter Scherz, wenn man konstatieren muss: Da war die Realität der Satire weit voraus.

Florian Scheuba ist als Kolumnist und "Staatskünstler" ein routinierter Kommentator des Zeitgeschehens, und viel Routine strahlt er auch in seinem dritten Soloprogramm aus, das am Dienstag Premiere hatte. Der Abendstimmung entsprechend kann man dem Abend auch mit geschlossenen Augen problemlos folgen. Szenische Highlights sind gelegentliche Wechsel zwischen Sessel und Stehpult und die Rollenwechsel unterstützende Lichtstimmungen (Regie: Rupert Henning, Produktion: Mena Scheuba-Tempfer). "Schönen guten Abend" ginge auch als Hörspiel oder Podcast durch.

Freilich hat man es als Satiriker heutzutage nicht leicht. Auf der einen Seite wird man für pointierte Kritik gleich mit Slapp-Klagen bedroht (auf die gerichtliche Niederlage gegen Bundeskriminalamt-Direktor Andreas Holzer reagiert Scheuba auf der Bühne mit einem Kottan-Vergleich), auf der anderen Seite muss man sich an manchen Objekten die Zähne ausbeißen: Donald Trump im Irrsinn zu überbieten zu versuchen, ist weder lustig noch möglich. Dessen "Küchenkredenz-Problem" (Sprung in der Schüssel, Schraube locker, nicht alle Tassen im Schrank) ist satirisch nicht in den Griff zu bekommen.

Anleitung zur Selbstradikalisierung

Da geben die Umwege schon mehr her: Scheuba macht sich darüber Gedanken, wohin die ideologische Annäherung der europäischen Rechten an den konservativen Islam führen könnte (inklusive Anleitung zur Selbstradikalisierung und flotte Slogans) und zeigt mit Influencer-Auftritten aller Art, wohin uns die zunehmende Aufkündigung einer faktenbasierten Realitätsvereinbarung bereits gebracht hat. Welches Szenario hat das Burgenland zu gewärtigen, wenn Viktor Orbán von Wladimir Putin gelernt hat und sich anschickt, seine Vision eines Groß-Ungarn zu verwirklichen?

Die Bedrohungen durch KI und Klimakatastrophe nimmt Scheuba quasi im Vorbeigehen mit (wobei ihm die Oberösterreichische Landesregierung und die Bundesforste zwei aufgelegte Elfmeter liefern), er lässt Jörg Haider als Deadbot mit seinen Nachfolgern abrechnen (Bruno Kreisky leider nicht) und widmet den Sado-Populisten, denen es vor allem darum geht, dass es den anderen noch schlechter geht, ebenso ein paar pointierte Bemerkungen wie den Krisen-Kleinrednern: "Eine Abrissbirne macht auch eine Pendelbewegung!"

Zum Schluss wirft Scheuba nicht einen Blick in die Zukunft, sondern in die Sterne. Am Bühnenhintergrund deuten ein paar Glühbirnen das Sternbild des Großen Wagens an. Das ist doch eigentlich ganz schön, befindet der Satiriker am Ende von "Schönen guten Abend". Vielleicht ist ja doch noch nicht aller Tage Abend.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Schönen guten Abend" von und mit Florian Scheuba, Stadtsaal Wien, nächste Termine am 18. und 30. November sowie am 15. und 29. Dezember. www.florianscheuba.com/)

Zusammenfassung
  • Florian Scheuba präsentierte am Dienstag im Wiener Stadtsaal die Premiere seines dritten Soloprogramms "Schönen guten Abend", das aktuelle politische und gesellschaftliche Themen satirisch verarbeitet.
  • Im Mittelpunkt stehen ein satirisches Worst-Case-Kabinett für Österreich, Herausforderungen für Satiriker wie SLAPP-Klagen sowie die Annäherung rechter Parteien an den konservativen Islam und die Rolle von Influencern.
  • Weitere Aufführungen finden am 18. und 30. November sowie am 15. und 29. Dezember statt, mit Rupert Henning als Regisseur und Mena Scheuba-Tempfer als Produzentin.