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Burgtheater feiert Jubiläum zwischen Schwab und Shakespeare

Heute, 09:32 · Lesedauer 6 min

Das Burgtheater feiert 250 Jahre: Die Jubiläumsspielzeit 2025/26 umfasst 27 Premieren an vier Spielstätten, mit Stücken von Ewald Palmetshofer, Ferdinand Schmalz, Werner Schwab, Thomas Bernhard und Peter Handke setzt man einen klaren zeitgenössischen, österreichischen Schwerpunkt, aber auch Dauerbrenner wie Shakespeares "Richard III.", Horváths "Glaube Liebe Hoffnung" oder Nestroys "Zu ebener Erde und erster Stock" finden sich in dem am Dienstag präsentierten Spielplan.

Burgtheaterdirektor Stefan Bachmann fühlt sich ein Jahr nach seiner ersten Programm-Präsentation in Wien nicht nur angekommen, sondern auch herzlich angenommen. Doch so gut es im Haus ("An vielen Abenden gibt es sogar Standing Ovations") läuft, so ratlos stehe man vor dem Weltgeschehen. "Wenn wir in die Welt hineinblicken, ist sie auf eine wirklich vehemente Weise verwirrend, beunruhigend und teilweise schwer lesbar", gab Bachmann zu bedenken. "Wir stehen ratlos vor einem Transformationsprozess und wissen noch nicht, wie diese neue Epoche aussehen wird", so Bachmann über die aktuell verspürte "Übergangssituation, die ich in dieser Vehemenz noch nie erlebt habe". In solchen Zeiten habe er das Gefühl, "dass die Erzählung etwas ist, das immer wieder Orientierung schaffen kann". Auch wenn er ungern von einer Programmatik für die Burg sprechen wolle, sei es am Ende das Erzählen von Geschichten. Nachsatz: "Von einzigartigen Darstellern", streute er dem Ensemble Rosen.

Den Auftakt macht am 4. September die Uraufführung von Ferdinand Schmalz' "Bumm Tschak oder der letzte Henker", einem Auftragswerk in Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen, das Hausherr Stefan Bachmann im Akademietheater selbst inszeniert. Ebenfalls eine Koproduktion, diesmal mit den Salzburger Festspielen, steht tags darauf im Burgtheater auf dem Programm, wo Dušan David Pařízeks Inszenierung von Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit" auf dem Plan steht. "Dieser Auftakt mit zwei Koproduktionen ist auch perspektivisch gedacht", so Bachmann, der sich über Präsenz "in und aus den Bundesländern" freut.

Vier Ensemblemitglieder gehen, darunter Windischbauer

"Zwei Übernahmen aus Köln haben wir noch, dann ist diese Kuh ausgemolken", scherzte der Direktor über zwei weitere aus seiner früheren Wirkungsstätte nach Wien transferierte Produktionen: Heinrich Bölls "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (Regie: Bastian Kraft) sei in Köln "ein Hit gewesen, den wir den Wienern nicht vorenthalten wollen". Henrik Ibsens "Gespenster" werde Regisseur Thomas Jonigk im Akademietheater "mit zum Teil anderen Schauspielern weiterentwickeln". Apropos Schauspieler: Das Ensemble verliert in der kommenden Saison Markus Scheumann, Alexander Angeletta, Philipp Hauß und Julia Windischbauer. Zurück kommt Mehmet Ateşçi, nach weiteren Neuzugängen wolle man an Schauspielschulen suchen.

Mit der Adaption von Thomas Bernhards Roman "Auslöschung. Ein Zerfall" kehrt Therese Willstedt, die in der laufenden Saison Virginia Woolfs "Orlando" auf die Bühne gebracht hat, zurück. Auch Fritzi Wartenberg, die kürzlich das Reinsperger-Solo "Elisabeth!" von Mareike Fallwickl auf die Burgtheaterbühne gewuchtet hat, ist erneut zu Gast und inszeniert im Akademietheater Werner Schwabs legendäre "Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos" (Jonigk: "Ein moderner Klassiker der Theaterliteratur"). Weitere starke weibliche Regiehandschriften gibt es von Barbara Frey ("Der irrende Planet" mit Texten von Robert Walser), Lucia Bihler ("Glaube Liebe Hoffnung") und Karin Henkel, die Ewald Palmetshofers "sehr sprachgewaltiges Stück" "Sankt Falstaff" zur Österreichischen Erstaufführung bringt. Als einziger von einer Frau geschriebener Text auf den großen Bühnen kommt "Isidor. Ein jüdisches Leben" nach dem Roman von Shelly Kupferberg ins Akademietheater (Regie: Philipp Stölzl).

Nicholas Ofczarek als "Richard III."

