"Bühnentode meiner Mutter" als Familienstück in Bregenz
Jeden Tag in ein anderes Kostüm und eine andere Rolle schlüpfen, oft sterben und dann wieder aufstehen, ist für die kleine Emma kein Eintauchen in eine Fantasiewelt, es sind die ihr mitunter lästig werdenden Beobachtungen im Alltag als Tochter einer Opernsängerin. Das turbulente Heranwachsen, das die deutsche Illustratorin Carla Haslbauer mit reizenden Bildern erzählt, hat die österreichische Autorin Daniela Egger in ihrem Auftragswerk für das Vorarlberger Landestheater vertieft. Die Qualität ihres Textes zeigt sich vor allem im leisen Ton, mit dem sie die Rebellion der Tochter angesichts einer Mutter, die die dramatischen Höhen und Tiefen bei der Arbeit auf der Bühne zu Hause nicht immer ausklammern kann, aber auch die innige Verbundenheit der beiden zum Ausdruck bringt. Die Ausstattung von Luisa Costales Pérez-Enciso ist entsprechend bunt, sie führt in einen Kostümfundus, der Wohnraum, Kinderzimmer und Bühne zugleich ist. Auf der Seite steht ein Flügel.
Gedoubelt wird hier nicht, Bettina Wechselberger (die Mutter) ist Musikpädagogin und Sopranistin mit viel Bühnenerfahrung, die junge Schauspielerin Rebecca Hammermüller (Emma) ist ebenfalls sehr gut bei Stimme und der Musiker Arndt Rausch fungiert nicht nur als Pianist, sondern auch als Vater. Regisseur Michael Wilhelmer schafft fließende Übergänge zwischen Familien- und Bühnenleben. Da darf einiges in die witzige Exaltiertheit kippen, wenn etwas Wichtiges vermittelt wird, nämlich der bereichernde Aspekt eines Rollenspiels.
Um an die Oper heranzuführen, könnte man auch auf das zwar kleine, aber immerhin vorhandene kindgerechte Musiktheaterrepertoire zurückgreifen. Das Vorarlberger Landestheater geht mit Beispielen aus Puccinis "Manon Lescaut" und "Gianni Schicchi", Purcells "Dido und Aeneas", Bizets "Carmen" und Donizettis "Lucrezia Borgia" andere Wege und hat damit Erfolg. Nicht nur bei eingängigen Melodien oder dem Lied aus Humperdincks "Hänsel und Gretel", sondern auch bei der nicht unbedingt gehörfälligen Puccini-Arie "Sola, perduta, abbandonata" ist ein aufmerksames junges Publikum zu beobachten.
Thema Frauenmorde nicht ausgeklammert
"Die Erwachsenen sind so blutrünstig", kommentiert die kleine Emma einige Partien und wirft die Frage auf, warum es so oft die Frauen sind, die in der Oper ermordet werden. Die Antwort bleibt offen, wird mit der Erwähnung der meist männlichen Erzählperspektive aber angedeutet.
"Ich wollte neben einer humorvollen Herangehensweise die harte Seite der Thematik nicht ausklammern. Es gibt viele Frauenmorde in den Opern. Wir sollen darüber nachdenken, womit wir uns da unterhalten", erklärt Daniela Egger im Gespräch mit der APA. Ihr Stück ist anspruchsvoll und amüsant, verlangt nach einer vielseitigen Opernsängerin, die man mit Bettina Wechselberger hat und endet übrigens augenzwinkernd mit der Barcarole aus Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen". Mutter und Tochter besingen die "Nacht der Liebe" im Duett, Jung und Alt wiegt sich im Publikum mit.
(Von Christa Dietrich/APA)
(S E R V I C E -"Die Bühnentode meiner Mutter" von Daniela Egger nach dem Bilderbuch "Die Tode meiner Mutter" von Carla Haslbauer. Regie: Michael Wilhelmer. Ausstattung: Luisa Costales Pérez-Enciso. Musikalische Leitung: Arndt Rausch. Mit Bettina Wechselberger, Rebecca Hammermüller, Arndt Rausch. Weitere Aufführungen am 19. und 21. Oktober, 3., 4. und 7. Juni sowie Schulaufführungen am Vorarlberger Landestheater in Bregenz: www.landestheater.org)
Zusammenfassung
- Das Stück, mit Musik aus bekannten Opern wie 'Carmen' und 'Manon Lescaut', thematisiert nicht nur das Heranwachsen mit einer Bühnenmutter, sondern spricht auch offen die häufigen Frauenmorde in Opern und deren männliche Erzählperspektive an.
- Nach der Premiere am Samstag sind weitere Aufführungen am 19. und 21. Oktober sowie im Juni geplant, wobei Bettina Wechselberger, Rebecca Hammermüller und Arndt Rausch die Hauptrollen übernehmen.