APA/APA/Bühne Baden/Christian Husar

"Carmen" in Baden: Achtbar mit Abstrichen

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Am Stadttheater der Bühne Baden hat sich Intendant Michael Lakner an Bizets "Carmen" gewagt und dabei selbst Regie und Bühnenbild übernommen. Aus dem Wagnis wurde bei der Premiere am Samstagabend immerhin ein achtbares Ergebnis. Wenn auch mit einigen Abstrichen.

Lakner hält sich im Großen und Ganzen an die Vorgaben des Librettos, verwendet dessen deutsche Übersetzung - was nicht immer von Vorteil ist - und lässt statt der die Soldaten imitierenden Kinder einen Knaben am Segway durch die Szenerie rollen. Wir sind also in der Gegenwart, Militarismus, Machismus und Femizid inklusive. Das Bühnenbild wird von einer Treppe dominiert, die wohl auch das Bergauf und Bergab im Lauf der Dinge symbolisiert.

Natalia Ushakova in der Titelpartie hat kein leichtes Spiel, muss sich im ersten Akt lasziv in Strapsen räkeln und pendelt dann zwischen mädchenhafter Naivität und der Torschlusspanik einer reifen Frau, die sich schließlich doch noch den Torero angelt. Das könnte ein sehr interessantes Rollenkonzept sein, bleibt jedoch nur angedeutet. Stimmlich ist Ushakova durchaus souverän.

Als Don José punktet Vincent Schirrmacher ebenfalls mit guter Stimme, darstellerisch hingegen erscheint er wie ein emotionsloser Pappkamerad. Auch das könnte Absicht sein statt Manko, ist José doch ein im Grunde bindungsunfähiges Muttersöhnchen, das sich bloß durch Aggression zu helfen weiß. Nur will man das dann ebenfalls etwas differenzierter ausgearbeitet erleben.

Einen martialisch strahlenden Erfolgstypen mit gegeltem Haar à la Falco gibt Thomas Weinhappel als Escamillo. Nach anfangs forsch-großzügigem Umgang mit der Intonation findet er letztlich zu überzeugender Präsenz im Ensemble, als dessen Rising Star Ivana Zdravkova in der eher undankbaren Rolle der Micaela den meisten Schlussapplaus erntet: zu Recht, denn sie verleiht dem biederen Bauernmädchen Identität durch Ausdruck und Innigkeit, ohne aufgesetzt zu wirken. Da käme man fast auf den Gedanken, das Werk umzutaufen.

Das Orchester unter der Leitung von Michael Zehetner bringt von Beginn an Tempo in den Abend, der dennoch fast drei Stunden dauert. Die Choreografie ist bemüht um andalusisches Temperament, bringt es aber meist lediglich zu alpenländischer Feurigkeit. Zur musikalischen Intensität des Carmen-Films von Carlos Saura, dessen Andenken Lakner seine Inszenierung sympathischerweise widmet, liegen Lichtjahre dazwischen. Apropos Licht: Die Lichtregie sorgt für schöne Stimmungen, bei den wenigen Projektionen (Blütenregen!) wähnt man sich schon beinahe in einem Musical.

(S E R V I C E - Bühne Baden: Georges Bizet, Carmen. Regie und Bühnenbild: Michael Lakner. U.a. mit Natalia Ushakova, Vincent Schirrmacher, Ivana Zdravkova, Thomas Weinhappel. Weitere Aufführungen bis 31. März, Tickets und Information: Tel. 02252/22522, www.buehnebaden.at)


ribbon Zusammenfassung
  • Am Stadttheater der Bühne Baden hat sich Intendant Michael Lakner an Bizets "Carmen" gewagt und dabei selbst Regie und Bühnenbild übernommen.
  • Aus dem Wagnis wurde bei der Premiere am Samstagabend immerhin ein achtbares Ergebnis.
  • Das Bühnenbild wird von einer Treppe dominiert, die wohl auch das Bergauf und Bergab im Lauf der Dinge symbolisiert.
  • U.a. mit Natalia Ushakova, Vincent Schirrmacher, Ivana Zdravkova, Thomas Weinhappel.

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