Vor vier Jahren hat Johan Simons Shakespeares "Richard II." inszeniert, nun kommt in seiner Regie "Richard III." im Akademietheater, die Titelrolle spielt Nicholas Ofczarek. Pařízek bringt mit Handkes "Selbstbezichtigung" eine ursprünglich 2015 für das Volx/Margareten geschaffene Inszenierung nach Wien zurück. Auch diesmal stemmt den Monolog Stefanie Reinsperger, die Übernahme habe sich die Schauspielerin laut Bachmann selbst gewünscht.

In "3000 Einzelteile" macht der ungarische Film- und Theaterregisseur Ádám Császi in einer Bühnenversion seines Films Rom:nja-Schauspieler:innen und deren Biografien sichtbar. Nach seinem Erfolg mit "Schachnovelle" bringen Nils Strunk und Lukas Schrenk "Gullivers Reisen" in einer musikalischen Bearbeitung als Familienstück ins Burgtheater, wo Simon Stone im Dezember das Familienepos "Das Ferienhaus" nach Henrik Ibsen auf die Bühne bringt. Bachmann selbst inszeniert Thornton Wilders "Wir sind noch einmal davongekommen". "Dieses Stück, das Wilder kurz vor der Kriegserklärung Hitlers an die USA geschrieben hat, hat den merkwürdigen Effekt, dass man immer denkt, es ist das Stück der Stunde", so Chefdramaturg Jonigk.

Kasino öffnet wieder, Auslastung gestiegen

Das wegen Renovierung geschlossene Kasino am Schwarzenbergplatz eröffnet am 25. September mit einer "Aufforderung zum Tanz": Die Produktion des Performance-Kollektivs Gob Squad nennt sich "Turn" und nimmt Johann Strauss' Geburtsjahr 1825 zum Ausgangspunkt für eine Zeitreise. Weiters auf dem Programm stehen u.a. "Oh no, not again!" von Aslı Kışlal und dem Ensemble oder Aristophanes' "Lysistrata" in der Regie der Regisseurin Ebru Tartıcı Borchers. Roman Senkl setzt im späten Frühjahr "Solaris" nach Stanislaw Lem in Szene. "Dieser Raum hat uns im letzten Jahr sehr gefehlt", gab Jonigk zu. "Umso mehr freuen wir uns, jetzt hier wieder spielen zu können."

Erfreut zeigte sich auch der kaufmännische Direktor Robert Beutler: Die Auslastung habe sich im Vergleich zur letzten Saison unter Martin Kušej von 71,6 Prozent auf über 78 Prozent gesteigert, wobei das Burgtheater mit 77,31 Prozent etwas schwächer ausgelastet ist als das Akademietheater mit 79,55 Prozent. In der neuen Spielzeit wird es bei den höchsten Kategorien Preiserhöhungen von 4,5 Prozent geben, 30 Prozent der Plätze würden jedoch zum selben Preis wie bisher angeboten werden. Auf die ausbleibende Valorisierung angesprochen, versicherte Bachmann, in der nächsten Saison "noch gut arbeiten zu können", in Zukunft sei eine Erhöhung jedoch unbedingt notwendig.

250 Jahre als Nationaltheater mit zahlreichen Aktionen

Einen kurzen "Schreckmoment" habe Bachmann gehabt, als er gesehen habe, dass 2013 das 125-Jahr-Jubiläum des Burgtheaters gefeiert wurde, 2026 jedoch schon "250 Jahre Burgtheater" anstehen. "Es hat sich schnell geklärt: Damals wurden 125 Jahre am Ring gefeiert, wir feiern 250 Jahre Erhebung zum Nationaltheater", stellte er klar. Geplant sind zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen, darunter Gastspiele wie jenes der Comédie-Française. Zudem habe man alle Theaterzettel seit 1776 digitalisiert und werde diese auf Screens im Foyer ausstellen, auch ein Augmented Reality-Projekt zu den Porträts von Schauspielerinnen und Schauspielern ist geplant.

(S E R V I C E - www.burgtheater.at)

Zusammenfassung
  • Das Burgtheater feiert in der Saison 2025/26 sein 250-jähriges Jubiläum mit 27 Premieren an vier Spielstätten und legt dabei einen Schwerpunkt auf zeitgenössische österreichische Dramatik sowie Klassiker wie Shakespeare.
  • Die Spielzeit startet am 4. September mit der Uraufführung von Ferdinand Schmalz' "Bumm Tschak oder der letzte Henker" und am 5. September folgt Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit" als Koproduktion mit den Salzburger Festspielen.
  • Vier Ensemblemitglieder verlassen das Theater, während neue Schauspieler gesucht werden und Rückkehrer wie Mehmet Ateşçi angekündigt sind.
  • Das renovierte Kasino am Schwarzenbergplatz eröffnet am 25. September wieder und präsentiert u.a. die Produktion "Turn" des Performance-Kollektivs Gob Squad.
  • Die Auslastung ist im Vergleich zur letzten Saison von 71,6 Prozent auf über 78 Prozent gestiegen, wobei in den höchsten Preiskategorien eine Erhöhung um 4,5 Prozent erfolgt und 30 Prozent der Plätze preisstabil bleiben.